Johann Aventin
Johann Aventin
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Johann Aventin [Johannes Aventinus, eigtl. Johann Thurmaier/Turmair]
Prinzenerzieher, Historiograph; Humanist; röm.-kath.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 04. 07. 1477 Abensberg (Niederbayern)
† 09. 01. 1534 Regensburg
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Gastwirt; Unterricht im Abensberger Karmeliterkloster; ab 1495 Studium in Ingolstadt (zunächst Theologie), ab 1499 humanistische Studien in Wien, mit Celtis in Kontakt, 1501 Studium in Krakau, 1502 Paris, ebd. 1504 Mag.; die folgenden Jahre Reisen, vorwiegend Aufenthalt in Wien; 1509-16 Prinzenerzieher am Münchener Herzogshof, ab 1517 herzoglich bayrischer Historiograph: „Annales ducum Boiariae“ 1521/gedr. 1554, dt. Bearbeitung der Bayrischen Chronica, Germania illustrata (unvollendet); JA lebte v.a. in Abensberg; 1528 (?) heiratete er in Regensburg seine bisherige Magd Barbara Fröschmann, zwei Kinder, die früh verstarben; Kritik am Papsttum, aber kein Protestant; Briefwechsel mit Melanchthon; Pflege humanistischer Gelehrtenfreundschaft
1.4. Literatur zur Person
ADB 1 (1875) 700-704 (Wegele); NDB 1 (1953) 469f. (Georg Leidinger); LThK2 1 (1957) 1142f. (Hans Rall); LThK3 1 (1993) 1309 (Alois Schmid); RGG3 1 (1957) 795 (Wolfgang Maurer); RGG4 1 (1998) 1022 (Rainer A. Müller); BBKL 1 (1990) 307f. (Friedrich Wilhelm Bautz); EncR 1 (1996) 107 (Gerald Strauss); Rüdiger vom Bruch/Rainer A. Müller, Historikerlexikon. 2. Aufl. München 1991, 16f.; Wilhelm Vogt, Aventins Leben. In: v. Halm/Muncker eds. (s.u. 2.1.) I-LIX; Franz Xaver v. Wegele, Aventin. Zeichnungen v. Peter Halm/Toni Grubhofer. (= Bayerische Bibliothek 10). Bamberg 1890; Maud Übelein, Aventins Geschichtsbewußtsein. Diss. masch. Erlangen 1947; Gerald Strauss, Historian in an Age of Crisis. The Life and Work of Johannes Aventinus, 1477-1534. Cambridge, Massachusetts 1963; Willibald Schmidt, Johannes Turmair, genannt Aventinus. (= Straubinger Hefte 16). Straubing 1966; Aventin und die Geschichte. Zum 500. Geburtstag des großen bayrischen Geschichtsschreibers Johann Turmair, gen. Aventinus aus Abensberg und zum 50jährigen Bestehen der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. In: Zeitschrift f bay Landesgesch 40, 2/3 (1977) (Sonderheft) 326-1043; Karl Bosl, Johann Turmair genannt Aventinus aus Abensberg in seiner Zeit. In: Zeitschrift f bay Landesgesch 40 (1977) 325-340; Eberhard Dünninger, Johannes Aventinus. Leben und Werk des bayerischen Geschichtsschreibers. (= Rosenheimer Raritäten). Rosenheim 1977; Andreas Kraus, Die geistige Welt des Johannes Aventinus. Bayern und der europäische Humanismus. In: Gerhard A. Sitzmann (Hg.), Johannes Aventinus und seine Zeit (1477-1534). Abensberg 1977, 39-61; Alois Schmid, Die historische Methode des Johannes Aventinus. In: Blätter f dt Landesgesch 113 (1977) 338-395; ders., Stadt und Humanismus. Die bayerische Haupt- und Residenzstadt München. In: Klaus Malettke/Jürgen Voss (Hgg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 15. Jahrhundert/Humanisme et Elites des cours et des villes au XVIesiècle. 23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg 6.-9. April 1987. (= Pariser Hist Studien 27). Bonn 1989, 239-275: 243 + Anm. 13; Christine Treml, Humanistische Gemeinschaftsbildung. Sozio-kulturelle Untersuchung zur Entstehung eines neuen Gelehrtenstandes in der frühen Neuzeit. (= Humanistische Texte und Studien 12). Hildesheim/Zürich/New York 1989, 20 (Prinzenerzieher). 47 (JA in Ingolstadt gegr. Sodalität). 59-62 (dto.). 71 (Suche nach historischen Quellen in Klöstern); Andrea von Hülsen-Esch, Gelehrte im Bild. Repräsentation, Darstellung und Wahrnehmung einer sozialen Gruppe im Mittelalter. (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 201). Göttingen 2006, 231 + A 102 (Disputsszene am Katharinenaltar im Ingolstädter Münster enthält Kryptoporträts von Ingolstädter Professoren, u.a. von Aventin; dort auch weitere Lit.); allgemein: Schottenloher (1932ff.), 721a-743; Einzelnes ebd. 744-792
2.1. Quelle: benutzte Edition
[Aventin, Johann:] Hauskalender. In: Johannes Turmair’s, gen. Aventinus, Sämmtliche Werke. Auf Veranlassung des Königs v. Bayern hg. v. der kgl. Akademie der Wissenschaften. 1., 2., 4. Bd. 1. Hälfte. München 1881-82; 3., 4. Bd. 2. Hälfte, 5. Bd. München 1883 und 1884; 6. Bd. München 1908. Bd. 1: Johannes Turmair’s, genannt Aventinus, Kleinere historische und philologische Schriften. Hg. v. Karl v. Halm (lat. Schriften) und Franz Muncker (dt. Schriften). München 1881, 655-689, 658-689 (Text)
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
nach Gandershofer ed. (s.u. 2.4.); Ergänzungen und Berichtigungen aus dem Original bei Keinz (s.u. 2.3.); vier Typen von Einträgen nicht abgedruckt: „1) diätetische Regeln allgemeiner Art mit mediz. Recepten, manchmal ziemlich umfangreich; 2) die Angabe der beweglichen Feste (nur beim 5. Mai 1510 sind die rogationes oder supplicationes, d.h. die alljährlichen Frühlingsbittgänge um die Felder, aufgenommen[)]; 3) die gelegentlich hingeworfenen etymologischen Versuche mit Personen- und Ortsnamen; diese finden sich nur auf dem ersten und letzten Blatte des ganzen Buches und sind in genügender Menge in der Einleitung mitgetheilt; 4) die Wetterberichte.“ (Keinz [s.u. 2.3.] 317); abgedr. sind nur Einträge von zweierlei Art: „Erstens die Berichte über die politischen Zeitereignisse ...; zweitens die Angaben über seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen“ (Keinz [s.u. 2.3.] 318); Beschreibung von Kalender und Hs. bei v. Halm/Muncker eds. (s.o. 2.1.) und Keinz (s.u. 2.3.)
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Friedrich Keinz, Ueber Aventins Tagebuch. (Aventins Hauskalender.) In: Sitzungsberichte der philos.-philol. u. hist. Classe der kgl. bayrischen Akademie der Wissenschaften zu München. 1890. II, 313-328 (Schottenloher [1932ff.] 769) kleinere Nachträge und Berichtigungen zu v. Halm/Muncker eds. (s.o. 2.1.), die sich auf Gandershofer ed. (s.u. 2.4.) stützen und damit wie dieser auf Westenrieders Abschrift; Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
Maurus Gandershofer, Johann Aventin’s, genannt Thurmaier, Haus- und Handkalender. Mit Anton Nagel’s Erläuterungen. In: Verhandlungen des hist Vereins f den Regenkreis 3 (1836) 1-65 (Schottenloher [1932ff.] 768) (nach einer Abschrift Westenrieders, die dieser 1797 dem Pfr. Nagel zum Vergleich mit dem Original gab; unvollst. [?]
3.1. Abfassungszeit
1499-1531 (=4.1.)
3.2. AdressatInnen
selbst
3.3. Funktion der Quelle
nicht angegeben
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
Überlieferung: bis 1803 in der Bibliothek des Klosters Neustift bei Freising, dann nach München; Ort: München, Kgl. Hof- und Staatsbibliothek. (Keinz [s.o. 2.3.] 314); Abschrift durch Westenrieder Ende 18. Jh. liegt beiden bisherigen Drucken zugrunde
4.1. Berichtszeitraum
1499-1531 (=3.1.)
4.2. Sprache
lat.
4.3. Form der Quelle
Ich-Form; eingetragen in gedr. astronomischen Kalender: Almanach noua plurimis annis venturis inservientia per Ioannem Stoefflerinum iustingensem et Jacobum Pflaumen Vlmensem accuratissime supputata et toti fere Europe dextro sydere impartita. Ulm 1499 (für die Jahre 1499-1531 angelegt und in einem Band verkauft, 489 Bll.); jeder Jg. hatte drei freie Seiten, die JA für größere politische Berichte nutzte, während er die alltäglichen Bemerkungen auf den zwei schmäleren Seitenrändern und einem breiteren unteren Rand unterbrachte; JA kaufte diesen umfangreichen Kalenderband vermutlich 1509 und übertrug dann wohl die Eintragungen für die vorangegangenen Jahre aus einem anderen (evt. 1504 gekauften) Kalender in den neuen − vor 1509 sind zwar die politischen Jahresberichte schon wie später vorhanden, Mitteilungen zu einzelnen Tagen aber selten, und meteorologische Notizen beginnen erst 1509, zudem enthalten Einträge zu den ersten Jahren z.T. zeitliche Vorverweise; sechs Typen von Eintragungen: (1) historisch-politische zur deutschen und bayerischen Geschichte; (2) autobiographische sowie in seiner Zeit als Prinzenerzieher biographische über seine Zöglinge; (3) diätetisch-medizinische; (4) etymologische; (5) bewegliche Feste; (6) meteorologische
4.4. Inhalt
persönliche Eintragungen: seine Gesundheitsverhältnisse, materielle Lage, Familie, Studien und Reisen, besonders seine Stellung als Prinzenerzieher und später als Landeshistoriograph