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Sprachwissenschaft und Fachdidaktik

Chinesische Sprachwissenschaft

Der chinesische Sprachraum im weiteren Sinne („sinophone world“) umfasst alle Sprecher*innen sinitischer Sprachen, zu denen nicht nur mehr als eine Milliarde Bewohner*innen des Raums Greater China zählen, sondern auch Millionen von Menschen in Südostasien, Amerika und Europa. Entsprechend befasst sich die chinesische Sprachwissenschaft / Sinolinguistik zunächst mit der Abgrenzung dieser Sprachen und Sprachfamilien (Nordchinesisch, Kantonesisch, Wu, Min u.a.) voneinander und von Formen der seit dem 20. Jh. als 普通话 Pǔtōnghuà (in Taiwan als 國語 Guóyǔ, in Singapur als 华语 Huáyǔ) bezeichneten, staatlich normierten Standardsprache, die auch im Fokus unserer Arbeit und des weltweiten Chinesischunterrichts steht.

Die Beschreibung der chinesischen Sprache(n) ist bis heute von der abendländischen Sprachwissenschaft geprägt, deren auf der Struktur indoeuropäischer Sprachen basierendes Kategoriensystem jedoch nicht immer geeignet ist, sprachliche Phänomene des chinesischen Sprachraums zu beschreiben, da in den sinitischen Sprachen vor allem a) keine Flexionsmorphologie existiert, b) Tonalität und Silbigkeit zentrale distinktive Merkmal darstellen und c) das Schriftsystem in seiner Komplexität einen anderen Zugang zu und Umgang mit Sprache und Schriftlichkeit ermöglicht als in Kulturräumen mit phonographischen Schriftsystemen. Grundlegende Teilbereiche der chinesischen Sprachwissenschaft sind jedoch wie in allen Sprachwissenschaften die universalen Bereiche der Phonologie, Morphologie, Wortbildung und Syntax, daneben außerdem das große Feld der Sinographemik (Schriftzeichenkunde) sowie die Pragmatik und Textlinguistik, die auch Fragen nach den kulturell und gesellschaftlich bedingten Gebrauchskonventionen oder Registern mündlicher und schriftlicher sprachlicher Äußerungen thematisieren. Die Gegenüberstellung und Übersetzung von Beschreibungen des chinesischen Sprach- und Schriftsystems in verschiedenen Kulturen und Traditionen sowie deren Auswirkung auf die Unterrichtspraxis sind ebenfalls Arbeitsgebiete, die für uns von besonderem Interesse sind.

Fachdidaktik Chinesisch

Im Rahmen der Lehramtsausbildung für das Schulfach Chinesisch beschäftigen wir uns mit Aspekten der Grundlagenforschung zu einer weltweit noch im Aufbau befindlichen Fachdidaktik Chinesisch. Neben empirischen Untersuchungen zur Unterrichtspraxis der „distanten“ [1] Fremdsprache Chinesisch beziehen sich zentrale Fragestellungen zum einen auf die Realisierbarkeit schriftlicher und mündlicher sowie (inter-)kultureller Lehr- und Lernziele im Rahmen von Chinesischunterricht in Schule und Erwachsenenbildung, zum anderen auf die didaktisch-methodischen Besonderheiten gegenüber den europäischen, „affinen“ Fremdsprachen. Dazu gehören auch Fragen der Entwicklung und Bewertung sprachlicher, inhaltlicher und persönlichkeitsbezogener Kompetenzen, Aspekte der Digitalisierung des schriftzeichenbasierten Sprachunterrichts sowie der Umgang mit herkunftssprachlichen Lernerinnen und Lernern.

Darüber hinaus spielt im Arbeitsbereich Fachdidaktik die Diskussion der mit dem Einsatz chinesischer literarischer Texte verbundenen didaktischen Zielsetzungen im Schulfach Chinesisch und die didaktisch begründete Auswahl dieser Texte eine wichtige Rolle.


[1] Vgl. Guder, Andreas (2005) „Kann man das überhaupt lernen?“ Zur Vermittlung von Chinesisch als distanter Fremdsprache. In: Lebende Sprachen 2/2005, 61-68, sowie: Guder, Andreas (2008) Was sind distante Fremdsprachen? Ein Definitionsversuch am Beispiel des Chinesischen. In: Burwitz-Melzer, Eva et al. (Hrsg.) Sprachen lernen – Menschen bilden. Dokumentation zum 22. Kongress für Fremdsprachendidaktik der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) (= BFF - Beiträge zur Fremdsprachenforschung Band 10). Baltmannsweiler 2008, 69–78.

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