Johann Rethius
Johann Rethius
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Johann Rethius [Johannes Rethius; von Reidt]
Theologe, Mönch (SJ), Priester; Gymnasialleiter; röm.-kath.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 1532 Köln
† 26. 10. 1574 Köln
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
stammte aus einer Kölner Patrizierfamilie: Mutter Katharina Kannegießer; studierte in Köln, Paris und ab 1553 in Rom; 1552 trat er in den Jesuitenorden ein; 1556 Priesterweihe; übernahm nach seiner Rückkehr mit F. Coster und H. Dionysius das Gymnasium Tricoronatum (heute Drei-Königs-Gymnasium) in Köln, dessen Leiter er bis zu seinem Tod blieb; mit Hilfe von J. und K. Gropper wirkte er für die Reform des theologischen Studiums in Köln, womit er aber im wesentlichen scheiterte; die Universitäten in Trier und Mainz wurden durch ihn mit Mitgliedern der SJ besetzt; förderte mit P. Canisius die kath. Reform am Rhein, u.a. indem er sich als Broker für die Publikation gelehrter und volkssprachlicher rel. Werke einsetzte (er versuchte Übersetzer und Autoren zu gewinnen und im Bedarfsfall Mäzene für deren Lebensunterhalt zu finden); 1573 Romreise, um als Beauftragter der niederrheinischen Ordensprovinz an der Wahl eines neuen Ordensoberen teilzunehmen; setzte sich f. eine restriktive städt. Politik gegenüber den niederländischen Flüchtlingen (prot.) und allgemein f. restriktive Konfessionspolitik ein und konnte dafür sein einflussreiches familiäres patrizisches Netzwerk nutzen; wurde im Schulhof seines Kölner Jesuitengymnasiums zusammen mit zwei anderen Lehrern v. einem wahnsinnigen Ordensmitglied ermordet
1.4. Literatur zur Person
NDB 21 (2003) 446f. (Lothar Schilling); LThK2 8 (1963) 1258 (Josef Kuckhoff); Rheinische Lebensbilder 12 (1991) 111-140 (Lothar Schilling) (Lit.); Josef Kuckhoff, Johannes Rethius, der Organisator des katholischen Schulwesens in Deutschland im 16. Jahrhundert. Düsseldorf 1929 (Auswertung der Tagebücher und Briefe); ders., Die Geschichte des Tricoronatums. Köln 1931 (Auswertung des ersten Teils von JRs Tagebuch, das bis 1563 reicht und sich als Schulchronik des Jesuitengymnasiums bezeichnen lässt); Holt ed. I (s.u. 2.1.) 81-113. 126-138. II 47-73. 94-107; Erich Meuthen, Kölner Universitätsgeschichte Bd. 1-3. Bd. 1: Die alte Universität. Köln/Wien 1988, 288ff. (wichtige Rolle bei der Einrichtung der Jesuitenschule in den 1550er Jahren); Gérald Chaix, Humanisme et élites urbaines à Cologne au XVIe siècle. In: Klaus Malettke/Jürgen Voss (Hgg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 15. Jahrhundert/Humanisme et Elites des cours et des villes au XVIe siècle. 23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg 6.-9. April 1987. (= Pariser Hist Studien 27). Bonn 1989, 195-210: 206f.; R. Po-Chia Hsia, Social Discipline in the Reformation: Central Europe 1550-1750. (= Christianity and Society in the Modern World). London/New York 1989, 49f. (einer v. drei vorgestellten jesuitischen Karrieretypen)
2.1. Quelle: benutzte Edition
Paul Holt, Aus dem Tagebuch des Johann Rethius 1571-74. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte und zur stadtkölnischen Politik. [Teil I]. In: Jb des kölnischen Geschichtsvereins e. V. 20 (1938), 77-138, Text (Auszug) 113-126 (Romreise, davon die Bemühungen um Übersetzer und Autoren ausgewählt); Teil II. In: ebd. 21 (1939), 47-110, Text: 73-94 (Auswahl der Stellen, an denen sich JR konfessionspol. äußert, insbesondere zu der v. ihm betriebenen Politik der vollst. Vertreibung der Geusen aus Köln)
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
abgedr. nur der zweite Teil von JRs Tagebuch (1571-74), soweit erhalten (s.u. 3.4. und 4.2.), in dt. Übers. und in Auszügen; Ort der Hs., Informationen zu Hs. und Überlieferung.; keine genauen Angaben darüber, welche Ausschnitte des Tagebuch er zum Abdruck auswählte und welche unpubliziert bleiben; in Teil I ed. Seitenwechsel angezeigt, in Teil II ed. nicht
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Holt I ed. (s.o. 2.1.) 78-81. 113. 127
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
-
3.1. Abfassungszeit
wohl gleichzeitig mit den Ereignissen
3.2. AdressatInnen
selbst
3.3. Funktion der Quelle
eigene kath. Reformbemühungen (Geusenvertreibung, Bücher, Univ.) festhalten
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
hsl.; Überl.: in einem Sammelbd. mit dem Titel „Ephemerides et epistolae rev. patris Johannis Rhetii S. J. 1543-1574“, der neben Briefentwürfen JRs tagebuchartige Aufzeichnungen enthält, teils in ursprünglicher Niederschrift, teils in Abschrift des ersten Viertels des 17. Jahrhunderts; Berichtszeitraum 1571 nur in Abschrift überliefert; ein Teil des Tagebuchs über die Romreise ist verloren (nur ein Viertel erhalten); Ort: Köln, Stadtarchiv, U IX 602 (bei den Universitätsakten), 1. Tagebuchteil (Berichtszeitraum bis 1563, Schulchronik): ebd. U 604 (Orig.-Hs.)
4.1. Berichtszeitraum
[(1) 1543 bis 15. 10. 1563]
(2) 1571-1574, nach der Rückkehr von der Romreise (Aug. 1573) werden die Notizen spärlich
4.2. Sprache
lat.
4.3. Form der Quelle
Ich-Form, Tagebuch in zwei versch. Teilen: (1) als Schulchronik des Jesuitengymnasiums, (2) als pers. Tagebuch, z.T. als Reisebericht
4.4. Inhalt
seelsorgerliche, lit. und pol. Tätigkeit, u.a. intensive Bemühung um Mäzene für den Druck der Kirchenväter, um eine Reform des Theologiestudiums in Köln, um eine Vertreibung der niederländischen Flüchtlinge (prot.) aus Köln