2012. Im Gespräch mit dem senegalesischen Künstler Ndary Lo
von Tatjana Wittulski
Ndary Lo, 2012, Windows Part 1, Ausstellungsansicht Dak’Art, 2012, Foto: Tatjana Wittulski
Künstlergespräch Ndary Lo als Radio Feature
von Tatjana Wittulski und Bathilde Maestracci
Seit 1992 findet in Dakar alle zwei Jahre die Kunstbiennale Dak’Art statt. Sie ist eine wichtige internationale Plattform für zeitgenössische afrikanische Kunst und ein bedeutender Treffpunkt für Künstler aus Afrika und der Diaspora. Während der Biennale verwandelt sich Dakar für einen Monat mit hunderten von Ausstellungen zu einem lebendigen Kunstort. Neben den offiziellen Ausstellungen, bietet das umfangreiche OFF-Programm spannende Einblicke in den Bereich der zeitgenössischen afrikanischen Kunst.
Im Rahmen einer Uni-Exkursion der FU Berlin hatten die Masterstudierenden der Kunst Afrikas die Möglichkeit die Dak’Art zu besuchen und in das lebendige Biennaletreiben einzutauchen. Bei einem Ausstellungsbesuch des alternativen Kunstorts Biscuiterie de Médina (eine ehemalige Keksfabrik) in Dakar, lernten einige Studentinnen den senegalesischen Künstler Ndary Lo kennen, der in einer der riesigen Hallen des Ausstellungsgeländes seine Installation präsentierte.
Inmitten seines raumgreifenden Kunstwerks Windows Part 1, bestehend aus bunten Plastikdeckeln, die auf Garn aufgezogen und zickzack-förmig von der Decke bis zum Boden gespannt waren, fand das Gespräch zwischen Studierenden und Künstler statt. Aus dem intensiven Dialog ist ein Radiofeature entstanden, auf das an dieser Stelle verwiesen werden soll und in diesem Text Bezug genommen wird.
Ndary Lo, 2012, Windows Part 1, Ausstellungsansicht Dak’Art, 2012, Foto: Tatjana Wittulski
Ndary Lo nahm zum siebten Mal an der Dak’Art teil. Während des Gesprächs betonte er mehrmals die Wichtigkeit dieses Kunstevents für ihn und sein künstlerisches Schaffen. Die Meinung vieler Senegalesen, die Biennale würde sich nicht lohnen und koste zu viel Geld, teilt er nicht. Er selbst ist ein großer Befürworter der Dak’Art, da sie ihm Raum für Begegnung und Austausch mit anderen Künstlern und Kuratoren ermöglicht. Insbesondere den Dialog und die Vernetzung der afrikanischen Künstler untereinander, betrachtet er als einen Mehrwert der Kunstbiennale. Außerdem, so Ndary Lo, verhelfe ihm seine Biennalebeteiligung zu internationalen Bekanntheit und zur Finanzierung seines Lebensunterhalts.
Die Installation, die er für die Dak’Art 2012 geschaffen hat, leitet eine neue Richtung innerhalb seines Oeuvres ein. Ndary Lo, der durch seine Skulpturen aus Metall und Mixed Media Installationen international bekannt wurde, arbeitete bei diesem Kunstwerk mit Plastik. „Es ist sehr neu für mich mit Plastik zu arbeiten, aber seit ein paar Jahren sammle ich es schon.“ Wie bei seinen früheren Werken, verwendete Ndary Lo für diese Installation in erster Linie gefundene Objekte. Die Geschichte(n) und das Ausdruckspotential, das die objets trouvés mit sich bringen, sind für ihn besonders interessant. Das Rohmaterial bezeichnet der Künstler als „erstes Leben“; ein „zweites Leben“ entstehe mit der industriellen Verarbeitung. „Während manche es nutzlos finden und wegschmeißen wollen, komme ich und gebe ihnen ein drittes Leben.“ Indem er aus gefundenen Objekten Skulpturen und Installationen herstellt, verleiht er Objekten ein „drittes Leben“. Dabei sei es wichtig, für die Ideen und Konzepte die entsprechenden Materialien zu finden und zu verwenden, so Ndary Lo.
Mit seiner Arbeit Windows Part 1, die aus einer Vielzahl von Plastikdeckeln und Plastikflaschen besteht, verweist der Künstler auf globales Konsumverhalten und das weltweit geringe Umweltbewusstsein. Indem Ndary Lo Weggeworfenes in ästhetische Objekte „verwandelt“, möchte er einerseits auf die unzureichende industrielle Wiederverwertung in seinem Land hindeuten, gleichzeitig aber die „culture of petite recycling“, wie sie in zahlreichen afrikanischen Ländern stattfindet, aufgreifen. Güter industrieller Herstellung werden dabei nicht einfach weggeworfen, sondern nach Ende ihres ursprünglichen Verwendungszweckes umgedeutet und neu interpretiert.