Seminar (S 13200): Aspekte einer Erinnerungsgeschichte der Bundesrepublik
Donnerstag 14-16 Uhr, Koserstr. 20, A 336
Die Geschichte der Bundesrepublik lässt sich in mehrfacher Hinsicht als eine „Erinnerungsgeschichte“ begreifen. Zum einen ist ihre Entwicklung seit 1945 grundlegend durch den historischen Referenzraum des Nationalsozialismus und des Holocaust geprägt; die Bundesrepublik ist Nachgeschichte des Dritten Reiches. Zum anderen hat das Paradigma der „Erinnerung“ die Geschichtswissenschaft ganz allgemein, vor allem aber die Zeitgeschichte, in den letzten zwei Jahrzehnten gründlich herausgefordert und transformiert. Gerade in der öffentlichen Repräsentation von Geschichte dominiert der Blickwinkel der „Erinnerung“ den einer „Rekonstruktion“ der Vergangenheit. Die Grundproblematik einer solchen Erinnerungsgeschichte (und ihrer öffentlichen Bedeutung) wird in dem Seminar ebenso diskutiert wie wesentliche Etappen und Ausdrucksformen der Erinnerungsbildung seit den späten 1940er Jahren. Dabei geht es nicht nur um die Vergegenwärtigung des Nationalsozialismus (oder früherer Epochen der deutschen Geschichte), sondern immer mehr auch um eine „Selbsterinnerung“ der Bundesrepublik, etwa im Kontext der „68er“-Debatten oder von Teilung und Wiedervereinigung.
Einführende Literatur: Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, 2. Aufl. München 1997; Jeffrey Herf, Zweierlei Erinnerung. Die NS-Vergangenheit im geteilten Deutschland, Berlin 1998; Konrad H. Jarausch / Martin Sabrow (Hg.), Verletztes Gedächtnis. Erinnerungskultur und Zeitgeschichte im Konflikt, Frankfurt 2002; Norbert Frei, 1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen, München 2005; Edgar Wolfrum, Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Der Weg zur bundesrepublikanischen Erinnerung 1948-1990, Göttingen 1999.