Johann Wigand
Johann Wigand
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Johann Wigand [Johannes Wigand; Wiegand]
Pfarrer; Superintendent, Prof. für Theologie, Dr. theol., Bischof v. Pomesanien, Bf. v. Samland; luth.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 1523 Mansfeld [„in radicibus Meliboci, seu ut vulgo appellatur, Harciniae montis sito“]
† 21. 10. 1587 Liebemühl, Samland/Preußen
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
vom illiteraten Vater Johann zum luth. Theologen bestimmt; Lateinschule in Mansfeld, 1539 (o. schon 1538, EncR u. TRE) Studium in Wittenberg; 1541 nach Nürnberg als Lehrer an St. Lorenz; 1544 Fortsetzung des Studiums in Wittenberg, 1545 Mag., dann Theologie-Studium; Ende 1546 Substitut, 1548 Pfarrer in Mansfeld, ebd. auch Unterricht in Dialektik und Physik, kirchenhist. Schriften; 1553 Pfr. an St. Ulrich und Superintendent in Magdeburg, in enger Verbindung mit Flacius, an dessen kirchenpol. und wiss. Arbeiten er beteiligt war, insbesondere arbeitete er intensiv an den Magdeburger Centurien mit (er bearbeitete das 7.-16. Jh.; publ. Basel 1559-1574); 1560 Prof. für Theologie in Jena; 1561 zus. mit Flacius durch eine hzl. Kommission in Jena abgesetzt, weil sie ein so rücksichtsloses Verhalten bei ihrer theol. Polemik an den Tag legten (vgl. seine Autobiographie: dort im Flacianischen Streit isoliert und 1562 Weggang aus Gewissensgründen nach Magdeburg, wo er mit seiner Familie eine Weile lebte); 1562 von den mecklenburgischen Herzögen Johann und Ulrich als Superintendent nach Wismar berufen, dort Vertreibung der rel. Minderheiten („reliquias quasdam Sacramentariorum & Anabaptistarum ministerio verbi expurgat“, 609); 1563 Dr. theol. in Rostock; 1568 wieder nach Jena als Theologie-Prof., ebd. auch Pfarrer und Superintendent: nahm am Altenburger Kolloquium teil, leitete die Visitation 1569/70; inzwischen (1569) hatte er sich mit Flacius, mit dem ihn eine langjährige Kampf- und Arbeitsgemeinschaft verbunden hatte, aufgrund eines Dissenses über dessen Erbsündenlehre verfeindet; 1573 übernahm Hz. August v. Sachsen die vormundschaftl. Regierung in Weimar und ließ JW absetzen und des Landes verweisen − Hz. Johann Wilhelm v. Weimar hatte ihn zu versch. wichtigen Aufgaben herangezogen; 1573 gingen JW und der zus. mit ihm abgesetzte Heshus nach Braunschweig und von dort, durch Hz. Julius und Martin Chemnitz empfohlen, nach Preußen, Prof. für Theologie in Königsberg; 1575 Bf. v. Pomesanien; 1577 wurde Heshus als Bf. v. Samland abgesetzt, nachdem er sich mit JW verfeindet hatte (a) über die theol. Lehre von der Gottheit Christi, (b) es wurden sowohl von JW als auch von Heshus Anschuldigungen erhoben, der jeweils andere habe ihn als Bischof verdrängen wollen: Heshus behauptete, man habe ihn verdrängen und seinen Platz haben wollen, JW warf Heshus vor, er habe seinen Schwiegervater Musäus als Bf. v. Pomesanien einsetzen wollen; der Streit zw. den Anhängern der beiden tobte in Preußen und Braunschweig noch lange fort; nach der Absetzung von Heshus 1577 wurde JW auch Bf. von Samland; 1578 erstellten die in Herzberg am Harz versammelten Theologen − Andreae, Chemnitz, Selnecker u. a. − ein Gutachten, in dem sie JW scharf tadelten, dass er Heshus nicht früher über seinen Irrtum aufgeklärt habe und dass er Richter und Ankläger in einer Person gewesen sei, sie rieten zu JWs Absetzung; die preuß. Regierung wollte dem folgen, aber die Landstände waren dagegen und setzten sich durch; als streitbarer Gnesiolutheraner bekämpfte er die Katechismen von Helding und Canisius, beteiligte sich mit eigenen Schriften am adiaphorist. Streit sowie am Kampf gegen G. Major, A. Osiander, den Synergismus − besonders Strigel und Stößel; 1579 Unterzeichnung der Konkordienformel; zahlreiche theolog. Schriften, von ihm selbst in folgende Bereiche eingeteilt: Dogmatici [libri], Exegetici, Polemici, Historici, Orationes, Propositiones ad disputandum propositae (alle lat.), Lehr-Bücher, Leich-Predigten, Streit-Bücher (dt.); war dreimal verheiratet
1.4. Literatur zur Person
Jöcher 4, 1954-1956; ADB 42 (1897) 452-454 (Brecher); PRE 21 (1908) 270-274 ([Wagenmann +] G. Kawerau); RGG3 6 (1962) 1711 (R. Jauernig); RGG4 8 (2005) 1542 (Hans-Peter Hasse); ThK2 10 (1965) 1119f. (P. Meinhold); LThK3 6 (1997) 1185 (sv Magdeburger Centuriatoren) (Eckehart Stöve); EncR 4 (1996) 272f. (William R. Russell); TRE 36 (2004) 33-38 (Irene Dingel); Kurt Wein, Johannes Wigand (1523-1587). Preußens erster Botaniker. In: Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin 35 (1942) 160-205; Wilhelm Preger, Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit. 2 Bde. Erlangen 1859/61 (= ND Hildesheim/Nieuwkoop 1964); Paul Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre samt ihren innerprotestantischen Gegensätzen. Göttingen 1910 (= ND 1979); Joachim Maßner, Kirchliche Überlieferung und Autorität im Flaciuskreis. Studien zu den Magdeburger Zenturien. (= Arbeiten zur Geschichte u. Theologie d. Luthertums 14). Berlin 1964; Friedrich Bente, Historical Introductions to the Book of Concord. Reprint, Saint Louis 1965 (zuerst 1921); Heinz Scheible, Die Entstehung der Magdeburger Zenturien. Ein Beitrag zur Geschichte der historiographischen Methode. (= Schriften des Vereins für Reformationsgesch. 183, Jg. 72). Gütersloh 1966. 13 Anm. 7 (JW besorgte die Endredaktion der Zenturien). 31 (W war 1553 eines der 4 Mitglieder des von Flacius zusammengestellten Kollegiums). 38-46. 50-53. 55-62; Roland Diener, Johann Wiegand, 1523-1587. In: Jill Raitt (ed.), Shapers of Religious Traditions in Germany, Switzerland and Poland, 1500-1600. New Haven/London 1981, 19-38; Martin Brecht/Hermann Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte. Zur Einführung der Reformation im Herzogtum Württemberg 1534. Stuttgart 1984, 436; Robert Kolb, The Advance of Dialectic in Lutheran Theology. The Role of Johannes Wigand, 1523-1587. In: Jerome Friedman (ed.), Regnum, Religio et Ratio. Essays presented to Robert M. Kingdon. (= Sixteenth century essays and studies. Monograph Ser. 8). Kirksville, Missouri 1987, 93-102; ders., Confessing the Faith. Reformers Define the Church, 1530-1580. Saint Louis 1991; ders., Philipp’s Foes But Followers Nonetheless. Late Humanism Among the Gnesio-Lutherans. In: Manfred P. Fleischer (ed.), The Harvest of Humanism in Central Europe. Essays in Honor of Lewis W. Spitz. Saint Louis 1992, 159-177; Irene Dingel, Concordia controversa. Die öffentliche Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 63). Gütersloh 1996; Matthias Richter, Gesetz und Heil. Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und zum Verlauf des sogenannten Zweiten Antinomistischen Streits. (= Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte; 67). Göttingen 1996, 207. 309; Thomas Kaufmann, Universitäten und lutherische Konfessionalisierung. Die Rostocker Theologieprofessoren und ihr Beitrag zur theologischen Bildung und kirchlichen Gestaltung im Herzogtum Mecklenburg zwischen 1500 und 1675. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 66). Gütersloh 1997
Autobiograph. Quelle: Pellikan, Chronikon ed. Riggenbach 156
2.1. Quelle: benutzte Edition
Leben D. Joh. Wigandi, von ihm selbst, mit eigener Hand geschrieben aus dem Original der Königsbergischen Stadt-Bibliothek. In: Fortgesetzte Sammlung von Alten und Neuen Theologischen Sachen. Leipzig 38 (1738) 6. Beytrag, 601-620
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
keine Editionsprinzipien genannt, keine Beschreibung der Hs., Ort der Hs. nur aus der Überschrift erkennbar, keine Anmerkungen; am Schluss setzt der Hg. hinzu (dt.): „Hier hat Wigandus Spatium gelassen. Er ist aber gestorben A. 1587. den 21. Oktobr.“ (620)
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
-
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
-
3.1. Abfassungszeit
1586 (613)
3.2. AdressatInnen
nicht erwähnt
3.3. Funktion der Quelle
Darstellung seines Lebens, die den Akzent auf berufliche Themen und auf seine Aktivitäten legt, Niederlagen verschweigt oder umdeutet und damit schwere Brüche seiner berufl.-theol. Identität bearbeitet
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
hsl.; Ort (1738 ed.): Königsberg Stadtbibliothek
4.1. Berichtszeitraum
1523-1586
4.2. Sprache
lat.
4.3. Form der Quelle
Er-Form, Prosa, Autobiographie
4.4. Inhalt
Ausbildung, berufl. Positionen, theol. Streitigkeiten, eigene theol. Werke (615-620); nicht erwähnt: die zweimalige Absetzung in Jena, die zunächst enge Zusammenarbeit und dann der Bruch und die Feindschaft mit Flacius, Eheschließung und Kinder