2012. Die Aktualität des „Arabischen Frühlings“ in der Kunst Katia Kamelis & Marwa Adels
von Juliane Peil
Katia Kameli / Marwa Adel
Die Nachricht über die Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohammed Bouazizi am 17. Dezember 2012 löste eine Welle von Protesten und Aufständen in vielen nordafrikanischen Ländern aus. Der sogenannte „Arabische Frühling“, ausgehend von Tunesien, entwickelte sich lediglich in Ägypten zu einer Revolution. Man wendete sich nicht nur in den Medien vermehrt dem „Arabischen Frühling“ zu, sondern auch in der Kunstszene Nordafrikas. Allerdings waren die Arbeiten der Künstler häufig sehr kommerziell und oberflächlich, da viele einen schnellen Verdienst erhofften.Die bis heute bestehende Aktualität war ein ausschlaggebender Grund für mich, sich diesem Thema anzunähern. Auch Afrikas führende Kunstbiennale in Dakar brachte im Jahr 2012 Künstler zusammen, die entweder durch die Protestwellen während des „Arabischen Frühlings“ oder durch andere gesellschaftliche Umbrüche, wie etwa die Präsidentschaftswahl 2012 im Senegal, inspiriert wurden. Das Thema der zehnten Dak’Art lautete „Contemporary Creation and Social Dynamics“ und wurde konzipiert, um den Dialog zwischen zeitgenössischen Künstlern und dem gesellschaftlichen Umfeld, das sich im permanenten Wandel befindet, zu präsentieren.
Auf der Dak’Art gehörten Katia Kameli und Marwa Adel zu den insgesamt 42 Künstlern, die bei der internationalen Ausstellung der Biennale für zeitgenössische Kunst vertreten waren. Sie kombinieren gesellschaftliche Themen mit ihren persönlichen Erfahrungen und greifen vor allem den Wunsch vieler Frauen auf, aus auferlegten gesellschaftlichen Zwängen auszubrechen.
Katia Kameli, Still aus Untitled, 2 Min. 28 Sek. (2011)
Katia Kameli, eine französisch-algerische Künstlerin, erforscht vorwiegend interkulturelle Zwischenräume, sich überkreuzende Identitäten und deren Struktur. Dadurch positioniert sie sich selbst als Hybrid und nutzt den von Homi Bhabha geprägten „dritten Raum“, um die Entstehung anderer Visionen, Positionen und Formen zu ermöglichen.
Sie drehte ihr Video Untitled während des „Arabischen Frühlings“ in Algerien. Es bezieht sich auf die Situation von Frauen in der arabischen Welt und stellt die Idee der Revolution in Frage. Der hier stille Aufstand ist anscheinend frei von jeglichen Forderungen und Zielen. Dadurch ergibt sich die Frage, ob er überhaupt als eine Revolution betrachtet werden kann.
Marwa Adel, Momentum (2011), Dak’Art 2012, Ausstellungsansicht, 2012, Foto: Juliane Peil
Eine ähnliche Darstellung des stillen Protests zeigt die aus Kairo stammende Künstlerin Marwa Adel mit ihrer Serie Momentum. Sie erzählt die Geschichte der Revolution in Ägypten, bei der sich immermehr Menschen auf dem Tahrir- Platz in Kairo versammelten, um ihren Unmut über autoritäre Regime und die Korruption im eigenen Land zu demonstrieren. Neben Marwa Adel und Katia Kameli reflektieren nordafrikanische Künstler, wie z.B. Khaled Hafez und Mounir Fatmi, bis heute die Geschehnisse. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Thema des „ArabischenFrühlings“ sowohl in den Medien als auch in der Kunst zukünftig eine Rolle spielen wird, vor allem nachdem der Tahrir-Platz in Kairo Ende November erneut zum Schauplatz von Protesten wurde.