Martin Luther
Martin Luther
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Martin Luther
Mönch (OESA), Priester, Dr. theol.; Prof. f. Theologie in Wittenberg; Reformator, Ordensaustritt; theologischer Schriftsteller; luth.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 10. 11. 1483 Eisleben
† 18. 02. 1546 Eisleben
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Hans Bergmann, Mutter Margarete Lindemann; 1488-97 Besuch der Mansfelder Stadtschule; danach ein Jahr lang Magdeburger Domschule, wo die Brüder vom gemeinsamen Leben unterrichteten; 1498 nach Eisenach geschickt; Artes-Studium an der Univ. Erfurt seit 1501; 1505 M.A. und Beginn des Jurastudiums, OESA (Observanz) in Erfurt, Nov. 1506 Profess; 1507 Priester; Theologiestudium im Auftrag des Ordens; 1508 Versetzung nach Wittenberg, dort moralphilos. Vorlesungen in der Artistenfakultät; März 1509 Bacc. biblicus, hielt auch biblische Vorlesungen; im Herbst 1509 Rückberufung nach Erfurt, dort Vorlesung über die Sentenzen des Petrus Lombardus; 1510-1511 Romreise in Ordensangelegenheiten; 1511 Klosterprediger in Wittenberg; 1512 auf Veranlassung seines Ordensoberen Staupitz Dr. theol. in Wittenberg und Prof. der Hl. Schrift ebd. (Staupitz-Nachfolge, bis zum Lebensende); bis 1514/15 entwickelte er sein Verständnis der Rechtfertigungstheologie (iustitia dei); zugleich Distriktsvikar seines Ordens f. Meißen und Thüringen; 1517 Ablass-Thesen, daraufhin kirchlicher Prozess; 1519 Leipziger Disputation mit Karlstadt gg. Eck, dort kritisierte Luther den päpstlichen Primat und ebenso die Autorität der Konzilien und vertrat die Schrift als höchste Autorität; 1518-20 zahlreiche Publikationen dt. und lat., in denen er seine Kritik und seine eigene Theologie vortrug und große Öffentlichkeitswirksamkeit entfaltete; 1521 Exkommunikation und Reichsacht, Schutz durch seinen Kurf. Friedrich d. Weise und Aufenthalt auf der Wartburg; 1522 dt. NT-Übers. gedr. (nach der NT-Ausgabe des Erasmus v. 1519), 1534 AT, stellte auch einen teils revidierten, teils neu übers. lat. Bibeltext her; 1522 Rückkehr nach Wittenberg und Predigten gg. die Zwickauer Propheten; 1522 Eheschrift, 1523 „Von weltlicher Oberkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“, Leisniger Kastenordnung, Messreform; 1523/4 Auseinandersetzung mit Müntzer und Karlstadt, in diesem Zusammenhang „An die Ratsherren ..., daß sie christliche Schulen aufrichten sollen“; 1525 Stellungnahme im Bauernkrieg gg. die Bauern: Ablehnung eines bäuerlichen Widerstandsrechtes; 1525 Heirat mit Katharina von Bora, in dieser Ehe sechs Kinder und Erwerb beträchtlichen Wohlstandes (bei Luthers Tod gehörte seine Familie zu den wohlhabendsten in Wittenberg); Herbst 1525 Streit mit Erasmus über den freien/unfreien Willen; ab Mitte 1526 Auseinandersetzung mit Vertretern „spiritualistischer“ Sakramentsverständnisse, wie Zwingli, Ökolampad, Schwenckfeld, v.a. als Abendmahlsstreitigkeiten lebenslang fortgesetzt − Luthers Abendmahlsschriften sind wichtige Quelle f. seine Raum- und Naturauffassungen; 1528-31 krit. Auseinandersetzung mit den Täufern, deren Wirken er nicht nur als Irrlehre, sondern als Aufruhr verstand und ablehnte; 1529 Marburger Religionsgespräch; 1529 Kl. und Gr. Katechismus (Volk/Pfr.); die Neuordnung der theologischen Fakultät 1533 und der Univ. Wittenberg 1536 brachte Luther das ständige Dekanat und die Wiederaufnahme der seit 1522 eingeschlafenen Disputationen, f. die er eine Fülle v. Thesen aufstellte; stimmte 1536 der v. Bucer propagierten Wittenberger Konkordie zu, durch die Süddeutschland sich wieder einem luth. Abendmahls- und Kirchenverständnis öffnete; 1537-39 Auseinandersetzung mit Johann Agricolas antinomist. Auffassung seiner Lehre v. Gesetz und Evangelium; im Zusammenhang mit dem geplanten Konzil stellte er 1539 seinen Kirchenbegriff in „Von den konziliis und Kirchen“ dar; 1539 Zustimmung zu Landgf. Philipps v. Hessen Doppelehe; Konflikte mit den Hofbeamten und Juristen um Kirchen- und Ehefragen; trat seit 1538 f. ein Verbot jüd. Gottesdienste und auch Vertreibung v. Juden ein („Wider die Sabbather“, 1538; „Wider die Juden und ihre Lügen“, 1543); dichtete 36 deutsche Kirchenlieder
1.4. Literatur zur Person
ADB 19 (1884) 660-692 (Julius Köstlin); NDB 15 (1987) 549-561 (Gerhard Müller); LThK2 6 (1961) 1223-1230 (Hubert Jedin) (Lit.); LThK3 6 (1997) 1129-1140 (Otto Hermann Pesch/Werner Besch); RGG3 4 (1960) 480-520 (H. Bornkamm/G. Ebeling); RGG4 5 (2002) 558-600 (Karl-Heinz zur Mühlen); TRE 21 (1991) 513-594 (I Leben: Martin Brecht/II Theologie: Karl-Heinz zur Mühlen/III Wirkungsgesch.: Walter Mostert); PRE 11 (1902) 720-756 (Julius Köstlin); BBKL 5 (1993) 447-482 (Manfred Schulze); EncR 2 (1996) 461-467 (Martin Brecht; transl. from German by Wolfgang Katenz); EncRen 3 (1999) 459-462 (Richard Marius); Heinrich Julius Kaemmel, Geschichte des deutschen Schulwesens im Uebergange vom Mittelalter zur Neuzeit. Leipzig 1882 (ND Hildesheim u.a. 1986), Reg sv; Heinrich Bornkamm, Luther als Schriftsteller (1965). In. ders., Luther. Gestalt und Wirkungen. Gesammelte Aufsätze. (= Schriften des Vereins f Reformationsgesch 188, Jg. 80, 81 und 82,1). Gütersloh 1975, 39-64; ders., Martin Luther in der Mitte seines Lebens. Das Jahrzehnt zwischen dem Wormser und dem Augsburger Reichstag. Aus dem Nachlaß hg. v. Karin Bornkamm. Göttingen 1979; Martin Brecht, Martin Luther. Sein Weg zur Reformation 1483-1521. Stuttgart 1981; ders., Luther als Schriftsteller. Zeugnisse seines dichterischen Gestaltens. Stuttgart 1990; Bernhard Lohse, Martin Luther. Eine Einführung in sein Leben und sein Werk. München 1981; ders., Luthers Selbsteinschätzung (1985). In: ders., Evangelium in der Geschichte Studien zu Luther und der Reformation. Hg. v. Leif Grane/Bernd Moeller/Otto Hermann Pesch. Göttingen 1988, 158-175; ders., Luthers Theologie in ihrer hist. Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang. Göttingen 1995; ders., Luthers Selbstverständnis. In: Wartburg-Jb (Sonderbd. 1996) 44-62; Helmar Junghans, Der junge Luther und die Humanisten. Weimar 1984; ders. (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Festgabe zu seinem 500. Geburtstag. 2 Bde. Göttingen 1983; Heiko A. Oberman, Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel. Berlin 1981; [Kat.] Martin Luther und die Reformation in Deutschland. Ausstellung zum 500. Geburtstag Martin Luthers. Veranstaltet v. Germanischen Nationalmuseum Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Verein f. Reformationsgesch. Frankfurt, M. 1983; James M. Kittelson, Luther the Reformer: The Story of the Man and His Career. Minneapolis 1986; Roland H. Bainton, Here I stand: A Life of Martin Luther. London 2002 (zuerst New York 1950) (Biographie); Eric W. Gritsch, Martin − God’s Court Jester: Luther in Retrospect. Philadelphia 1983 (= ND 1991); Maximilian Lorenz Baeumer, Die Reformation als Revolution und Aufruhr. (= Forschungen zur Lit.- und Kulturgesch 30). Frankfurt, M. [u.a.] 1991; Gerhard Hahn, „Res sine verbis Lutherus“. Konturen der Autorschaft Martin Luthers. In: Walter Haug/Burghart Wachinger (Hgg.), Autorentypen. (= Fortuna vitrea 6). Tübingen 1991, 130-143; Oswald Bayer, Leibliches Wort. Reformation und Neuzeit im Konflikt. Tübingen 1992; Erik H. Erikson, Young Man Luther. A Study in Psychoanalysis and History. (= Austin Riggs Monograph 4). New York 1958 (= ND 1993); Jörg Baur, Luther und seine klassischen Erben. Theologische Aufsätze und Forschungen. Tübingen 1993; Karl-Heinz zur Mühlen, Die von Luther herkommende Komponente der Aufklärung in Deutschland. In: ders., Reformatorisches Profil. Studien zum Weg Martin Luthers und der Reformation. Gesammelte Aufsätze. Hg. v. Johannes Brosseder und Athina Lexutt. Göttingen 1995, 343-361; Christoph Markschies/Michael Trowitzsch (Hgg.), Luther − zwischen den Zeiten. Eine Jenaer Ringvorlesung. Tübingen 1999; Bernd Moeller, Luther-Rezeption. Kirchenhistorische Aufsätze zur Reformationsgeschichte. Hg. v. Johannes Schilling. Göttingen 2001
2.1. Quelle: benutzte Edition
Praefatio zu Martin Luther: Opera omnia 1, Wittenberg 1545 (Helmar Junghans). In: Martin Luther, Studienausgabe. Hg. v. Hans-Ulrich Delius. Bd. 5. Leipzig 1992, 618-638, Text 624-638 (= WA 54, 179-187)
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
mit ausführlichem Sachkomm.
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Junghans (s.o. 1.4.) Bd. 1, 337f. 526. 699; Bd. 2, 735 Anm. 31. 836 Anm. 52. 841 Anm. 21. 975 Anm. 8 Sartorius, Luthers Urteil über sich selbst, eine Antwort auf P. Denifle’s Schmähschrift. In: Ev. Kirchen-Zeitung 78 (1904) 426f.; R. Wolf, Spener und Luther. Einige Selbstzeugnisse aus Ph. J. Speners Schriften. In: Der alte Glaube 6 (1905) 415-417; D. Scheel, Luthers Rückblick auf seine Bekehrung in der Praefatio zu seinen gesammelten Schriften. In: Zeitschrift f Theologie und Kirche 21 (1911) 89-122; Karl Holl, Luthers Urteile über sich selbst. In: Süddt. Monatshefte 15 (1917/18) I, 17-21, erweitert in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Kirchengesch. Bd. 1. Luther. Tübingen 1921, 326-358 (71948, 381-419); Ernst Stracke, Luthers großes Selbstzeugnis 1545 über seine Entwicklung zum Reformator, historisch-kritisch untersucht. (= Schriften des Vereins f Reformationsgesch Jg. 44 H. 1: Nr. 140). Leipzig 1926; Arthur Melville Clark, Autobiography. Its Genesis and Phases. Edinburgh/London 1935, Folcroft, Pennsylvania 1935/repr. 1969, 31 (Luther als autobiogr. Modell); W. D. J. Cargill Thompson, The Problem of Luther’s “Tower Experience” and Its Place in His Intellectual Development. In: Derek Baker (ed.), Religious Motivation. Biographical and Sociological Problems for the Church Historian. (= Studies in Church History 14). Oxford 1978, 187-211; Marilyn J. Harran, Luther on Conversion. The Early Years. Ithaca/London 1983, 174-193 (Turmerlebnis); Helmar Junghans, Die Widmungsvorrede bei Martin Luther. In: Archiv zur WA 5 (1985) 57-63; Judith Pollmann, A Different Road to God. The Protestant Experience of Conversion in the Sixteenth Century. In: Peter van der Veer (ed.), Conversion to Modernities: The Globalization of Christianity. New York/London 1996, 47-64; Lohse (1981) 108-122 (s.o. 1.4.), (31997) 114-131 („Gelegenheitsschriftsteller“, ohne „schriftstellerischen Ehrgeiz“); Jancke (2002) 152-157 (Patronage)
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
Martin Luther, Vorrede zu Bd. I der Opera Latina der Wittenberger Ausgabe 1545. In: Luthers Werke in Auswahl. Hg. v. Otto Clemen. Bd. 4. Berlin 1913, 421-428 (= WA 54, 179-187); dt. Übers. (und dt. Übers. des v. Melanchthon beigegebenen Geleitworts): durch Johann Funck (späterer Königsberger Osiandrist; damals Prediger in Wöhrd bei Nürnberg, wo er herkam) zus. mit einer Vorrede an Andreas Wolf (Kämmerer der ksl. Freistadt Regensburg) am 4. 7. 1545 bei Johann Petrejus in Nürnberg hg., Bl. A2b-C3a (nach WA 54, 178); dt. Übers.: Vorrede zu Bd. I der lat. Schriften der Wittenberger Luther-Ausgabe 1545. In: Martin Luther. Der Reformator. (= Luther deutsch. Hg. v. Kurt Aland, Bd. 2). Göttingen 21981, 11-21 (nicht immer genau); Stracke (s.o. 2.3.) passim
3.1. Abfassungszeit
5. 03. 1545
3.2. AdressatInnen
gelehrtes (theologisches) Publikum: Pfr.; über Druckschriftenmarkt erreichbar
3.3. Funktion der Quelle
Legitimation des normwidrig unsystematischen Charakters seiner gesammelten Werke; Einordnung seiner Werke in reformations-/kirchengesch. und biogr. Kontext, Abweisung des Vorwurfs, er habe einen Konflikt gewollt, Selbstdarstellung als konservativ und als theologischer Lehrer, der seine Erkenntnisse in hartem Schriftstudium erwarb und der die Schrift als einzige Autorität seiner theologischen Erkenntnisse behandelt (d.h., er reserviert sich selbst als theologischem Forscher und Lehrer die Definitionsmacht); Ehrung Kurf. Friedrichs d. Weisen als seines Patrons, nach dessen Weisungen er sich verhalten habe; als eigtl. Lehr- und Ausbildungsbuch f. Pfr./Theologen nennt Luther Melanchthons Loci communes
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
gedr.; f. den Druck intendiert
4.1. Berichtszeitraum
1517 (Ablassthesen) -1520/21 (Ende des Ablassstreits)
4.2. Sprache
lat.
4.3. Form der Quelle
Vorrede zur wissenschaftlichen (lat.) Ausgabe seiner Werke; Prosa; Ich-Form
4.4. Inhalt
Ablasshandel, Luthers schriftl. Eingreifen, Reichstag in Augsburg, Tod Maximilians; Kurf. Friedrich von Sachsen als Streiter gg. den Papst; Leipziger Disputation; Verhandlungen mit Karl von Miltitz; 2. Psalmenauslegung, vorher: neues Verständnis v. „Gerechtigkeit Gottes“