Joachim Mörlin
Joachim Mörlin
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Joachim Mörlin [Mörle, Morle, Möhrlin, Morlin(i)us]
Pfr., Dr. theol., Superintendent, Bf.; luth.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 06. (o. 08., EncR 3 [1996] 17) 04. 1514 Wittenberg
† 23. (o. 29., TRE 23 [1994] 193) 05. 1571 Königsberg
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Jodocus, als Mag. und Presbyter der Erzdiözese Magdeburg 1514-21 Prof. f. Metaphysik in Wittenberg, seitdem Pfr. in dem der Univ. inkorporierten Westhausen bei Coburg, Mutter Margarethe, deren Vater kursächs. Weinbergverwalter war, Stiefmutter Anna Hausknecht; aufgrund der Armut des Vaters lernte JM zunächst in Konstanz das Töpferhandwerk, besuchte darauf die Schule in Coburg; seit 1532 Studium in Wittenberg; 1535 Mag.; 1536 Heirat mit Anna Cordus (1518-70), deren Vater Bürgermeister in Themar war, in dieser Ehe zwölf Kinder; seit 1539 Kaplan zu Luthers Entlastung; 1540 Dr. theol.; 1540 Superintendent in Arnstadt/Gft. Schwarzburg; 1543 Entlassung, da er wg. rücksichtsloser Kanzelkritik in Ungnade gefallen war; 1544 Superintendent in Göttingen; auch dort Konflikte (mit seinem Kollegen Sutel) wg. seines schonungslos ausgeübten geistl. Wächteramtes; ab 1548 Probleme wg. des Interims, als Gegner des Interims 1550 v. dort vertrieben; Anfang 1550 Flucht vor den Häschern des Landesherrn Hz. Erich II. v. Braunschweig mit Hilfe v. dessen Mutter Elisabeth v. Braunschweig-Lüneburg über Altendorf, Arnstadt, Schleusingen nach Königsberg; in Königsberg stellte ihn Hz. Albrecht (Schwiegersohn Elis. v. Braunschw.-Lüneburgs) 1550 am Dom als Domherr/Kathedralpfr. an, Streit mit Osiander (im Osiandrischen Streit versuchte er zunächst zu vermitteln, wandte sich dann aber scharf gg. Osiander); 1553 wurde er abgesetzt und musste Preußen verlassen, da er sich gg. den v. Hz. unterstützten Osiander wandte; Berufungen nach Lübeck und Braunschweig, Superintendent in Braunschweig; hier gestaltete er als Superintendent zusammen mit Martin Chemnitz als Koadjutor eine luth. konfessionalisierte Kirche; seit 1556 beteiligte er sich am Bremer Abendmahlsstreit; verfasste die Bekenntnisschrift der niedersächs. Theologen 1561, die alle Theologen zu unterschreiben hatten und die die Grundpositionen der späteren Konkordienformel schon enthielt; nachdem er eine Zeitlang flacianische Positionen vertreten und eine Vermittlung zw. Flacius und Melanchthon versucht hatte, stellte er sich 1566/67 gg. Flacius, der so viel Streit angerichtet habe; 1567 zurück nach Königsberg berufen, er ging dorthin in Begleitung v. Martin Chemnitz; beide reichten zusammen schon einen Monat später dem Hz. eine Schrift ein, die zur lehrmäßigen Basis f. die Neuordnung der preußischen Kirche wurde; 1568 Bf. v. Samland; bereitete durch die Herstellung eines norddt. Lehrkonsenses das im Konkordienbuch 1580 abgeschlossene luth. Einigungswerk auch inhaltl. vor; war an allen theologischen Streitigkeiten beteiligt, häufig auch um Frieden bemüht; apokalyptischer Horizont, der die Lehrfrage f. ihn wie f. Luther zur unmittelbaren Gewissensfrage machte
1.4. Literatur zur Person
Jöcher 3 (1751) 577f.; Jöcher-Adelung 4. Erg.-Bd. (1813) 1888f.; ADB 22 (1885) 322-324 (Wagenmann); NDB 17 (1994) 679f. (Inge Mager); PRE3 13 (1903) 237-247 (Wagenmann+ [Lezius]); LThK2 7 (1962) 638 (R. Bäumer); TRE 23 (1994) 193-196 (Martin Stupperich); RGG4 5 (2002) 1507 f. (Heinz Scheible); EncR 3 (1996) 94f. (Sigrid Looß; transl. from German by Susan M. Sisler); BBKL 6 (1993) 8-11 (Inge Mager); Carl Alfred Hase, Herzog Albrecht von Preußen und sein Hofprediger. Leipzig 1879; Franz Koch, Briefwechsel Joachim Mörlins mit Herzog Albrecht. In: Altpreußische Monatsschrift 39 (1902) 517-596; ders., Joachim Mörlin als samländischer Bischof vom Jahre 1567-1571. In: Altpreußische Monatsschrift 44 (1907) 251-302 (Ed. des Briefwechsels zw. JM und Elisabeth v. Braunschweig-Lüneburg); Otto Clemen, Joachim Mörlins Bannordnung von 1543. In: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 43 (1941) 131-142; Erich Roth, Ein braunschweigischer Theologe des 16. Jahrhunderts. (Joachim) Mörlin und seine Rechtfertigungslehre. In: Jb der Ges f niedersächs Kirchengesch 59 (1952) 59-81; Jörg Rainer Fligge, Herzog Albrecht von Preussen und der Osiandrismus 1522-1568. Diss. phil. Bonn 1972; Martin Stupperich, Osiander in Preußen. 1549-1552. (= Arbeiten zur Kirchengesch 44). Berlin 1973, besonders 120-220 (Verhältnis Osiander-Mörlin); Matthias Richter, Gesetz und Heil. Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und zum Verlauf des sogenannten Zweiten Antinomistischen Streits. (= Forschungen zur Kirchen- und Dogmengesch 67). Göttingen 1996; Martin Brecht/Hermann Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte Zur Einführung der Reformation im Herzogtum Württemberg 1534. Stuttgart 1984, 424f.
2.1. Quelle: benutzte Edition
Special-Nachricht von dem sel. D. Joach. Moerlino, Ex autographo ejusdem. In: Fortgesetzte Slg v Alten und Neuen Theologischen Sachen 34 (Leipzig 1734) 3. Beytrag, 371-375
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
nichts über Editionsprinzipien, Ort und Beschaffenheit der Hs., keine Anmerkungen; „hier von Wort zu Wort aus des seel. D. Mörlini eigenha(e)ndiger Verzeichniß abgeschrieben worden“ (375)
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
-
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
Abdruck „zertheilt“ auch in: Philipp Julius Rehtmeyer, Darinn Die Reformations-Historie ... biß auf das Jahr 1586. beschrieben, Und in denen Beylagen Die Epistolæ ... beygefüget sind (= Historiæ Ecclesiasticæ Inclytæ Urbis Brunsvigæ ... Oder: Der berühmten Stadt Braunschweig Kirchen-Historie 3). Braunschweig 1710, 210ff. (nach Fortges. Slg. ed. [s.o. 2.1.] 375)
3.1. Abfassungszeit
1553 Herbst o. später
3.2. AdressatInnen
nicht genannt
3.3. Funktion der Quelle
? vgl. Fortges. Slg. ed. (s.o. 2.1.) 375 Schluss: „Et sic hoc quoque calamitatum genus experiri sum coactus.“
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
hsl.
4.1. Berichtszeitraum
22. 09. 1540-21. 10. 1553
4.2. Sprache
lat. mit zwei wörtlichen dt. Zitaten (Luther, Rat v. Göttingen)
4.3. Form der Quelle
Ich-Form, Prosa
4.4. Inhalt
berufliche Positionen und Probleme wg. Interim: Weggang v. Wittenberg, Berufung nach Göttingen, Widerstand gg. das Interim ebd. und Vertreibung durch den Landesherrn, Unterstützung durch dessen Mutter, Flucht nach Königsberg, ebd. Kathedralpfr., Berufung nach Braunschweig