Dr. Alexander C.T. Geppert

Freitag 10-12 Uhr, Koserstr. 20, A 125

Europäische Geschichte floriert, und das nicht nur in Europa. Parallel zum massiven Bedeutungszuwachs der Europäischen Union und den breiten öffentlichen Debatten über die Zukunft dieses Kontinents im Zeitalter der Globalisierung sind in den letzten Jahren eine Vielzahl historiographischer Arbeiten entstanden, die eine neue europäische Geschichtsschreibung jenseits der ‚alten’ Nationalhistoriographien begründen wollen. Während Öffentlichkeit und Politik eine stärkere Berücksichtigung europäischer Perspektiven in der Geschichtswissenschaft fordern und fördern, melden sich gleichzeitig kritische Stimmen zu Wort, die vor den Gefahren einer affirmativen "EU-Nationalgeschichte" warnen. Doch wie sollte und könnte eine genuin europäische Historiographie aussehen und warum meinen „europäische Geschichte“ und „Geschichte Europas“ nicht notwendig dasselbe? In diesem Grundkurs wollen wir anhand ausgewählter Beispiele eine kritische Zwischenbilanz der jüngeren Geschichtsschreibung zum Komplex „Europa“ ziehen und unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweise auf ihre jeweiligen Stärken und Schwächen hin befragen. Zugleich will der Kurs in Theorien und Methoden der historischen Vergleichs- und Transferforschung einführen und einen breiten Überblick über dieses auch in politischer Hinsicht eminent wichtige Forschungsfeld vermitteln. Unabdingbare Voraussetzung zur Teilnahme ist die Bereitschaft, wöchentlich ein größeres Lesepensum zu bewältigen, das auch fremdsprachige Texte einschließt.

Einführende Literatur: Heinz Duchhardt und Andreas Kunz (Hg.): „Europäische Geschichte“ als historiographisches Problem, Mainz 1997; Dipesh Chakrabarty: Provinicializing Europe: Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton 2000; Anthony Pagden (Hg.): The Idea of Europe: From Antiquity to the European Union, Cambridge 2000; Hannes Siegrist und Rolf Petri (Hg.): Probleme und Perspektiven der Europa-Historiographie (= Comparativ 14.3), Leipzig 2004; Tony Judt: Die Geschichte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, München 2006; Adolf Muschg: Was ist europäisch? Reden für einen gastlichen Erdteil, München 2005 (N.B.: Die beiden letztgenannten Bände lassen sich kostengünstig über die Bundeszentrale für politische Bildung beziehen).