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Herrschaft und Königtum in Kleinasien der Späten Bronzezeit (Ltg.: J. Klinger)

Herrschaft und Königtum in Kleinasien der Späten Bronzezeit

Die Arbeitsgruppe „Herrschaft und Königtum in Kleinasien der Späten Bronzezeit“ (J. Klinger, S. Fischer, T. Kitazumi, M. Pallavidini, L. Wilhelmi) beschäftigt sich mit dem „hethitischen“ Königtum und der Umsetzung seiner Machtpolitik im Rahmen der unterschiedlichen Gegebenheiten, also der historischen, ökono­mischen, gesellschaftlichen und vor allem politisch-administrativen Rahmen­bedingungen sowie deren Entwicklungen innerhalb Zentral­anatoliens von der mittleren bis in die späte Bronzezeit. Dies geschieht mit einem Bezug zum Rahmenthema der Kollegforschungsgruppe und den dort formulierten Leitfragen sowie im steten Austausch mit der Arbeitsgruppe zu Assyrien (Ltg. E. Cancik-Kirschbaum) und einzelnen Fellows. Zentrale Klammer ist dabei die Frage nach der Anwendung von Theorien und Modellen der Governanceforschung – v.a. in Räumen mit begrenzter Staatlichkeit bzw. in Beziehung zu „Staatlichkeit“ überhaupt.

 

Erste Phase

In der ersten Förderphase lag der Fokus auf der Vor- bzw. Frühgeschichte „hethitischer“ Staatlichkeit, d.h. den Ermöglichungs­strukturen dessen, was dann zu einer bestimmten Ausprägung von Herrschaftsform und Staatlichkeit in Form eines zentralisierten Königtums mit überregionaler Austrahlung führte. Verfolgt wurde deren Etablierung und Konsolidierung bis in die Mitte des 2. Jahrtausends unter den verschiedensten Aspekten, seien sie etwa ökonomischer, politischer, kultureller oder sprachlicher Provenienz o.a.m.

Neben verschiedenen thematischen Studien, die auch den Zweck verfolgten, grundsätzliche Fragen der Quellen und ihrer Überlieferung sowie methodische Fragen zu klären, entstand ein erster Teil einer umfassenden Untersuchung „Geschichte und Kulturgeschichte Kleinasiens im 2. Jahrtausend vor Chr.“ (Arbeitstitel - J. Klinger); u.a. eine kleinere Monographie zum „Problem der Tafel(an)samm­lun­gen“ unter­zieht die rezenten Diskussionen über „Archive und Bibliotheken“ einer umfassenden Revision.

Zweite Phase

Ziel wird es in der zweiten Phase sein, den auffälligen Machtzuwachs des hethitischen Staates einerseits vor dem Hintergrund einer Etablierung von Institutionen und Verfahren zur Kontrolle, andererseits der Entmachtung bzw. Integration kollektiver Herrschafts­strukturen durch eine zentralistische Administration und politische Leitung herauszuarbeiten und die Struktur und Funktion der dabei angewendeten Regelungsregime zu beschreiben. Auf dem Austarieren dieser Kräfte und der Fähigkeit, unter­schiedlichste Gruppen zu integrieren, basierte zu einem Gutteil die Macht des hethitischen Königtums. Monarchische Königsherrschaft kann sich historisch sehr unterschiedlich realisieren und erweist sich auch in diesem konkreten Fall ebenso nicht als ein Automatismus, sondern als eine spezielle Form unter sehr unterschiedlich konfigurierten Herrschaftsformen, in denen auch in dieser historischen Epoche nicht allein den „Kaškäern“ durchaus andere Alternativen von Herrschaftsausübung gegenüberstehen konnten, die aber bisher nur eine begrenzte Aufmerksamkeit fanden, aber gerade in Kleinasien offenbar eine lange Tradition aufweisen.

Bisherige Charakterisierungen („Patrimonialismus“, „Beamtenstaat“ oder „Orientalisierung“, d.h. „Despotisierung“ unter Einfluß mesopotamischer Traditionen, u.a.m.) sind wenig präzise, wie auch der Begriff des Imperiums vor der kontroversen Imperiums-Diskussion der letzten Jahre und eher pauschalen rezenten Darstellungen der Revision bedarf.

Gemeinschaftliche Forschung

Die Arbeitsgruppe ‚Ḫatti‘ steht in stetem Austausch mit der Arbeitsgruppe ‚Assur‘ und den an der KFG forschenden Fellows und Assoziierten. Vor dem Hintergrund der Kooperation mit dem Fellow M. Ossendrijver spielt auch das Thema „Zeit/Zeitregime/Datierung“ eine Rolle, da die hethitische Überlieferung in diesem Bereich merkwürdig defizitär scheint; Fragen eines Kalenders, Möglichkeiten zur Datierung, Erfassung von Zeitabläufen u.a.m. sollen diskutiert werden.

Ein besonderes Interesse gilt in Zusammenarbeit mit dem Fellow S. Aro der monumentalen Reprä­sen­tation hethitischer Herrschaft unter Berücksichtigung bildwissenschaftlicher Konzepte und spezifischer Text/Bild-Relationen; trotz zahlreicher Publikationen in den letzten Jahren sind wir der Ansicht, daß hier durchaus noch einiger Diskussionsbedarf besteht. 

In der Kooperation mit Spezialisten für die Archäologie Anatoliens sollen einschlägige Befunde, z.B. aus dem Bereich der Siedlungsgeographie oder der Verbreitung spezifischer Elemente der materiellen Kultur, stärker in die historische Analyse einbezogen werden, als die bisher der Fall war.

Diese gemeinsamen Themen der Arbeitsgruppe „Herrschaft und Königtum in der späten Bronzezeit Anatoliens“ münden zudem in individuelle Forschungsschwerpunkte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Deutsche Vorschungsgemeinschaft