Matthäus Schwarz
Matthäus Schwarz
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Matthäus Schwarz
Kaufmann (angestellt), Buchhalter; wirtschaftswiss. Schriftsteller; geadelt; röm.-kath.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 20. 02. 1497 Augsburg
+ 1574 ebd.
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Ulrich Wirt zur „Goldenen Krone“ und Weinhändler, Mutter starb 1502, Vater heiratete wieder, Tod des Vaters 1519; mit fünf Jahren Schreibunterricht; mit sieben Jahren für drei Wochen Bub des ksl. Hofnarren Kunz v. d. Rosen; 1505ff. einem Heidenheimer Pfr. zur Erziehung übergeben, 1508 Rückkehr nach Augsburg, Besuch der (Latein-?)Schule zu St. Moritz bis Ende 1510, zugleich Beginn von Aufzeichnungen (I 11: „rechordiren“, „all ding mußten beschriben werden“); seit 1511 im Kleinhandel des Vaters beschäftigt; 1512 beginnt MSch hinter den Frauen her zu sein und zu seinen jungen Standesgenossen zu gehen; 1514 zur kaufmännischen Ausbildung nach Oberitalien geschickt; nach der Heimkehr 1516 trat er in den Dienst der Fugger, zunächst Jakob Fuggers, dort zeitlebens Buchhalter; 1517 ernannte er Marx Fugger zu seinem Testamentsexekutor; wurde schnell zum Leiter der dortigen Rechnungsabteilung; ständig im Augsburger Stammhaus beschäftigt, nur gelegentlich Ritte zu den Faktoren in Frankfurt, Nürnberg und im Tiroler Bergbaugebiet; 1538 Heirat mit Barbara Mangolt (deren Vater war ein Augsburger Fugger-Faktor), in dieser Ehe eine Tochter und zwei Söhne; 1541 zusammen mit zwei Brüdern von Karl V. in den erblichen Adelsstand erhoben; mehrere Brüder und Söhne sowie der Schwiegervater ebenfalls in Fuggerschen Diensten; Anschluss an die pol. und konfessionellen Anschauungen seiner Dienstherren (Kaisertreue, Altgläubigkeit); beim Tod von Anton Fugger 1560 gab MSch alle seine Liebhabereien auf; wachsender Wohlstand; gg. Ende seines Lebens zog er in das „Fugger-Quartier“ St. Anna; wirtschaftliche Lehrschriften; Interesse für Mode: eigener Kleideraufwand, bildl. Festhalten der eigenen Kleider und vergangener Moden, dazu Beschäftigung von Illuministen, Porträtisten und Medailleuren 1520-60, außer den Medaillen alles für kleine vertraute Öffentlichkeit, auch die wirtschaftswissenschaftliche Schriften; verfasste eine Reihe versch. Schriften: Was das Buchhalten sei, 1516 (für den eigenen Gebrauch); Von dreierlei Buchhalten, 1518 (Werdegang als Kaufmann vorangestellt; am Bsp. des Geschäftsjahrs 1516 der venezianischen Fuggerfaktorei anhand des entsprechenden Geschäftsbuches; drei Abschriften erhalten, ed. Weitnauer, entst. nach 1550 [?], Adressaten: nachkommende Jugend); Ein vermischtes Buchhalten mit einem Schuldbuch, Hauptbuch und Geheimbuch, um/nach 1550 (Entwurf der kaufmännischen Organisation eines neuen Bergbauunternehmens in Böhmen für Konrad Maci, anhand des Fuggerbetriebs; enth. in o.g. Abschriften); Der Welt Lauf, 1519 begonnen (Autobiographie, nicht erhalten); Trachtenbuch (komplementär zu Der Welt Lauf: hier Bild und Verweis auf Text, dort Text und Verweis auf Bild hier; Interesse an Modewandel − Intention: Prognose); Gebetbuch, 1521; Geschlechtertanz (gemalt 1522 von Narziß Renner); Stamm Christi, 1524; Kinderbüchlein, zuerst erwähnt 1541, fortges. bis 1555 (nicht erhalten)
1.4. Literatur zur Person
Augsburger Stadtlexikon: Gesch., Gesellschaft, Kultur, Recht, Wirtschaft. Hg. v. Wolfram Baer. Augsburg 1985, 337 (Geffcken); Bosls Bayerische Biographie. [Hauptbd.] 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983, 710 (Joachim Jahn); Max Herrmann, Bilder aus dem Kinderleben des 16. Jahrhunderts. In: Mitteilungen der Ges. f. dt. Erziehungs- und Schulgeschichte 20 (Berlin 1910) 125-145: 125-138 (Kindheit); Georg Habich, Das Gebetbuch des Matthäus Schwarz. (= Sbb. d. Kgl. Bayr. Akademie d. Wiss.en, philos.-philol. Kl., Jg. 10, Abh. 8). München 1910; Balduin Penndorf, Matthäus Schwarz der „Fürneme“, Hauptbuchhalter der Fugger. In: Zs für Handelswissenschaft und Handelspraxis, Beiblatt „Der Kaufmann und das Leben“ (1912) Nr. 8, 114-118; Gäckle (s.u. 2.4.); Alfred Weitnauer, Venezianischer Handel der Fugger. Nach der Musterbuchhaltung des Matthäus Schwarz. (= Studien zur Fugger-Gesch 9). München 1931; Götz Frhr. v. Pölnitz, Jakob Fugger. 2 Bde. Tübingen 1949/51; Heinrich Bechtel, Matthäus Schwarz. Lebensbild eines Kaufmannes und seiner Welt aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Frankfurt, M. 1953 (Privatdruck); Fink ed. (s.u. 2.1.) 11-17. 19-44. 89-94 und passim; Katarina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger 1518-1618. (= Schriften der Philos Fakultäten der Univ Augsburg, Hist.-sozialwissenschaftliche Reihe, 29). München 1986, 68 + Anm. 250 („Als herausragender Repräsentant der leitenden Angestellten gilt der fuggerische Buchhalter Matthäus Schwarz.“ − Verweis auf Bechtel). 100. 107
2.1. Quelle: benutzte Edition, Länge (Druckseiten)
August Fink [Hg.], Die Schwarzschen Trachtenbücher. Berlin 1963, 95-179
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
Beschreibung der Quelle (Text und Bild); Bildreproduktion SW, aber im erläuternden Text ausführliche Farbbeschreibung; Transkription der Texte, die mit den Bildern zugleich auch fotografiert sind; Maßstab der Wiedergabe: Verkleinerung auf 75% des Or.-Formats; inhaltl. Erläuterungen, Hinweise auf Nachträge, Rasuren, Hs.-Wechsel, Erhaltungszustand
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
A. v. Z[ahn], Zwei Bilder von Christoph Amberger und die Trachtenbücher der beiden Schwartz, Vater und Sohn, von Augsburg. In: Jbb f. Kunstwiss. 4 (Leipzig 1871) 127-134; Fink ed. (s.o. 2.1.) 45-62; Philippe Braunstein, Annäherungen an die Intimität: 14. und 15. Jahrhundert. In: Georges Duby (Hg.), Geschichte des privaten Lebens Bd. 2: Vom Feudalzeitalter zur Renaissance. Frankfurt, M. 1990, 497-587: 517. 540f.; Valentin Groebner, Die Kleider des Körpers des Kaufmanns. Zum „Trachtenbuch“ eines Augsburger Bürgers im 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift für historische Forschung 25 (1998) 323-358
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
Auszüge: Franz v. Schlichtegroll, Gallerie altteutscher Trachten. Leipzig o. J. 1802 (Auswahl von Abb. aus der 1. Hälfte in kolorierten Stichen, aus dem Zusammenhang gelöst); Herrmann (s.o. 1.4.) (Auswahl in fotografischer Wiedergabe, Kindheit); Eugen Gäckle, Die beiden Schwarze, ein Augsburger Bilderroman aus dem 16. Jahrhundert. Großschwabhausen (Weimar) 1922 (Kindheit); Philippe Braunstein: Matthäus Schwartz, un banquier mis à nu: Autobiographie de Matthäus Schwartz, bourgeois d’Augsburg. Paris 1992 (Teiled.)
3.1. Abfassungszeit
1520 (3 Monate nach dem Tod des Vaters) -1560 (nach dem Tod Anton Fuggers)
3.2. Funktion und Zweck der Quelle
Wandel der Kleidung über längeren Zeitraum hinweg verfolgen (kostümgesch. Interesse); nur öfftl. Kleidung vorführen, mit Ausnahme von Fastnachtskleidung; „zu sehen uber ein zeit als 5, in 10 oder mer jarn, was doch daraus werden wölle“ (Fink ed. [s.o. 2.1.] 98); ergänzende Parallelquelle: „Der welt lauf“ (Beschreibung der Kleider und was MSch nicht nach seinem Sinn ging)
3.3. AdressatInnen
selbst
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
hsl. und gemalte Bilder; Gesch. der Hs.: Fink ed. (s.o. 2.1.) 9. 97; der jüngere Sohn Veit Konrad führte die Tradition mit der Anlage eines eigenen Trachtenbuches fort − ebenfalls als Autobiographie (Kindheit und Werdegang)
4.1. Berichtszeitraum
1497-(1553.) 1560
4.2. Form der Quelle
Kostüm-Autobiographie in Bildern mit zugehörigen kurzen Texten; dt., Ich-Form, Prosa; Buchmalerei auf Pergament; Vorbild: Ganzfigurenporträt auf Pergament oder Papier (Miniaturmalereien oder Federzeichnungen) aus Augsburg, Nürnberger Schönbartbücher; Turnierbücher; Illustrationen zu Kleiderordnungen bzw. Entwürfe, die in chronol. Folge gesammelt wurden (ausschließlich zu Männern; Frauen nur in Einzelbildern); selbst entworfenes Bild „Geschlechtertanz“ (1522 von Narziß Renner gemalt), Quelle: mdl. Informationen des Vaters vor dessen Tod; Vorbilder im einzelnen: I 3 Spielzeug in Maximilians I. „Weißkunig“; I 8 Altarbild (Fink ed. [s.o. 2.1.] Abb. 1); I 9 weiteres Altarbild; I 14 Dürers Ritter; I 21 ähnl. Wappenrock in Maximilians I. „Freydal“; I 23 Burgkmaier-Holzschnitt im „Weißkunig“; I 29 Kleidungsmotiv des 15. Jh.s − Geschlechtertanz-Bild 1522; I 31 Geschlechtertanz-Bild, „Freydal“; I 47 Bildnis von Jörg Breu 1520; I 70 „Freydal“; z. B. I 124 seit 1540 Einwirkung it. Hochrenaissance-Bildnisse auf das Trachtenbuch
4.3. Inhalt
Kindheit, Krankheiten, Erziehung/Bildung/erste kaufm. Arbeit, Hochzeiten, Italienaufenthalt, Fugger-Dienst, öfftl. Tanz, Fechten, Schießen, Trauer (Vater, Fuggerchef − I 77. 136), Geschäftsreisen, Liebschaften, Schlittenfahrten, Empfang Ehz. Ferdinands, dessen Hochzeit, Seuchen, Dickwerden, Badereisen, Reichstage, eigene Hochzeit, Fastengelübde, Feuerwehrhauptmann und Einsatz, Musterung, Wachdienst, Schmalkald. Krieg, Beseitigung des Zunftregiments in Augsburg, Schlaganfall, Ausweisung der ev. Prediger aus Augsburg (Interim), Markgrafenkrieg