Fiktionen des Originals. Praxis- und diskursanalytische Untersuchungen zur Kunst Afrikas
Projektleiter
PD Dr. Paola Ivanov
Prof. Dr. Tobias Wendl
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
Dr. Ursula Helg
Dr. Melanie Klein
Projektbeschreibung
Das Teilprojekt untersucht Authentizitäts- und Originalitätsdiskurse, ihre ideologische und strategische Anwendung in kulturellen Praktiken sowie ihre Transformation in ausgewählten Kontaktzonen der Kunst zwischen Afrika, Europa und Afroamerika. Dabei gehen wir von der Prämisse aus, dass Authentizität und Originalität keine intrinsischen Eigenschaften von Objekten oder Kunstwerken sind, sondern von außen herangetragene Attributionen, die ästhetische und ethische Perspektiven und Urteile miteinander vermengen. Als „travelling concepts“ (Bal 2002) erfahren Originalität und Authentizität in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Konkretionen mit je lokalspezifischen diskursiven Rahmungen und künstlerischen Reaktionen, die als Resultate transkultureller Aushandlungsprozesse verstanden und historisch rekonstruiert werden.
Die Fokussierung auf regional und zeitlich versetzte Fallstudien - Südafrika, Uganda und die afrikanische Diaspora sowie Moderne (1930-80) und zeitgenössische Kunst nach 1980 - ermöglicht Vergleiche der jeweiligen Verhandlungsräume mitsamt den sie konstituierenden Akteurinnen und Akteuren, Netzwerken, Praktiken und Diskursen. Im Rahmen eines neu geförderten Unterprojektes zur älteren Kunst Afrikas wird zudem am Beispiel der „minkisi“-Kraftfiguren aus dem Kongo nun auch die Sattelzeit um 1900 genauer in den Blick genommen und damit ein Beitrag dazu geleistet, die diachronische Konstitution transkultureller Verhandlungsräume weiter zu vertiefen. Der Fokus richtet sich damit insgesamt auf institutionelle Kontexte, wie die Künstlerausbildung, Museumssammlungen oder die Kunstgeschichtsschreibung, sowie auf die in transkulturellen Verhandlungsprozessen entstehenden Freiräume (Fabian 1998, Peffer 2009), in denen sich Fiktionalisierungen und subversive künstlerische Praktiken entwickeln. Der Schwerpunkt der Analyse auf diese fiktionalen Aspekte von Authentizitäts- und Originalitätsattributionen einschließlich der ihnen inhärenten Ideen von Einmaligkeit, Ursprünglichkeit oder subkultureller und damit ‚authentischer‘ Erfahrung erlaubt es uns, die Dynamiken von Erwartung und Autonomie, von Deutungshegemonien und ihnen entgegenwirkenden Spielarten lokaler Agency präzise zu erfassen. Das Anfechten von Gattungs- bzw. Genregrenzen, die Rekonstruktion ihrer Translationen und Trajektorien, aber auch die Ermittlung der den Selbst- und Fremdklassifizierungen zugrunde liegenden Polyphonien sowie die reaktiven künstlerischen Strategien von Fake und Fiktion sind Arbeitsfelder, durch deren Bearbeitung es möglich ist, Konturen dieser Diskurse - einschließlich ihrer Wiederholungen und Renaissancen - historisch perspektiviert und regional ausdifferenziert nachzuzeichnen.