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Conrad Ges(s)ner

Conrad Gessner

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Conrad Gessner [Conrad Gesner]

Lehrer, (Stadt-)Arzt, Dr. med., Naturforscher, Universalgelehrter, Griech.-Prof.; ref. (zwingl.); verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 16. o. 26. (lt. LThK) 03. 1516 Zürich

† 13. 12. 1565 ebd.

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Urs G Kürschnermeister in Zürich, gest. 1531 bei Kappel, Mutter Anna Barbara Fries, gest. 1564, Eltern arm und kinderreich; wurde seit 1521 v. seinem Onkel Johannes Frick (Vetter der Mutter), Kaplan und großer Pflanzenliebhaber, aufgezogen und in die Schule geschickt; besuchte ab 1524 die Unterschule am Frauenmünster bei Oswald Myconius und wurde auch v. dessen Famulus Thomas Platter unterrichtet; dann ab 1529 Besuch des Carolinum bei Großmünster, wo ihn u.a. Rudolf Collin unterrichtete; v. seinem Lehrer Johann Jakob Ammann ebd. wurde er drei Jahre lang umsonst in dessen Haus aufgenommen; Zwingli war sein Patron; 1531 erhielt er durch Zwinglis Vermittlung ein Stipendium; nach Kappel (Tod seines Vaters und Zwinglis) 1532 kurzer Aufenthalt in Straßburg bei Capito als Famulus (Empfehlung dorthin durch Myconius); Nov. 1532 entließ ihn Capito mit Empfehlung an Bullinger und Leo Jud; Bullinger besorgte ihm ein Stipendium, so daß er Febr. 1533 nach Bourges aufbrechen konnte, wo er sich auf Ammanns Rat (und entspr. eigener Neigung) der Med. und Naturkunde zu- und v. der Theologie abwandte; in Zürich lernte er Lat. und Griech., Hebr. in Straßburg; dann Studium der Naturwissenschaften und Med. in Bourges und 1534 in Paris, wobei er durch ein Stipendium der Kirche in Zürich unterstützt wurde, daneben aber z.T. selbst mit Unterricht Geld verdiente; 1535 Heirat mit Barbara Singysen; kinderlos; Myconius besorgte ihm ein weiteres Stipendium und Büchersendungen aus Basel; nach seiner Heirat konnte er aufgrund v. Bullingers Fürsorge 1536 in Basel seine Studien fortsetzen; Bullinger blieb sein Patron: noch 1558 schrieb CG einen Bittbrief an ihn um Gehaltserhöhung, woraufhin ihm zusätzlich das volle Einkommen eines Canonicus bewilligt wurde; unterstützte seine Mutter und seine zahlreiche Verwandtschaft; 1537-40 Griech.-Prof. in Lausanne; aus Neigung aber erneutes naturwissenschaftliches und med. Studium, wiederum durch ein Züricher Stipendium unterstützt, in Montpellier; 1541 Dr. med. in Basel, Rückkehr nach Zürich und (zweite?) Heirat; am Collegium Carolinum Lehrer der Naturwissenschaften, außerdem praktischer Arzt; 1545 versuchte ihn Gf. Fugger vergeblich als Erzieher seiner Söhne und Enkel zu gewinnen, CG lehnte wg. rel. Bedenken ab, aber er benutzte die Fuggersche Bücherslg. f. seine Edd.; 1546 Prof. der Stiftsschule Carolinum, 1552 Unterstadtarzt in Zürich, 1554 erster Züricher Stadtarzt; 1558 Chorherr am Großmünster, wohl aufgrund dieses Kanonikats nannte CG sich danach „Pfarrer und Arzt“; unterstützte die zwingl. Reformation in der Stadt; nahm in seinem Haus stets Religionsflüchtlinge auf, besonders aus England; auch orientalische und hebr. Studien; daneben seit 1540 publizistisch tätig: Ausgaben klass. Autoren, teils aus dem Griech. übers., teils mit bereinigtem Text (Martial), pharmazeutische und med. Werke nach Klassikern (Zsf. zum Hb.), neu erarbeitete Wörterbücher, bio-bibliographisches Lexikon „Bibliotheca universalis“ (1545/55); die „Bibliotheca universalis“ beeinflusste die Einrichtung der großen zeitgenöss. Bibliotheken und trug ihm die Bezeichnung eines „Vaters der Bibliographie“ ein; 1555 linguist. Werk: „Mithridates, sive de differentiis linguarum ... observationes“, Zürich; sprachverwandtschaftliche Betrachtungen der europ., vorderasiat. und nordafrikan. Sprachen, zum Vergleich ist das Vaterunser in 22 Sprachen mitgeteilt, das Werk war zugleich als ethnograph. Repertorium wertvoll; 1561 Vorrede f. das v. ihm angeregte, v. Josua Maler unter dem Namen Pictorius hg. lat.-dt. Lexikon; 1564 Empfang des ksl. Wappenbriefes; 1565 Pesttod; riesige Korrespondenz mit Hunderten v. Humanisten; Gespräche mit Fachleuten aller Art, u.a. mit Gärtnern, Hirten, Fischern, Bergleuten; Felix Platter besaß eine der Tierdarstellungen f. CGs Historia animalium

1.4. Literatur zur Person

Jöcher 2 (1750) 968-970; ADB 9 (1879) 107-120 (J. Mähly); NDB 6 (1964) 342-345 (Eduard K. Fueter); EncR 2 (1996) 170f.; LThK3 11 (Nachtragsbd.) (2001) 91 (Helmut Zedelmaier); August Hirsch, Biogr. Lex. der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Bd. 22. Wien/Leipzig 1930, 731-733 sv Gesner, Conrad G.; Hans Widmann, Nachwort [Lit.]. In: CG, Bibliotheca universalis. Zürich 1545. Facs.-ND 1966, I-XI und ebd. Nachschrift mit Lit.-Nachtrag; Fritz Ferchl, Chemisch-Pharmazeutisches Bio- und Bibliographikon. Mittenwald 1938 (= ND Niederwalluf b. Wiesbaden 1971), 182. 588; Isaac Asimov, Biogr. Enzyklopädie der Naturwissenschaften und der Technik. Freiburg/Basel 1973, 110; Josias Simler, Vita ... C. Gesneri. Zürich 1566; Johannes Hanhart, Conrad Gessner. Ein Beytrag zur Gesch. des wissenschaftlichen Strebens und der Glaubensverbesserung im 16ten Jahrhundert. Aus den Quellen geschöpft v. J. Hanhart, Stadtpfr. in Winterthur. Winterthur 1824 (Biographie); Jens Christian Bay, Conrad Gesner, the Father of Bibliography. In: Papers of the Bibliographical Society of America 10,2 (1916) 53-88; Willy Ley, Konrad Gessner, Leben und Werk. (= Münchener Beiträge zur Gesch und Lit der Naturwissenschaften und Med 15/16). München 1929 (Werk-Verz., Lit.); Herrmann Escher, Die Bibliotheca universalis Konrad Gessners. In: Vjs der Naturforschenden Ges in Zürich 79 (1934) 174-194; ders., Zu einem unveröffentlichten Brief Conrad Gesners an Fabricius Montanus. In: ebd. 85 (1940) 329-336; Richard J. Durling, Conrad Gesner’s Liber amicorum, 1555-1565. In: Gesnerus 22, 3/4 (1965) 134-159; Josef Mayerhöfer, Conrad Geßner als Bibliograph und Enzyklopädist. In: Gesnerus 22, 3/4 (1965) 176-194; Hans Fischer, Conrad Gessner, 26. März 1516 - 13. Dezember 1565. Leben und Werk. (= Neujahrsblatt der Naturforschenden Ges in Zürich 168; Vjs der Naturforschenden Ges in Zürich, Beiheft; 110, [5]). Zürich 1966; ders. (Hg.), Conrad Gessner, 1516-1565: Universalgelehrter, Naturforscher, Arzt. Mit Beiträgen v. Hans Fischer, Georges Petit, Joachim Staedtke, Rudolf Steiger, Heinrich Zoller. (= Jubiläums-Publikationen zur 450jährigen Gesch des Art. Institut Orell Füssli 1519-1969, 2). Zürich 1967; Rudolf Steiger, Erschließung des Conrad-Geßner-Materials der Zentralbibliothek Zürich. In: Gesnerus 25 (1968) 29-39; Manfred Peters, Conrad Geßner als Linguist und Germanist. In: Gesnerus 28 (1971) 115-146 [CGs autobiogr. Selbsteinschätzung in der Bibliotheca universalis (s.u. 2.1.) in diesen beiden Hinsichten nicht herangezogen]; Huldrych Koelbing, Town and State Physicians in Switzerland (16th-18th centuries). In: Andrew W. Russell (ed.), The Town and State Physician in Europe from the Middle Ages to the Enlightenment. (= Wolfenbütteler Forschungen 17). Wolfenbüttel 1981, 141-155, besonders 146-152 (Gesundheitswesen in Zürich). 151 (Pesttod v. Stadtärzten, u.a. Gesner); Hans H. Wellisch, Conrad Gessner. A bio-bibliography. 2nd ed. Zug 1984; Sonia Brough, The Goths and the Concept of Gothic in Germany from 1500 to 1750. Culture, Language and Architecture. Frankfurt, M. etc. 1985, Reg sv (CG zu Sprachen); [Kat.] Graecogermania. Griechischstudien dt. Humanisten. Die Editionstätigkeit der Griechen in der it. Renaissance (1469-1523). Ausstellung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 22. 4.-9. 7. 1989. Unter Leitung v. Dieter Harlfinger bearb. v. Reinhard Barm u.a. (= Ausstellungskataloge der Herzog August Biblothek 59). Weinheim/New York 1989, 225 Nr. 118 (Bibliotheca universalis; Autobiographie erwähnt: „Von Wichtigkeit ist die Bibliotheca auch noch in anderer Hinsicht: Auf den Seiten 180f. gibt Gessner eine Autobiographie mit einer Liste seiner Veröffentlichungen.“). 226f. mit Nr. 127. 128 (Conrad Gesner als Wissenschaftler; Historia animalium, 1551, und Nomenclator Aquatilium, 1560); Christa Riedl-Dorn, Wissenschaft und Fabelwesen. Ein krit. Versuch über Conrad Gessner und Ulisse Aldrovandi. Mit einem Beitrag v. Helmuth Grössing. (= Perspektiven der Wissenschaftsgesch 6). Wien [u.a.] 1989; Lucien Braun, Conrad Gessner. (= Collection Les grands Suisses 8). Genève 1990; Urs Bernhard Leu, Conrad Gesner als Theologe. Ein Beitrag zur Zürcher Geistesgeschichte des 16. Jahrhunderts. (= Zürcher Beiträge zur Reformationsgesch 14; Schriftenreihe der Stiftung Xaver Schnyder von Wartensee 55). Bern/Frankfurt, M./New York/Paris 1990; ders., Konrad Gessner − Naturforscher und Lehrer. In: [Kat.] Schola Tigurina. Die Zürcher Hohe Schule und ihre Gelehrten um 1550. Kat. zur Ausstellung vom 25. Mai bis 10. Juli 1999 in der Zentralbibliothek Zürich. 2. unv. Aufl. Hg. v. Institut f. Schweizerische Reformationsgesch., Zürich. Red. Hans Ulrich Bächtold. Zürich/Freiburg i. Br. 2000, 38-41 (Lit.); Alfredo Serrai, Conrad Gesner (= Il bibliothecario, N.S. 5). Rom 1991; Helmut Zedelmaier, Bibliotheca universalis und Bibliotheca selecta. Das Problem der Ordnung gelehrten Wissens in der frühen Neuzeit. (= Beihefte zum Archiv f Kulturgesch 33). Köln/Weimar/Wien 1992; Udo Friedrich, Naturgeschichte zwischen artes liberales und frühneuzeitlicher Wissenschaft. Conrad Gessners „Historia animalium“ und ihre volkssprachliche Rezeption. (= Frühe Neuzeit 21). Tübingen 1995

Autobiogr. Quellen: Bullinger, Diarium ed. Egli 76. 80; Pellikan, Chronikon ed. Riggenbach 142Felix Platter, Tagebuch ed. Lötscher 343

2.1. Quelle: benutzte Edition

CG, Art. Conrad Gesner. In: ders., Bibliotheca universalis. Zürich 1545, fol. 179v-183r

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Facs.-ND der v. CG publizierten Ausgabe; kein Komm., keine Anmerkungen etc., im Nachwort (Widmann [s.o. 1.4.]) kein Bezug auf den autobiogr. Artikel

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

zur Bibliotheca universalis: Widmann (s.o. 1.4.) XI, Lit. Punkt 2; Mayerhöfer (s.o. 1.4.) 176-194; zur Autobiographie: Leu (s.o. 1.4.) 18f. (weist auf theologisch-philol. Schwerpunktsetzungen CGs in der Autobiographie hin), zur Bibliotheca universalis: ebd. Kap. 5, 101-190; Jancke (2002) 108 f. 131-133 (Patronage)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

-

3.1. Abfassungszeit

1544

3.2. AdressatInnen

allgemein studiosi/Wissenschaftler und insbesondere junge als Adressaten der Belehrung

3.3. Funktion der Quelle

über Leben und Werke des Autors orientieren f. studiosos (besonders junge) allgemein und f. potentielle Interessenten seiner Bücher im Besonderen (insofern entspricht der Zweck des autobiogr. Artikels dem der anderen Artikel); zusätzlich aber reagiert er auf das Besondere der offensichtlichen Selbstvorstellung (verdeckt liegt eine Selbstvorstellung in diesem Lex. auch seitens anderer zeitgenöss. Gelehrter vor, z.B. Pellikan) als wissenschaftlicher Autor in zweierlei Hinsicht: (1) langer Vorspann zur Legitimation des autobiogr. Unterfangens, u.a. Verweis auf ähnliche bibliographische Kataloge mit autobiogr. Anteil; (2) die eigene Bildungsgesch. wird massiv didaktisch vorgetragen, Leitmotiv: Studenten, studiert bloß nicht selbständig, sondern nur in Abhängigkeit v. Professoren und deren Entscheidungen

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

gedr. nach der Absicht des Verf.

4.1. Berichtszeitraum

Beginn des Lat.- und Griech.-Unterrichts in Zürich -1541 Ansässigwerden und Heirat in Zürich

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Ich-/Wir-Form wechselnd; bio-bibliographischer Lexikonartikel; Verweis auf Vorgänger-Werkkataloge z.T. ebenfalls mit autobiogr. Anteilen; Verweis auf Augustinus (Confessiones und Retractationes)

4.4. Inhalt

legitimatorischer Vorspann; Bildungsgesch. bis zur Promotion Dr. med. 1541 mit den Leitthemen Geldmangel, Selbststudium und Mahnung zur Abhängigkeit, daneben ausführl. Darstellung der selbstständig getroffenen eigenen Berufs- und Lebensortentscheidung, deren Kriterien CG als nicht materieller Natur, sondern als Neigung (Med.) und Herkunft (patria Zürich) folgend benennt

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