Kaya
In der Zeit der Drei Königreiche existierte in der Region zwischen Paekche im Westen und Silla im Osten ein föderatives Gebilde, das in der koreanischen Geschichte Kaya genannt wird. Nach der Legendsammlung Samguk yusa gründete im Jahr 42 ein König Kim aus Ei die Stammeseinheit Suro in Kimhae in der südöstlichen Ecke der koreanischen Halbinsel. Danach entstanden noch fünf weitere föderative Einheiten in der Region, die man Kaya-Föderation nennt und die als Fortführung des früheren Stammesstaates Pyŏnhan angesehen wird.
Die Region der Kaya-Föderation zeichnete sich neben der günstigen Lage für den Handel mit den japanischen Altstaaten vor allem durch eine fruchtbare Ebene für Reisanbau und durch Eisenvorkommen aus. Der Seeweg ermöglichte enge Kontakte zu den japanischen Inseln und auch zum chinesischen Festland. Insbesondere muss es einen regen Handel und eine enge Beziehung zwischen Kaya und Kyûshû gegeben haben. Die koreanischen Überlieferungen sprechen von den Menschen der japanischen Inseln als Wae, die in der Kaya-Gegend gelebt haben sollen. Dies alles deutet auf einen ökonomischen Fortschritt der Föderation hin. Durch solche Kontakte mit den benachbarten entwickelten Altstaaten von China und Japan entwickelte Kaya seine kulturelle Vielfältigkeit. Unter den archäologischen Funden aus Kaya ist eine Keramik hervorzuheben, die ihre eigene Form hat und sich von den übrigen Keramiken der koreanischen Halbinsel unterscheidet.
Die erste Auseinandersetzung mit den Drei-Königreichen ereignete sich im beginnenden 5. Jahrhundert, als Silla von Japan angegriffen wurde und das nördliche Reich Koguryŏ seine Truppen zur Hilfe schickte. Dabei wurden Kaya und die japanischen Angreifer von Koguryŏ verdrängt und der Hauptort der Kaya-Föderation musste von Kimhae ins Inland verlegt werden. Das neue Siedlungsgebiet war durch eine hohe Bergkette und einem breiten Fluss relativ isoliert von anderen Siedlungsgebieten. Von da ab begann die zweite Blütezeit Kayas, aus der viele große Königsgräber in der Gegend um Koryŏng stammen und die noch heute erhalten sind. Im frühen 6. Jahrhundert, als Kaya von Paekche bedroht wurde und der Nachbarstaat Silla sich mächtig entwickelt hatte, schloss Kaya 522 durch Heirat eine königliche Familienbindung mit Silla. Im Zuge dieser Beziehungen schloss sich die Einheit von Kimhae Silla an (532) und die gesamte Kaya-Föderation ging schließlich im Jahr 562 durch einen Eroberungsfeldzug des Silla-Königs Chinhŭng vollständig unter. Nach dem Untergang von Kaya wurden Nachfahren der Herrschaftsfamilie in die Oberschicht von Silla integriert und trugen politisch wie kulturell zur Entwicklung Sillas bei.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als Japan im Begriff war, Korea zu kolonialisieren, behaupten einige japanische Historiker, dass das alte japanische Reich Yamato nach der Eroberung der Kaya-Föderation zwei Jahrhunderte lang, zwischen 369 und 562, dort eine ständige Niederlassung hatte, die die zwei südlichen koreanischen Königreiche Paekche und Silla kontrollierte. Koreanische Historiker sahen in dieser Deutung eine Legitimierung für das imperialistische Japan, am Ende des 19. Jahrhunderts die Voraussetzungen für eine Kolonialisierung Koreas zu schaffen. Diese Theorie wurde im Dezember 2008 in Tokio mit einer gemeinsamen Erklärung von japanischen und koreanischen Historikern widerlegt: Es habe sich vielmehr um eine Art japanische Handelsniederlassung gehandelt. Dass für dieses Klarstellung so viel Zeit benötigt wurde, lag daran, dass die kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder nach 1945 im den meisten Bereichen bis in die jüngste Zeit eingefroren war. Aufgrund der kolonialen Belastung wurde die Geschichte von Kaya in Korea relativ wenig erforscht. Nun lässt sich hoffen, dass sie ihren richtigen Platz in der koreanischen Geschichte einnehmen wird.
Hee Seok Park