2012. Nummer 9 im Off-Programm: Serge Alain Nitegeka und AtWork27 in der Galerie Le Manège
von Doris Rebhan
Structural-Response 1 ‘ von Serge Alain Nitegeka, Foto: Doris Rebhan
Im Biennaleprogramm ‚Guide Des Exposants‘ ist die Galerie Le Manège mit der Nummer 9 verortet und präsentiert vom 11. Mai bis 10. Juni 2012 zum einen die Installation ‚Structural-Response 1 ‘ (2012) von Serge Alain Nitegeka und zum anderen das alternative Ausstellungsprojekt AtWork27 der Kuratorin Katia Angelova. Die Galerie Le Manège im Dakarer Stadtteil Plateau ist eine von zwei Galerien des Institut Française de Dakar und wird seit 2005 als Plattform für zeitgenössische Kunst betrieben. Das Areal ist mit ca. 300m² nicht nur sehr weiträumig, sondern auch flexibel nutzbar, indem es sich in zwei separate Gebäude gliedert, die rechts und links vom Eingang liegend über einen Innenhof verbunden sind. Zur Dak’Art 2012 wurden beide Räumlichkeiten bespielt.
In dem vom Eingang aus linken Gebäude des Galerieareals – einer großen, architektonisch in die Kolonialzeit verweisenden Ausstellungshalle ohne räumliche Binnengliederung – befindet sich die Einzelausstellung ‚ Structural-Response 1 ‘ von Serge Alain Nitegeka. Serge Alain Nitegeka ist 1983 in Burundi geboren, studiert derzeit freie Kunst an der Universität Witwatersrand in Johannesburg und wird vertreten von der Galerie Stevenson Johannesburg. Die zur Dak’Art 2012 gezeigte Installation ist eine Kooperation der beiden Galerien Le Manège und Stevenson, sowie dem Institut Française Dakar und Südafrika und lässt sich beschreiben als eine ‚ortsspezifische Raum-Installation‘, die den gesamten Raum füllt und vom Künstler innerhalb eines dreiwöchigen Aufenthaltes vor Biennalebeginn errichtet wurde.
Die Installation besteht aus langen, dunkelbraun getünchten Holzbalken, die ineinander verschränkt sind und sich gegenseitig stützen, durchdringen und unterbrechen, wobei die verworrene Schachtelung der Betrachterebene mit dem Balkenmuster der Holzdecke korrespondiert. Nicht nur auf Volumen und Thematik des Innenraums erstreckt, durchdringen sie die Eingangstüren und bestimmen den Weg der Betrachter, die nun Schauen und Gehen zwischen hervorstehenden Balken und anderen Besuchern arrangieren müssen. Das Ausweichen, Stehenbleiben, Anpassen, Sich-Stoßen und Weitergehen assoziiert nicht nur Beschränkung, Sperre, Enge, Hindernis und ansatzweise auch Kooperation und Spiel, sondern findet durch die Einbettung in einen ehemaligen Kolonialraum auch eine historische und politische Ebene. Nitegeka war auf der Dak’Art 2010 Teilnehmer der internationalen Ausstellung.
Structural-Response 1 ‘ von Serge Alain Nitegeka, Foto: Doris Rebhan
Das zweite Element, das Ausstellungsprojekt AtWork27 der Kuratorin Katia Angelova, wird in dem vom Eingang rechts liegenden und deutlich kleineren Gebäude, sowie dem Baum davor ausgestellt. Dem Bild des fruchtragenden Baumes folgend sind seine Äste über Nylonfäden mit Moleskin Notizbüchern behängt, die in die Hand genommen und durchgeblättert werden können. Jedes Buch hat eine individuelle Gestaltung. Über Wegweiser geleitet befinden sich in einem schmalen Gang – ebenfalls an Nylonfäden aufgereiht – die digitalisierten Varianten des herkömmlichen Notizbuches in Form von E-Books. Beide ‚Notebook‘-Varianten zeigen eine bunte Sammlung individuell gestalteter Notizbücher, welche die zwei Seiten der ‚AtWork-Idee‘ wiedergeben: Die persönliche Interaktion mit Menschen vor Ort sowie eine möglichst ohne räumliche Grenzen agierende Ausstellungmethode auf einer Onlineplattform. AtWork27 ist Teil der Non-Profit Foundation Lettera27, die seit Juli 2006 existiert. Die Zahl 27 in den Namen beider Projekte ist eine Anspielung auf den nicht existenten 27. Buchstaben des lateinischen Alphabets und ein Sinnbild für alles Unausgesprochene, Unterschwellige, Missverständliche, Fehlende, Übersehene oder auch Zu-Viel-Gesagte. AtWork27 begann mit 56 teilnehmenden internationalen Künstlern, die ihr Werk dem Projekt frei zur Verfügung stellten und jetzt auf einer Internetseite ausgestellt sind. Die zur Dak’Art 2012 ausgestellten realen Bücher sind jedoch nicht Teil der Online-Serie, sondern entstanden während eines offenen Workshops unter der Leitung des Dakarer Künstlers Kan-Si am 8. und 9. Mai 2012 im Kunstraum Kër Thiossane, während die Skizzen der E-Books aus der Online-Sammlung stammen . AtWork27 beruht auf der Grundidee des Schenkens und der Mitteilung, wobei jedoch der Prozess der Gabe nicht als eine einseitige gedacht wird, sondern den Adressaten ebenso mit einbezieht wie den Gebenden. AtWork27 versteht sich nicht als ein abgeschlossenes Projekt, sondern wie der Name ‚AtWork‘ impliziert als ‚work in progress‘, neue Methoden und Ideen suchend. Anstelle des herkömmlichen Modells des Copyrights arbeitet AtWork27 mit dem alternativen ‚Creative Commons Licence‘
AtWork Dakar 2012, Foto: Doris Rebhan
AtWork Dakar 2012, Foto: Doris Rebhan