Heinrich Pantaleon
Heinrich Pantaleon
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Heinrich Pantaleon
Theologe; Arzt Dr. med.; Prof. f. Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Theologie, Medizin; Historiker; Comes palatinus, poeta laureatus; ref. (zw.).; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 13. 07. 1522 Basel
† 03. 03. 1595 ebd.
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Christian prot.; 1529-37 Lateinschule; Ratsherr Rudolf Frey wird sein Patron: HP wohnte bei ihm und half seinem Sohn in der Schule; Angebot eines Druckers, HP als Korrektor zu beschäftigen, Zustimmung des Patrons und des Vaters; nach einem halben Jahr geht HP von dort nach Freiburg an die Lateinschule „auß guter freünden rath“, weil er in der Druckerei das Gelernte wieder vergisst; daraufhin holt ihn sein Patron wieder zurück und lässt ihn an der Univ. einschreiben; an der Univ. ist Simon Grynäus sein Lehrer und Mäzen (schenkt ihm Bücher als Lernmotivation); 1539 schickt ihn der Vater auf Bitten eines Onkels zu diesem nach Augsburg, der ihn weiter zur Univ. gehen lassen will, aber ihm dann die Übernahme seiner Druckerei anträgt; HP lehnt ab, der Onkel ist ärgerlich; HP spricht mit dem ehemaligen Baseler Lehrer Betuleius, der ihm zu helfen verspricht und ihn als Dolmetscher an einen it. Arzt vermittelt, der nach Ingolstadt geht; Studium der Medizin bei dem Arzt und der artes in Ingolstadt; 1540 geht der Arzt nach Italien zurück, empfiehlt HP, mit dem Studium fortzufahren und gibt ihm Geld für ein Jahr; mit Hilfe eines Rufachers wird er in Heidelberg ins Dionysianer-Kolleg aufgenommen, dort Studium der artes und Poetik, 1541 Bacc.; bis 1543 Philosophiestudium; 1543 Rückkehr auf den Ruf der Baseler „h. Deputaten“ hin, obgleich er auch in Heidelberg und Worms Stellenangebote gehabt hätte, dennoch Rückkehr „weil er aber das Vatterland geliebet“; dort Fortsetzung des Studiums; erhielt nach seiner Rückkehr durch Verwendung seines Studiengenossen Konrad Lykosthenes freie Wohnung im Collegium, 1544 Mag. und Prof. am Pädagogium (Justins Historien, Grammatik); 1545 Heirat mit Cleophe Kösin, dadurch gewann er den Bürgermeister Theodor Brand als Verwandten und Patron; zwölf Kinder in dieser Ehe; Studium von „fürnemblich“ Medizin und Theologie; „Weil er aber auß guter freünden rath fürnemmlich in Theologey verharret“, 1545-52 Diakon von St. Peter, zugleich hielt er Vorlesungen über Grammatik, Dialektik, Rhetorik an der Univ.; 1547 Decanus artium, 1548-51 zusätzlich Prof. für Dialektik; Lektüre der Kirchenväter und Erstellung von Indices und Registern auf Anfrage Frobens; verfasste Epicedien, Komödie, Kirchengeschichte (gedr. erstmals 1550 u.ö.); Theologie-Vorlesungen, 1552 lic. theol.; 1552 erhielt ein anderer Bewerber die Pfarrstelle an St. Peter, wirklicher Grund wohl seine häufige Teilnahme an Volkslustbarkeiten, die ihm als Mangel an geistl. Würde angerechnet wurden, er legte daraufhin seine Predigerstelle nieder; weil er beim Predigen zu schnell sprach, rieten ihm „fromme gelehrte leüt“, sich auf Medizin zu konzentrieren, also jetzt vorwiegend Medizin-Studium; 1553 Studienreise nach Frankreich „auß guter freünden rath“, Zusammentreffen mit Felix Platter, Dr. med. in Valence; ab Ende 1553 Arztpraxis und Univ.-Vorlesungen; 1556 an der Univ. Basel Prof. für Dialektik; 1557 Prof. für „Physica oder Lection in natürlicher Philosophey“, diese hatte HP bis zur Abfassungszeit (1570) inne; 1557 städt. Approbation als Arzt; 1558 med. Dekan; der 3. Band seiner Prosopographia (Beginn mit Maximilian I.) trug ihm seitens des Ks. Maximilian II. die Ernennung zum Poeta laureatus und Pfalzgrafen ein; historiographische Übersetzer (Sleidan, Cardano, Paulus Jovius, Martin Chromer, Herbersteins „Moscovia“, Johannes Nauclerus, Evonymus Geßner) und Schriftsteller (Märtyrerleben, biogr. Lex. lat. und dt., Pesttraktat; Diarium historicum)
1.4. Literatur zur Person
Jöcher 3 (1751) 1227; Jöcher-Adelung 5. Erg.-Bd. (1816) 1499f. (Schriften); ADB 25 (1887) 128-131 (Johannes Bolte); Hans Buscher, Heinrich Pantaleon und sein Heldenbuch. Diss. Basel 1946; ders., Der Basler Arzt Heinrich Pantaleon (1522-1595). (= Veröffentlichungen der Schweizerischen Ges für Gesch der Medizin und der Naturwissenschaften XVII. Aarau 1947 (= Separat-Abdruck aus Diss.); Peter P. Rohrlach, Pantaleon (Pantlin, Bantlin), Heinrich, 1566 (1570)-1595. In: Hofpfalzgrafen-Register 1. Hg. v. Herold, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin, bearb. v. Jürgen Arndt. Neustadt a. d. Aisch 1964, 113-129; Beat R. Jenny, Humanismus und städtische Eliten in Basel im 16. Jahrhundert. In: Klaus Malettke/Jürgen Voss (Hgg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 15. Jahrhundert/Humanisme et Elites des cours et des villes au XVIe siècle. 23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg 6.-9. April 1987. (= Pariser Hist Studien 27). Bonn 1989, 319-359: 325f. (auch zur Autobiographie). 336. 353; ders., Der Bibliothekar Heinrich Pantaleon. In: Lorenz Heiligensetzer/Isabel Trueb/Martin Möhle/Ueli Dill (Hgg.), „Treffenliche schöne Biecher“. Hans Ungnads Büchergeschenk und die Universitätsbibliothek Basel im 16. Jahrhundert (mit einem Ausblick auf spätere Geschenke). Kat. zur Ausstellung der UB Basel, 27. August-5. November 2005. Basel 2005, 108-115; Lorenz Heiligensetzer, Der Bibliothekskatalog von Heinrich Pantaleon (1559). In: Lorenz Heiligensetzer/Isabel Trueb/Martin Möhle/Ueli Dill (Hgg.): „Treffenliche schöne Biecher“. Hans Ungnads Büchergeschenk und die Universitätsbibliothek Basel im 16. Jahrhundert (mit einem Ausblick auf spätere Geschenke). Kat. zur Ausstellung der UB Basel, 27. August-5. November 2005. Basel 2005, 105-107; Ueli Dill, Pantaleons Katalog der Druckergeschenke. In: ebd., 130
Autobiogr. Quellen: Felix Platter, Tagebuch ed. Lötscher 84. 182-186. 194. 223. 308. 335
2.1. Quelle: benutzte Edition
HP, Autobiographie. (a) In (am Schluss): ders., Prosopographiae heroum atque illustrium virorum totius Germaniae. In hac personarum descriptione omnium tam armis et autoritate, quam literis & religione totius Germaniæ celebrium uirorum Vitæ & res præclarè gestæ bona fide referuntur, à Maximiliano primo Cæsare, atque anno post Christi natiuitatem millesimo quingentesimo, ad Maximilianum eius nominis secundum Cæsarem, ipsumque annum præsentem millesimum quingentesimum sexagesimum sextum usque. Tres partes. Basel 1565/1565/1566. Pars tertia, 560-565
(b) dt.: Heinrich Pantaleon Medicus vnd Historicus. In: Der Dritte vnd letste Theil || Teutscher Na-||tion Warhafften Helden: Inn diesem || werden aller Hochberümpten Teutschen Personen / Geistlicher vnd || Weltlicher / hohen vnnd nidern stadts / Leben vnnd nammhaffte Thaten gantz || warhafftig beschrieben / welliche durch jhre tugendt / grosse authoritet / starcke waffen / frommkeit / weißheit / vnd || gute künst / vnder den fünff letsten Keysern Maximilian I. Carolo V. Ferdinando / Maximilian II. || vnd Rudolphen II. von dem 1500. biß auff das lauffende 1578. jar / jhr Vatterland || Teütsche Nation höchlich bezieret / vnd groß gemachet. || Erstlich durch den Hochgelehrten Herren Heinrich Pantaleon || fast auß aller Völckern Historien / Chronecken / vnnd Geschichtrodeln (...) in Latein zusamen gebracht / (...) verteutschet / reichlich gemehret / geen-||deret / vnd gebesseret (...). Basel 1578, p. 529-534
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
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2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Buscher (1946) (s.o. 1.4.); Jenny (1989) (s.o. 1.4.) 325f.; de Boor/Newald IV,2 (1973) 425f.; Jancke (2002) 203-206 (Rezeptionskreise); Beat Rudolf Jenny, Heinrich Pantaleons Prosopographia. In: Lorenz Heiligensetzer/Isabel Trueb/Martin Möhle/Ueli Dill (Hgg.), „Treffenliche schöne Biecher“. Hans Ungnads Büchergeschenk und die Universitätsbibliothek Basel im 16. Jahrhundert (mit einem Ausblick auf spätere Geschenke). Kat. zur Ausstellung der UB Basel, 27. August-5. November 2005. Basel 2005, 137
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
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3.1. Abfassungszeit
(a) zwischen 19. 04. und 12. 07. 1566
(b) 1569 (Fertigstellung des Werkes) bis 1578 (Druck)
3.2. AdressatInnen
(a) Widmung an Kaiser Maximilian II.; alle Leser der „Prosopographia heroum atque illustrium virorum totius Germaniae“ (Gelehrte)
(b) Widmung an die Pfalzgrafen Johann Casimir und Christoph; Jugend und „hohen personen / so mit grossen geschefften beladen“ (I, iir), die keine Zeit haben für die Beschäftigung mit den Normen an sich; Unterscheidung: Gebote (abstrakte Normen, intellektuelles Lernen) vs. Exempel (konkretisierte Normen in Geschichten)
3.3. Funktion der Quelle
(a) Selbstpräsentation in einer Gelehrtenbiographie neben anderen viri illustres, (Selbst-)Würdigung und (Selbst-)Lob als Gelehrter
(b) vorbildliche Lebenswege und -werke als Exempla für drei Typen v. biogr. Normen (ausschließlich Männer, Männlichkeit wird betont): (1) mil. und gesetzgeberische Aktivitäten; (2) geistl. Herren, Missionare, Prediger; (3) Märtyrer sowie Schriftsteller, Gelehrte (I, iiv)
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
gedr. nach Absicht des Autors
4.1. Berichtszeitraum
(a) 1522-1566 (Geburt bis Abfassungszeit)
(b) ca. 1529-ca. 1570
4.2. Sprache
(a) lat.
(b) dt.
4.3. Form der Quelle
(a) Er-Form; Gelehrtenbiographie im Rahmen einer Biographiensammlung über heroes und viri illustres; nichts zeigt an, dass es sich um eine Autobiographie handelt
(b) Ich-Form, Prosa; abschließender biogr. Artikel eines dreiteiligen biogr. Lexikons, mit sechs Druckseiten wesentlich länger als die meisten anderen Art. (eine halbe bis eine Seite); HP schließt seine Autobiographie mit Erläuterungen zum vorliegenden Werk, wodurch der Art. den Charakter eines Nachwortes zum ganzen Werk erhält (vgl. z.B. Hans Sachs’ autobiogr. Vor- und Nachworte): dt. Ausgabe vermehrt und verbessert, aber auch um einige Art. gekürzt; im zeitgesch. 3. Teil besondere Rechtfertigungen, dass noch Lebende als Exempla aufgenommen sind, da niemand vor seinem Tod glückselig genannt werden könne; ferner bezieht HP in diesem Zusammenhang den Standpunkt, dass er als Nicht-Partei Exponenten konträrer Parteiungen (kath./prot.) als vorbildlich präsentieren könne; HP nennt analog zu den anderen biogr. Art. auch für seinen autobiogr. Art. als Quelle: Conradi Lycosthenis Compendium Bibliothecae (gemeint ist vermutlich die Überarb. v. Gesners Bibliotheca universalis durch Conrad Lycosthenes: Conradi Lycosthenis scriptorum omnis generis quorum et memoria extat ... ad nostra usque tempora catalogus ex Conr. Gesneri bibliotheca in compendium redactus et auctorum accessione auctus. Basel 1551); ausführlicher Bildungs- und Berufslebenslauf
4.4. Inhalt
(a) Informationen über sein Gelehrtenleben: seine Lehrer, alle Titel, Funktionen und Aufgaben, die er erfüllt hat, ferner die Werke, die er verfasst hat; Persönliches bleibt weitgehend unerwähnt (Ausnahme: er erwähnt, dass er Vater wurde, aber nicht, dass er zwölf Kinder hatte), ebenso wird Religiöses praktisch nicht thematisiert
(b) Schulen, Studienorte und -fächer; Lehrer, Patrone, potentielle Arbeitgeber, Beratung durch Freunde; Berufstätigkeit, schriftstellerische Arbeiten