Das staatliche Prüfungssystem Koreas – sozialer Aufstieg durch Bildung
Das Schlagwort „Bildungsfieber“ (koreanisch kyoyugyŏl genannt) fällt häufig in den Medien, wenn es darum geht, den Charakter des (süd-)koreanischen Bildungssystems zu umschreiben. Die Leidenschaft für die Bildung wird zumal zu den Faktoren gezählt, die der Republik Korea zu einer rasanten und erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung verhalfen. Nach seinem Amtsbesuch in 2009, lobte der Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama das Land mehrmals für sein erfolgreiches Bildungsmodell. Nichts desto trotz ist das Thema Bildung in Korea seit langer Zeit eines der größten politischen und sozialen Probleme.
When our youth fail to dream
After a teacher at a middle school in Gangnam Distirct, southern Seoul, asked his students what they wanted to be in the future, a majority of the 30 students replied that they wanted to be rich, with nothing to do. […]
Gangnam is notorious for its parents’ passion for private education. Most students return home late at night, exhausted after studying at a series of cram schools. Elementary school students are no exception. These days, they even carry wheeled travel bags because they have so many books they need to bring to private academies.
[…] When it comes to the fervor for education, Gangnam District is probably second to none in the world.
[…] they dream of simply being wealthy after being so pressured by parents to study at cram schools where the curriculum is still based on rote learning, lacking the creativity that the 21st century demands of them.[…]
Our current education systems do not allow even one mistake, which shuts the door for another to try and succeed. […](JoongAng Ilbo, April 10, Page 30 *The author is head of the Innovation Lab at JoongAng Ilbo. KIM CHANG-GYU)
In diesem kurzen Artikel ist klar zu erkennen, dass aus koreanische Sicht, das Bildungssystem kein Vorzeigemodell ist. Besonders das System der privaten Bildung der Hagwŏns (kostenpflichtige Schulen in denen zusätzliche Kurse zu verschiedenen Themen angeboten werden und die Kinder besuchen, um bessere Ergebnisse in den wichtigen Abschlusstests zu erzielen) stellt ein großes Problem dar: einerseits sind die Schüler einem ununterbrochenen Lernstress ausgesetzt, was psychologische Folgen mit sich bringen kann, andererseits können wohlhabende Familien ihre Kinder auf bessere Hagwŏns schicken und die Chancen auf einen Platz an einer hochangesehen Universität erhöhen, was die Vorstellung der Chancengleichheit und des sozialen Aufstiegs durch Bildung zerstört.
Es stellt sich die Frage nach den historischen Gründen für die Entstehung dieses Bildungsfiebers und seit wann die Bildung solch eine zentrale Rolle in der Organisation der Gesellschaft einnimmt.
Ein altes koreanisches Sprichwort besagt, das auch aus einem Bach ein Drache entspringt (kaech'ŏn-esŏ yongnanda). Dies spiegelt den Glauben daran wider, dass jemand, der zwar aus einfachen Verhältnissen stammt mit genug Fleiß im Studium der soziale Aufstieg möglich ist. Schon während der Chosŏn-Dynastie war es möglich gewesen als einfacher Mann durch das Bestehen der staatlichen Prüfung Kwagŏ zu hohen Ansehen und Reichtum als Beamter des Staates zu bringen. Die zentrale Rolle, die die Vorbereitung und die Prüfung selbst in der koreanischen Gesellschaft spielt, ist demnach kein neues Phänomen