Bericht: Gemeinsames AKS-Doktorandenkolloquium
News vom 19.02.2014
Gemeinsames AKS-Doktorandenkolloquium am 31. 1. und 1. 2. 2014 der Freien Universität Berlin und der Ruhr-Universität Bochum
Im Rahmen der gemeinsamen Förderung der FU Berlin und der Ruhr-Universität Bochum durch das AKS-Projekt „Circulation of Knowledge“ haben wir am 31. 1. und am 1. 2. 2014 ein gemeinsames Doktorandenkolloquium in Berlin veranstaltet. Dabei gab es drei Themenblöcke „Das alte Korea“, „Politische Diskussionen im modernen Korea“ und „Kultur und Literatur im modernen Korea“.
Zuerst hat Gwendolin Arnold (Ruhr-Universität Bochum) hat zu dem Thema „Erste Anmerkungen zu den „Dunklen Aufzeichnungen der Versammlung ausschweifender Erzählungen über die Blumengirlande“ (華嚴懸談會玄記, Huáyán xúantán huìxúanjì) von Cangshan Purui (蒼山普瑞) und damit verbundene Überlegungen zur Geschichte des Huayan Buddhismus im Tanguten-Reich (西夏, ca. 1038-1226) und der mongolischen Yuan-Dynastie (元朝, 1279-1368)“ referiert. Die hierbei beschriebene „Circulation of Knowledge“ bezog sich auf den Buddhismus als Inhalt, der aus dem China der mongolischen Yuan-Dynastie die umliegenden Reiche, u. a. das Tanguten-Reich, massiv beeinflusste. Ihre Doktorarbeit ist insbesondere aus linguistischer Sicht, da neben Texten auf klassischem Chinesisch (Hanmun) auch tangutische Texte bearbeitet werden, ein spannendes, aber auch ehrgeiziges Projekt.
Die zweite „Circulation of Knowledge“ setzt im 17. Jahrhundert ein. Florian Pölking (Ruhr-Universität Bochum) untersucht in seiner Dissertation zum Thema „Der Stellenwert technischen Wissens in der Späten Chosŏnzeit; Fokus auf Ŭigwe – Eine Materialvorstellung“ eine ganz besondere Art koreanischer Quellen, die Ŭigwe (儀軌). Diese reich bebilderten und oft prächtig gedruckten Bücher beschreiben prinzipiell den genauen Ablauf von Riten, wie Bestattungen, Hochzeiten, aber auch zu großen, nationalen Bauprojekten wurden Ŭigwe verfasst. Genau diese werden untersucht und insbesondere soll hierbei u.a. anhand der Listen der Mitarbeiter der Bauprojekte der Stellenwert technischen Wissens, sowie anhand anderer Quellen die Art des zirkulierten Wissens erforscht werden.
Der zweite Block untersucht die Zirkulation von Wissen im modernen Südkorea. Zunächst untersucht Anselm Huppenbauer (FU Berlin) dazu die Zirkulation eines bestimmten Diskurses, nämlich der tongil tamnon (統一 談論), „Wiedervereinigungsdebatten“, von 1990 bis 2012, d. h. während der Regierungen von Roh Tae-Woo bis Lee Myung-Bak. Der vorläufige Titel der Arbeit ist „Südkoreanische Debatten zur Wiedervereinigung 1990-2012 – Speziell: die Kostenfrage und die Rezeption der deutsche Wiedervereinigung“ und es sollen diese Debatten, speziell die Diskurse zur Kostenfrage mithilfe einer Diskursanalyse analysiert werden. Dabei sollen speziell Netzwerke zwischen den einzelnen Akteuren der Debatten konstruiert werden, andererseits soll die gegenseitiger Beeinflussung der Diskurse und der äußeren Umstände gezeigt werden.
Anschließend hat Daniela Claus (FU Berlin) zu „Erinnern, Vergessen, Verdrängen – Die koreanische Studentenbewegung im kollektiven Gedächtnis“ präsentiert. Sie zeigt, wie die Proteste, deren Kern meist Studenten bildeten, in verschiedenen Medien (z. B. Zeitungen, Schriften von Universitäten) rezipiert werden, oder auch nicht rezipiert werden, und so ein bestimmtes kollektives Gedächtnis (nach Halbwachs), oder „prosthetisches Gedächtnis“ (nach Allison) erzeugen. Dabei wird sie sich auf bestimmte Fallbeispiele, etwa die April-Revolution 1960, die Gwangju-Demokratisierungsproteste 1980 oder den Juni-Aufstand 1987 konzentrieren.
Im letzten Block ging es um Themen aus Kultur und Literatur. Dazu hat zunächst Eunju Bährisch (FU Berlin) über „Instant Coffee and Secretaries: Gender Hierarchy and Westernisation in Korean Coffee Culture“ referiert. Sie verknüpft dazu zweierlei Kulturgeschichten, nämlich die des Kaffees als ein nicht-berauschendes, sondern für die Arbeit belebendes Getränk, mit der des Servierens, nämlich wie Frauen Gästen Getränke servieren, was sie auf die Gisaeng (妓生) zurückführt. Auf diese Weise arbeitet sie heraus, wie so in Korea seit der Nachkriegszeit das Bild einer kaffeeservierenden Sekretärin entstanden ist und weiterhin als Rollenbild die Arbeitswelt prägt und seine diskriminierende Wirkung behält.
Anschließend hat Sung-Yeon Cho (RUB Bochum) „Das Korea-Bild in koreanischen Sprachlehrbüchern“ analysiert. Hierbei weist sie auf die je nach Zielgruppe unterschiedlichen koreanischen Sprachlehrbücher hin, bei denen gerade die speziell für Gastarbeiter oder für ausländische Ehefrauen in Korea veröffentlichten Bücher ein ganz anderes Bild erzeugen, als Bücher für z. B. internationale Studenten. Bewusst oder unbewusst werden außerdem den Lernern bestimmte Rollen zugeteilt, sodass etwa bei dem Buch für ausländische Ehefrauen, wie selbstverständlich, davon ausgegangen wird, dass die Ehefrauen aus Südostasien stammen und dass sich ihr Lebensinhalt vor allem im Haus oder beim Einkaufen – und nicht etwa in der Arbeitswelt – abspielt.
Der letzte Vortrag des Kolloquiums von Samuel Melzner (RUB Berlin) handelte von „Erzähltechnik, Struktur und sprachliche Mittel in kurzen Erzählungen durch europäische existentialistische Literatur beeinflusster Autoren im Südkorea der 1950er Jahre“. Auch hier wurde wieder eine Zirkulation von Wissen untersucht, nämlich zwischen der existenzialistischen Literatur Europas und der koreanischen Literatur der 1950er Jahre. Auch für letztere Gattung, also die Romane von Chang Yong-Hak, Son Ch’ang-sŏp oder Kim Sŏng-han, wird der Begriff „Existenzialistische Literatur“ immer wieder genannt, allerdings deutet sich an, dass dieser ein bloßer Sammelbegriff für eine Literaturgattung ist, die in sich nicht kohärent ist und die keinen eigenen Stil bezeichnet.
Insgesamt war der Austausch für alle Teilnehmer sehr fruchtbar und bot allen Beteiligten neue inhaltliche und theoretische Anreize und zahlreiche „Blicke über den Tellerrand“, gerade weil eine Vielzahl unterschiedlicher Themen abgedeckt wurde. Neben dem inhaltlichen Austausch hat das Kolloquium auch den persönlichen Austausch zwischen jungen Wissenschaftlern befördert und ist insofern sehr erfolgreich gewesen.