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Georg Spalatin

Georg Spalatin

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Georg Spalatin [eigtl. Burckhardt]

Jurist; Novizenlehrer; Priester; kurfürstl. Erzieher, Bibliothekar, Rat; Stadtprediger; Humanist; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 17. o. 14. (EncR) 01. 1484 Spalt nahe Nürnberg (danach genannt)

† 16. 01. 1545 Altenburg

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Georg Burckhardt (+ 1484) war Rotgerber, besaß kleines Haus, Eltern in nicht rechtsgültiger Ehe miteinander verbunden; erster Schulunterricht in Spalt an der Schule des St. Nikolaus-Stifts; mit 13 Jahren besuchte er in Nürnberg die Schule von St. Sebald, in seiner Nürnberger Schulzeit konnte er bei Verwandten namens Kilian wohnen, mit denen er sein ganzes Leben hindurch nahe verbunden blieb; 1498 Universität Erfurt; 1499 Bacc. art.; in Erfurt schloss er sich dem Thüringer Nikolaus Marschalk an, der bahnbrechend für den Erfurter Humanismus wurde; 1502 zusammen mit Marschalk Wechsel an die neugegründete kursächs. Univ. Wittenberg, dort 1503 M. A., dann Jurastudium wie sein Lehrer; 1504 trennte er sich von Marschalk und kehrte nach Erfurt zurück, um seine jurist. Studien weiterzuführen; Ende Dez. war er in Gotha bei Mutianus Rufus, an den ihn Marschalk empfohlen hatte, es muss wohl der Antrittsbesuch gewesen sein; 1505 Studienende, Hauslehrer bei Patrizierfamilie und Stellensuche; Novizenlehrer im Zisterzienserkloster Georgenthal; Mutian, der ihn in seiner Nähe behalten wollte, vermittelte ihm die Georgenthaler Stelle, dort wurde ihm auch die Bibliothek anvertraut; 1507 Ernennung zum Notar; Mitglied des Humanistenkreises um Mutian, Eobanus Hessus etc. − er fand hier Aufnahme in Mutians engeren humanist. Freundeskreis, auf Mutians Anregung wandte er sich hier einem humanist. orientierten Studium der Bibel zu; 1507 erhielt er die Pfarre Hohenkirchen, die er zunächst wohl selbst versorgte; 1508 in Erfurt Priesterweihe; erste Bibellektüre in selbstgekauftem Exemplar; 1508 wollte Spalatin als Nachfolger seines ehem. Lehrers an St. Sebald nach Nürnberg gehen; Mutian empfahl ihn Kf. Friedrich III. v. Sachsen als Lehrer für dessen Neffen Johann Friedrich; 1509 Erzieher am kurfürstlichen Hof, fertigte für den Kurfürsten Übersetzungen aus lateinischen Schriften an; 1510 beauftragte ihn der Kf. mit der Abfassung einer Sächs. Chronik; 1511 in Wittenberg als Mentor der Neffen des Kurfürsten und Kanonikus in Altenburg; 1512 kurfürstlicher Bibliothekar − Interesse an neuer historischer Literatur, ab 1514 Ausarbeitung chronikalischer Werke und wichtigster Rat des Kurfürsten; 1516 Berufung in die kurfürstl. Kanzlei und Übersiedlung an den Hof, Hauptarbeitsfeld: Kirchen- und Universitätsangelegenheiten; ab 1518 förderte er in dieser Eigenschaft die von Luther und Melanchthon geforderte Universitätsreform; ab 1518 auch − wichtigster, da ständig verfügbarer − Beichtvater des Kf.; 1522 Ernennung zum Hofprediger; enge Beziehung zu Luther; Luther wurde sein theol. Lehrer, den er oft um Rat fragte, Spalatin wiederum interpretierte Luthers Auffassungen dem Kf. und sicherte ihm dessen dauerhaften Rückhalt; bei seinen Bemühungen, den Kf. für Luther zu gewinnen, fand Spalatin eine nicht zu unterschätzende Hilfe an seinem ehem. Zögling, dem Kurprinzen Johann Friedrich; 1525 Heirat mit Katharina Heidenreich aus Altenburg, deren Vater dort Chorsänger und Bürger war, in dieser Ehe 2 Töchter, 1532 und 1533 geb.; nach dem Tod Friedrichs des Weisen 1525 ständiger Wohnsitz in Altenburg, dort erster Stadtprediger; 1526 nahm Kf. Johann Friedrich ihn als Hofprediger mit auf den Speyerer Reichstag; 1527 Berufung in die Visitationskommission für das Altenburger Gebiet, wurde auch bei späteren Visitationen herangezogen (Gemeinden, Universität Wittenberg); 1528 Superattendent des Altenburger Sprengels; 1530 nahm ihn Kf. Johann Friedrich zum Augsburger Reichstag wiederum als Berater mit; ab 1540 Entlastung von vielen kurfürstl. Anforderungen, v. a. Reisen, stärker historiographisch tätig, u. a. im kurfürstl. Auftrag gg. Hz. Heinrich v. Braunschweig-Lüneburg; für damalige Verhältnisse recht wohlhabend

1.4. Literatur zur Person

ADB 35 (1893 ND 1971) 1-29 (Georg Müller); BBKL 10 (1995) 865-868 (Karl Dienst); LThK2 9 (1963) 934f. (Erwin Iserloh); LThK3 9 (2000) 802f. (Rolf Decot); RGG3 6 (1962) 221 (Irmgard Höß); RGG4 7 (2004) 1534 (Michael Beyer); PRE 18 (1906) 547-553 (Theodor Kolde); EncR 4 (1996) 96-99 (Irmgard Höß; transl. from German by Anna-D. Henning); TRE 31 (2000) 605-607 (Helmar Junghans); Fränkische Lebensbilder NF 8 (1978) 35-50 (Irmgard Höß); Schottenloher (1932ff.) 20266-20296. 58271-58282; Caspar Sagittarius/Christian Schlegel, Historia vitae Georgii Spalatini, Theologi, Politici primique Historici Saxonici viri de ecclesia et republ. Infinitis modis meriti. Praeside Caspare Sagittario. Publicae disquisitioni exposita ab Christiano Schlegelio. Jenae 1693 (zugl. Diss.); Adolf Seelheim, Georg Spalatin als Sächsischer Historiograph. Ein Beitrag zur Geschichtsschreibung des Reformationszeitalters. Halle 1875; Heinrich Julius Kaemmel, Geschichte des deutschen Schulwesens im Uebergange vom Mittelalter zur Neuzeit. Leipzig 1882 (ND Hildesheim u.a. 1986), 290f. 311. 342. 379. 403 Anm. 1; Hans Volz, Bibliographie der im 16. Jahrhundert erschienen Schriften Georg Spalatins. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 5 (1958) 83-119; Ingetraut Ludolphy, Friedrich der Weise. Göttingen 1989; Irmgard Höß, Georg Spalatin. Ein Leben in der Zeit des Humanismus und der Reformation. 1484 bis 1545. Weimar 1956 (2. durchges. u. erw. Aufl. Weimar 1989); dies., The Lutheran Church of the Reformation. Problems of its Formation and Organization in the Middle and North German Territories. In: Lawrence P. Buck/Jonathan W. Zophy (eds.), The Social History of the Reformation. Columbus (Ohio) 1972, 317-339; dies., Georg Spalatins Beziehungen zu Schweinfurt. In: Johannes Strauß/Kathi Petersen (Hgg.), Streiflichter auf die Kirchengeschichte in Schweinfurt. Schweinfurt 1992, 19-27; dies., Das Jugendbildnis Georg Spalatins von Lucas Cranach d. Ä. 1509. In: Archiv f Reformationsgesch 87 (1996) 400-404; Martin Treu, Die deutsche Übersetzung der „Querela pacis“ des Erasmus durch Georg Spalatin, ein Beispiel für die volkssprachliche Rezeption des humanistischen Friedensgedankens. In: James Hardin/Jörg Jungmayr (Hgg.), „Der Buchstab tödt − der Geist macht lebendig“. FS zum 60. Geburtstag von Hans-Gert Roloff v. Freunden, Schülern und Kollegen. Bern u. a. 1992, 519-532; Thomas Klein, Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen, 1586-1591. (= Mitteldeutsche Forschungen 25). Köln/Graz 1962, 289. 291. 306; Heinrich Kramm, Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert. In: Vjs f Sozial- und Wirtschaftsgesch 51 (1964) 454-491: 458 (Hauslehrer bei einer Erfurter Patrizierfamilie). 471 (Namenswechsel als Magister); Christine Treml, Humanistische Gemeinschaftsbildung. Sozio-kulturelle Untersuchung zur Entstehung eines neuen Gelehrtenstandes in der frühen Neuzeit. (= Humanistische Texte und Studien 12). Hildesheim/Zürich/New York 1989, 20 (Prinzenerzieher). 66 (Mitglied des Erfurter Dichterkreises, stellte vielleicht die Verbindung zwischen dessen 1. Leiter Mutian und den Erfurter Mitgliedern her). 67 (Auftrag Mutians, mit Urban zus. das Leben Christi zu beschreiben und das Buch über Mutian als Vermittler dem Kft. zu widmen)

2.1. Quelle: benutzte Edition

Vita Georgii Spalatini. In: Georg Berbig (Hg.), Spalatiniana (= Quellen und Darstellungen aus der Geschichte des Reformationsjahrhunderts, Bd. 5). Leipzig 1908

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Edition einer hsl. Abschrift; zugrunde lag vielleicht ein zum Druck bestimmtes Originalmanuskript

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Berbig ed. (s.o. 2.1.) 1-9; Rez.: Kawerau. In: Dt. Lit.ztg. 28 (1907) 82ff.; Bossert. In: Theol. Lit.ztg. 32 (1907) 690ff.; W. Walther. In: Theol. Litteraturblatt 28 (1907) 553ff.; de Boor/Newald IV,2 (1973) 225; Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

-

3.1. Abfassungszeit

1534 (s. Titel) (oder: bis 1534?); am Schluss Informationen zu 1539. 1541. 1542

3.2. AdressatInnen

nicht genannt; selbst? weiteres Publikum durch Druckveröffentlichung (s. 2.2.)?

3.3. Funktion der Quelle

nicht genannt; Festhalten der Erfolgsstationen

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl., Abschrift

4.1. Berichtszeitraum

1484-1542

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Prosa; Wechsel zwischen Er- und Ich-Form; annalistisch, knapp

4.4. Inhalt

zunächst Lebenslauf, die Erfolgsstationen knapp wiedergebend (Studium, Hofamt, Heirat), dann achronologisch angehängte weitere Lebensdaten bis 1542: Kurfürstlicher Dienst, Käufe und Verkäufe, ehrende Auftritte GSs in der (höfischen) Öffentlichkeit. Ausgeblendet: Alltag (wissenschaftlich, pastoral, familiär). Der Kurfürst ist hauptsächliche Bezugsperson, berühmte reformatorische Theologen werden gelegentlich ehrfürchtig erwähnt

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