Georg Major
Georg Major
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Georg Major [Meier, Maier, Meyer]
Schlossprediger; Rektor; Dr. theol.; Prof. f. Theologie; Hofprediger; Superintendent; luth.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 25. 04. 1502 Nürnberg
† 28. 11. 1574 Wittenberg
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
1511 Immatrikulation in Wittenberg und Erziehung am kurfürstl. Hof als Sängerknabe; 1521 nahm er das Studium auf, 1522 Bacc. und vermutlich 1523 Mag.; bekam ein Nürnberger Stipendium und ernährte sich zusätzlich in Wittenberg als Hauslehrer; nach Wittenberger Studienjahren 1529 in der Nachfolge C. Crucigers Rektor des Johannesgymnasiums in Magdeburg; 1528 Heirat mit Margarethe v. Mochau (gest. 1577) in Wittenberg, in dieser Ehe sechs Töchter und sechs Söhne, die meisten starben vor ihm; 1537 v. Luther ordiniert; 1537 Schlossprediger in Wittenberg, und gleichzeitig lehrte er an der artistischen und seit 1541 auch an der theologischen Fakultät; viermal Rektor: 1540/41, 1544/45, 1561, 1567; seit 1542 geistl. Mitglied des Wittenberger Konsistoriums; 1544 Promotion zum Dr. theol. durch Luther; tauschte 1545 seine Predigerstelle gg. die Professur des Justus Jonas f. Theologie in Wittenberg; wurde nach Luthers Tod einer der v. den Gnesiolutheranern am heftigsten angefeindeten Philippisten; nahm 1546 in Vertretung Melanchthons am Regensburger Religionsgespräch teil; nach dem Ausbruch des Schmalkald. Krieges publizierte er gg. Ks. und Papst, floh mit seiner Familie nach Magdeburg und kehrte 1547 zurück; Aug. 1547-Febr. 1548 Hofprediger und Stiftssuperintendent Georgs III. v. Anhalt in Merseburg, bis ihn Kurf. Moritz 1548 wieder an die Univ. und das Konsistorium in Wittenberg zurückberief; beteiligte sich neben Melanchthon an Verhandlungen zur Einführung des Augsburger Interims 1548; Ende 1551-Ende 1552 Superintendent in Eisleben, dort heftige Gegnerschaft v. Seiten der Gnesiolutheraner, seit 1551 majoristischer Streit um die Bedeutung der Werke, gg. Amsdorf, Flacius, N. Gallus, W. Waldner u.a.; v. Eisleben kehrte er in seine Wittenberger Ämter zurück; wg. seiner Mitarbeit am Interim und seiner Lehre v. der Heilsnotwendigkeit der guten Werke wurde er von N. v. Amsdorf und M. Flacius angegriffen und 1553 v. den Gnesiolutheranern aus Eisleben vertrieben, wesentlicher Kombattant im majoristischen Streit, bezog mehrfach publizistisch Stellung: 1558 „Bekentnis ... von dem Artickel der Iustification“ (auch niederdt. und lat.), 1567 „Commonefactio historica ...“, „Repetitio“ und „Resignatio magistratus scholastici semestris aestivi“, 1570 „Testamentum“; stärkeren Einfluss als mit diesem Streit übte er auf seine Zeitgenossen mit anderen Werken aus: 1534-37 edierte er drei lat. Psalmenauslegungen Luthers auf dt., eigene Psalmen-Auslegungen: Ps 68 (1551), Ps 22. 68. 72 (1559), Enarratio septem Psalmorum poenitentialium (1565), 1551 Übersicht über erlaubte Verwandtschaftsgrade f. Eheschließungen zur Förderung der pfarramtlichen Tätigkeit, 1552-59 brachte er als Hg. die Wittenberger Lutherausgabe (19bändig) mit vier lat. und acht dt. Bänden zum Abschluss, 1552-65 Exegese aller Paulusbriefe, 1555 Paulusbiographie: Vita S. Pauli apostoli (41963, dt. 1556), 1559 „Auslegung des Glaubens, welcher das Symbolum Apostolicum genennet wird“, 1562-68 „Homiliae“ f. alle Epistel- und Evangelien-Perikopen; seit Bugenhagens Tod 1558 bis zu seinem eigenen war er Dekan der theologischen Fakultät; seit 1572 krank; 1574 erlebte er noch die Katastrophe der Philippisten und musste im Mai die Torgauer Erklärung annehmen; war Autor und Hg. versch. Schulbücher: Luthers Kl. Katechismus lat.-niederdt. und lat.-dt., Plautus, rhetorische Lehrbücher, erläuterter lat. Psalter, diesem wurde häufig sein lat. Gesang- und Gebetbuch beigefügt; Sprichwörterslg.; bearb. f. die ev. Verkündigung altkirchliche Heiligenbiographien (Vitae patrum)
1.4. Literatur zur Person
Jöcher 3 (1751) 54f.; Jöcher-Adelung 4. Erg.-Bd. (1813) 419-424; ADB 20 (1884) 109-111 (Wagenmann); NDB 15 (1987) 718f. (Helmar Junghans); PRE3 12 (1903) 85-91 (Gustav Kawerau), Nachtrag 24 (1913) 57 (Gustav Kawerau); LThK2 6 (1961) 1307f. (Remigius Bäumer); LThK3 6 (1997) 1216f. (Inge Mager); RGG3 4 (1960) 617 (Franz Lau); RGG4 5 (2002) 696 (Irene Dingel); TRE 21 (1991) 725-730 (Heinz Scheible) (Lit.); EncR 2 (1996) 501f. (Robert Kolb); BBKL 14 (1998) 1224-1227 (Karl Friedrich Ulrichs); Johann Christoph Erdmann, Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Univiversität 1502 bis zur dritten hundertjährlichen Saekularfeyer 1802: aus den Matrikeln und andern glaubwürdigen Urkunden. Ein Beitrag zur Kursächs. Reformations- und Kirchengesch. Wittenberg 1804, 32-35; Gustav Wolf, Quellenkunde der deutschen Reformationsgeschichte 2/2. Gotha 1922, 103-110; Luther David Peterson, The Philippist Theologians and the Interims of 1548: Soteriological, Ecclesiastical, and Liturgical Compromises and Controversies with German Lutheranism. Ph. Diss. University of Wisconsin 1974; Robert Kolb, Georg Major as Controversialist. In: Church History 45 (1976) 455-468; Timothy J. Wengert, Georg Major. Defender of Wittenberg’s Faith and Melanchthonian Exegete. In: Heinz Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern. (= Wolfenbütteler Forschungen 73). Wiesbaden 1997, 129-155; Irene Dingel, An patres et concilia possint errare. In: Leif Grane/Alfred Schindler/Markus Wriedt (Hgg.), Auctoritas Patrum. Neue Beiträge zur Rezeption der Kirchenväter im 15. und 16. Jahrhundert. (= Veröffentlichungen des Instituts f Europäische Gesch Mainz, Beiheft 31: Abt Religionsgesch), Bd. 2., Mainz 1998, 51-66; Irene Dingel/Günther Wartenberg (Hgg.), Georg Major (1502-1574). Ein Theologe der Wittenberger Reformation. Leipzig 2005, Rez.: Matthias Pohlig in: Sehepunkte 7,9 (2007), URL: http://www.sehepunkte.de/2007/09/9803 (1.10.07)
Autobiogr. Quellen: Matthias Flacius Illyricus, Erzehlunge ... 1568 ed. Heldelin Viiv (vor der Annahme des Interim redet MF in Wittenberg u.a. Maior zum Widerstand zu). Xiv (besonders Maior wusste, dass sich MF hinter drei anonymen Schriften gg. das Interim verbarg). Aaiv f. (Maior wollte 1552 die „gantze Adiaphoristerey" verteidigen). Ddir („Postilla Maioris“ angeblich voll v. Schmähungen MFs); Daniel Greiser (1587), Autobiographie Liiiv; Abr. Scultetus, Autobiographie (a) lat.: 21, (b) dt. ed. Benrath 26
2.1. Quelle: benutzte Edition
(1) Album Academiae Vitebergensis II: 1560-1602. Halle 1894 (= ND 1976), 19f.
(2) GM, Commonefactio historica de statu eius temporis, quod evangelii lucem praecessit, & quae eius initia, ac qui inter varia impedimenta & pericula eius progressus, qui item faces dissidiorum fuerint & adhuc sint, cui inserta est breuiter Confessio postrema Doctoris Georgij Maioris, de doctrina Iustificationis & bonorum operum, ab eodem recitata, cum abiret Magistratu scholastico, die 18. Octob. Anno 1567. Wittenberg 1567, A1r-C3v (beigebunden in: ders., Primvs tomvs opervm ... Georgii Maioris: cont. enarrationes Epistolarum S. Pavli, electi organi Dei. Witebergae: Joh. Crato 1569, sep. Paginierung (19 Bl.)
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
(1) Ed. der hsl. Eintragungen ins Matrikelbuch als Rektor
(2) Orig.-Druck
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
-
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
(1) -
(2) ders., Primvs tomvs opervm ... Georgii Maioris: cont. enarrationes Epistolarum S. Pavli, electi organi Dei. Witebergae: Joh. Crato 1569, 1199-1205 (Beyer-Fröhlich 5 [1932], 7; dort nur Titelangabe)
3.1. Abfassungszeit
(1) 1561
(2) 1567
3.2. AdressatInnen
(1) alle Leser des Album Academiae Vitebergensis II, in das die Autobiographie eingeschlossen war; besondere Kreise sind nicht präzisiert, es ist aber an Prof.-Kollegen der Wittenberger Univ. zu denken
(2) Wittenberger Publikum
3.3. Funktion der Quelle
(1) Selbstvorstellung als Rektor des Sommersemesters 1561; GM will des 50. Jahrestages seiner ersten Einschreibung an der Univ. Wittenberg gedenken und Gott danken f. die Bewahrung der Univ. und seiner Person, entspr. zeigt er nur die wesentlichen Etappen seiner Karriere auf
(2) zeigen, dass er stets orthodoxer Lutheraner und befugter Statthalter Luthers und Melanchthons in Wittenberg war; Abschied v. den Wittenbergern
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
(1) das Album Academiae Vitebergensis wurde hsl. geführt und scheint nicht f. den Druck bestimmt gewesen zu sein
(2) gedr.
4.1. Berichtszeitraum
(1) 1502 (Geburt)-1561
(2) 1511-1567
4.2. Sprache
(1) lat.
(2) lat.
4.3. Form der Quelle
(1) Er-Form, Prosa; zu Beginn der v. ihm 1561 als Rektor geführten Matrikel, nach einigen einleitenden zeitgesch. Informationen
(2) kein Ego-Dok., eher Soziographie (Univ. Wittenberg als luth. Korporation), GM als Teil der Univ. sowie als Statthalter Luthers und Melanchthons
4.4. Inhalt
(1) Präsentation der Karriere kurz und summarisch mit Fakten: genaue Angaben zu Lehrern, Orten, Jahren, Aufgaben und erlangten Titeln; zusätzlich wenige pers. Angaben: Hochzeit, Tod der Kinder; am Schluss drückt GM den Wunsch aus, im Jenseits Luther und Melanchthon zu sehen
(2) Entwicklung der luth. Gruppierung bis zum Schmalkaldischen Krieg bzw. Luthers Tod (Einheit), dann Konflikte, Feindschaften, Irrlehren, Verleumdungen (v.a. Flacius und Staphylus); eigene Kontinuität als Lutheranhänger im Rahmen der Wittenberger Univ., Kontinuität auch der als Rahmen der indiv. Identität veranschlagten sozialen Größen Univ. Wittenberg und Kfm. Sachsen hinsichtlich des Bekenntnisses (obgleich die durch den Schmalkaldischen Krieg erzwungenen Bekenntnisänderungen ebenfalls eingeräumt werden); Interim als zwangsläufiges Ergebnis des Schmalkaldischen Krieges, Flacius’ Auflehnung dagegen als illegitimer Versuch, Macht zu gewinnen