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Viglius van Zwichem

Viglius van Zwichem

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Viglius van Zwichem [Wigle/Wiger van Aytta van Zwichem/Zuychem/Zuichem]

Dr. iur.; Prof.; Humanist; ksl. geheimer Rat, Präs. des geheimen Rats; zunächst verh., dann Priester, Propst; röm.-kath.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 19. 10. 1507 Schloss Barrahaus bei Zuychem (bei Wirdum), Friesland

† 18. (RGG) o. 08. 05. 1577 Brüssel

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Folcard (bzw. Folker) (ab) van Aytta, Mutter Ida (ab) Han(n)ia; Bucho v. Aytta, Bruder des Vaters (gest. 1531), war berühmter Gelehrter und Rat der sächs. Herzöge Albrecht und Georg sowie später Ks. Karls V., dieser Onkel leitete VvZs Erziehung; besuchte nach Privatunterricht ab 1519 die Schulen in Deventer und Leyden; niedere geistl. Weihen, dann Jurastudium in Löwen, Leyden, Dôle, Valence und Bourges; 1529 in Valence Dr.-Promotion; in Bourges Nachfolger Alciats als Prof., dann Tätigkeiten in Padua und Venedig; in Bourges Lehrer von Heinrich Rehlinger, David Baumgartner und Hans Jakob Fugger, zu denen er noch als Brüsseler Ratspräsident gute Kontakte hatte; 1531 folgte er einem Ruf Anton Fuggers und ging nach Deutschland, wo er studierend, lehrend, disputierend mehrere Universitäten besuchte und überall Verbindungen mit Gelehrten anknüpfte; 1532 (o. schon 1531) ging er nach Italien, Vorlesungen in Padua, erste Beziehungen zu Karl V.; vertrat als Rechtsgelehrter die Auffassung von absoluter ksl. Verfügungsmacht über die Gesetze, wurde aber nie ein Vorkämpfer des Absolutismus wie Granvella; 1534 für ein Jahr in Diensten des Bf.s von Münster; 1535 ksl. Kammergerichtsassessor in Speyer; 1536 ging Fichard mit einem Empfehlungsbrief des VvZ an den Kaiserhof; 1537 Prof. in Ingolstadt; 1542 ksl. Rat und Rückkehr nach Belgien, i. W. für Dienst in den Niederlanden zuständig; 1542 gab ihm Karl V. den Auftrag, die Übertragung Gelderns an den Ks. jurist. zu begründen und die Verhandlungen mit den geldernschen Ständen und dem jülichschen Hz. darüber mit abzuschließen, als Lohn wurde er Mitglied des obersten niederländ. Gerichtshofes in Mecheln; als Mitglied des ksl. geheimen Rats war er trotz seines niederländ.-belg. Wirkungsschwerpunktes auf dem Reichstag 1547/48 in vielfacher Weise mit dt. Angelegenheiten beschäftigt, ebenso auch die Jahre vorher schon; zur Zeit des Schmalkaldischen Krieges gehörte er zu den vornehmsten Räten des Kaisers; 1543 auf Vermittlung Granvellas Heirat mit Jacqueline (bzw. Jacoba) Damant (gest. 1552), keine Kinder in dieser Ehe; 1549 Präsident des ksl. geheimen Rats; als Präs. des Geheimen Rats widmete er sich auch der inneren Verwaltung der Niederlande und verfocht dabei nach Kräften eine Milderung der Religionsedikte; nach Karls V. Abdankung bot er seinen Rücktritt an, blieb aber noch 20 Jahre im Amt; zusätzlich übernahm er u. a. die Leitung der ksl. Bibliothek in Brüssel und ließ in dieser Funktion 2 Abschriften von Abschriften der Confessio Augustana (dt. und lat. Fassung) herstellen, die angesichts der verlorenen Originale heute die Textgrundlage krit. Editionen darstellen; war für seine zahlreichen Neffen, Freunde und Klienten ein wichtiger und unermüdlicher Patron/Broker; 1552 trat er in den geistl. Stand; zunächst war er Koadjutor von Lucas Munich, letzter Abt und erster Propst von St. Bavo, nach dessen Tod folgte er ihm 1562 im Amt nach, Priesterweihe; nach 1560 erhielt er die Erlaubnis, seine Präsidentenwürde abzutreten, behielt aber seinen Sitz im Staatsrat; in Brüssel war er Berater der Statthalterin Margarete v. Parma und vertrat hier gegenüber Alba eine gemäßigtere Religionspolitik, die er aber gegen Alba nicht durchsetzen konnte; diese Position schloss u. a. eine entschiedene Befürwortung der Inquisition und der Anwesenheit span. Truppen ein, was ihn in den span. Niederlanden äußerst unbeliebt machte; 1569 gründete er in Löwen das Collège de Viglius zur Aufnahme von 12 Stipendiaten und ein Hospiz in Zwichem; 1576 wurde er mit den meisten anderen Mitgliedern des Staatsrates vom Brüsseler Stadtkommandanten verhaftet; er erlangte zwar bald die Freiheit wieder, war aber nun schwach und krank

1.4. Literatur zur Person

Abraham Jakob van der Aa, Biographisch woordenbooek der Nederlanden 1. Haarlem 1852, 464-471; ADB 39 (1895), 699-703 (P. L. Müller); Des Viglius van Zwichem Tagebuch des Schmalkaldischen Donaukriegs. Nach dem Autograph des Brüsseler Staatsarchivs hg. und erl. v. August v. Druffel. München 1877; Bespr. in: HZ 41 (1879), 175-179 (kein Selbstzeugnis; regelmäßige Tagesnotizen, nicht für Kaiser oder Minister bestimmt [Winfried Dotzauer (Bearb.), Das Zeitalter der Glaubensspaltung (1500-1618). (= Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart; 1). Darmstadt 1987, 32]; Mémoires de Viglius et d’Hopperus sur le commencement des troubles des Paysbas avec notices et annotations par Alph. Wauters. (= Collection de Mémoires relatifs à l’histoire de Belgique 2). Brüssel 1858; Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek 2, hg. v. P. C. Molhuysen/P. J. Blok. Amsterdam 1912 (=ND 1974) 46-52; B[ernardus] H[ubertus] D[ominicus] Hermesdorf, Wigle van Aytta van Zwichem. Hoogleraar en Rechtsgeleerd Schrijver. Leiden 1949; Manfred Linsbauer, Lukas Geizkofler und seine Selbstbiographie. In: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 60 (1980) 35-84: 56f.

Autobiogr. Quelle: Lukas Geizkofler, Autobiographie ed. A. Wolf 94f.

2.1. Quelle: benutzte Edition

Vita Viglii ab Aytta Zuichemi, ab ipso Viglio scripta sive dictata juxta quod in Præfatione nostra explicuimus. In: Vita / Viglii ab Aytta Zuichemi / Ab ipso Viglio scripta, Eiusque, nec non / Joachimi Hopperi / et / Joannis Baptistæ Tassii / opera historica / aliaque analecta ad historiam scissi / Belgii potissimum attinentia / in sex partes divisa. / Collegit, Digessit, Notisque Illustravit / C[orn]. P.[aulus] Hoynck van Papendrecht / Archipresbyter Mechliniensis. Tomus I. Pars I+II. Tomus II. Pars I (= C. P. Hoynck van Papendrecht, Analecta Belgica I+II). Haag 1743 (Schottenloher (1932 ff.) 23012) Autobiographie: Bd. 1, T. 1-2; Bd. 2, T. 1 I 1, 3-54 (Text). 55-194 (Anm. d. Hg.)

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

-

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Roger Desmed, Une version inédite de la biographie latine de Viglius d’Aytta. In: Archives. Bibliothèques et musées de Belgique XXX (1959) 266-274

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

-

3.1. Abfassungszeit

nach 1573

3.2. AdressatInnen

eine best. Zielgruppe ist nicht zu erkennen, zumindest gibt es keine expliziten Hinweise

3.3. Funktion der Quelle

Selbstdarstellung einer außergewöhnlichen Karriere

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Ort: Löwen, Collegium Viglii; evt. mittlerweile zerstört; evt. vom Autor diktiert

4.1. Berichtszeitraum

1507-1573 (Geburt bis zum Aufstand in den Niederlanden, ab c. 10; davor Bericht über Vorfahren)

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Er-Form; chronologischer Bericht, in Kap. eingeteilt; Fiktion einer von anderer Seite verfassten, objektiven Biographie

4.4. Inhalt

beschreibt sein Leben chronologisch und sehr detailliert und immer eingebettet in die großen Ereignisse seiner Zeit; am Anfang überwiegen die persönlichen Angaben − einschließlich Tonsurempfang, Hochzeit, Tod der Eltern −, mit Beginn der öfftl. Laufbahn wird er reduziert, und die Darstellung der Zeitgeschichte erhält mehr Raum; VvZ hebt immer wieder die ihm erwiesene Anerkennung und Wertschätzung hervor, seinen Anteil an der großen Politik und seinen Einfluss; mit seinem guten und nüchternen Latein bemüht er sich um Objektivität, auch den Protestanten und Ketzern gegenüber

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