Die dritte Phase
Zeit der Zwangsassimilation (1930-1945)
Die japanische Expansionspolitik erreichte in den beginnenden 1930er Jahren ihren Höhepunkt. Unter einem Vorwand eroberte Japan 1931 die Mandschurei, aus der es das Kaiserreich Mandschukuo machte. 1937 begann Japan den Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg, 1941 erfolgte der Angriff auf Pearl Harbor, was zum Eintritt der USA in den Pazifik-Krieg führte.
Als der Zweite Chinesisch-Japanische Krieg und etwas später der Pazifikkrieg ausbrachen, wandelte sich die Assimilationspolitik Japans in gravierendem Maße. Statt der milderen kulturellen Vorgehensweise der 1920er Jahre wurde nun eine gewaltsame nationale Assimilierungspolitik betrieben. Um das Assimilierungsvorhaben zu legitimieren, wurde seit 1936 von der japanischen Militärregierung eine Ideologie verbreitet, die besagte, dass Japaner und Koreaner die gleichen Vorfahren haben. Hierfür wurden im Lande japanische Schreine errichtet und die Koreaner zur Teilnahme an Zeremonien der japanischen Nationalreligion Shintô gezwungen. Im Zuge dieser Zwangsassimilierung wurde zunächst eine Kontroll- und Mobilisierungsstruktur eingeführt, die koreanische Sprache wurde in den Schulen und Behörden verboten (1938) und ein Jahr später wurde eine Verordnung erlassen, die vorschrieb, koreanische Namen zu japanisieren (1939).
Seitdem Japan 1937 den Krieg begonnen hatte, wurde Menschenmaterial benötigt. 1938 erließ die japanische Kolonialregierung deshalb zunächst eine Maßnahme für „freiwillige Soldaten“, die dann 1943 in die „Regel des Armeedienstes“ umwandelt wurde. Außerdem dienten koreanische Männer sowohl in Korea als auch außerhalb des Landes als Arbeitskräfte, die ab 1939 zunächst als vermittelte, ab 1944 als Zwangsarbeiter überwiegend in die Kriegsindustrie geschickt wurden. Gegen Ende des Pazifikkrieges wurden koreanische Frauen systematisch zur Zwangsprostitution gezwungen, eine Tatsache, die noch lange Zeit nach dem Ende des Krieges auf beiden Seiten verschwiegen wurde. Auch die koloniale Wirtschaftspolitik änderte sich, da ihre Struktur nun ganz und gar auf den Krieg ausgerichtet wurde.
Trotz oder gerade deswegen setzten koreanische Intellektuelle in den 1930er und 1940er Jahren die nationale Identitätsbildung fort. Eine ihrer Bewegungen trug den Namen Chosŏnhak und begann 1934 damit, die Besonderheit der koreanischen Kultur zu erforschen und nicht nur die ältere Geschichte Koreas, sondern auch die Geschichte der Chosŏn-Dynastie in den Fokus der Geschichtsschreibung zu rücken. Die Intellektuellen beschäftigten sich wissenschaftlich mit der koreanischen Sprache und Geschichte, der konfuzianischen Philosophie, dem koreanischen Buddhismus und Schamanismus und mit der Sozialgeschichte Koreas. Daraus resultierten mehrere Veröffentlichungen, die zum Teil die Grundlage für die spätere Koreaforschung bildeten.
Außerhalb der Halbinsel fanden seit den 1930er Jahren verstärkt Unabhängigkeitskämpfe statt. 1935 gründeten die Koreaner in der Mandschurei eine Partei, die „Partei der Nationalen Revolution“, in der sich verschiedene Fraktionen der Widerstandsbewegung zusammenschlossen. Sie bewaffneten sich und bekämpften die japanische Armee in der Mandschurei und in China. Auch die koreanische Exilregierung in China, unter der Führung von Kim Ku, rüstete in den 1940er Jahren militärisch auf und zog in Südasien an die Front gegen Japan. Gegen Ende des Krieges konzipierte sie eine neue politische Struktur für die Zeit nach der Kolonialherrschaft und bereitete sich auf die baldige Befreiung Koreas vor.
Die am 15. August 1945 von Japan verkündete Kapitulation brachte das Ende der japanischen Kolonialherrschaft in Korea.
Hee Seok Park