Tongilbu
- Gefördert durch das Ministerium für Wiedervereinigung (Tong’il-bu), Republik Korea
- Förderungszeitraum 2010-2016
- Projektleitung: Prof. Dr. Eun-Jeung Lee
- Mitarbeit: Alexander Pfennig, Arne Bartzsch, Daniel Schumacher, Dr. Jean Yhee, Katharina Müller
Auch 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer sind die Wiedervereinigung Deutschlands und die damit einhergehenden umfassenden Veränderungen in Ostdeutschland ein wichtiges Forschungsfeld. Es steht beispielhaft für Integration und Umwandlung innerhalb eines Landes, eingebettet in innen- und außenpolitische Zusammenhänge, Verwaltungshandeln sowie Zielsetzungen und Lebensgestaltung der Bürgerinnen und Bürger.
Daher unterstützt die südkoreanische Regierung seit 2010 umfassende Forschungsarbeiten im Institut für Koreastudien an der Freien Universität Berlin und fördert die Sammlung offizieller Dokumente zum Thema Deutsche Einheit. Das Forschungsteam hat inzwischen mehr als 50 Bände erstellt, zu einer Fülle von Bereichen und Problemfeldern des Einigungsprozesses. Dies ist eine der umfangreichsten Zusammenstellungen von Material zur Deutschen Einheit. Über eine Vorstellung der Dokumente hinaus werden die darin vorhandenen Informationen in ihrem zeithistorischen Kontext untersucht. Dadurch werden Konstanten und Variablen dieser bewegten Zeit besser verständlich; dies ermöglicht einen Blick auf potentielle Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel. Die Forschungsergebnisse werden laufend der interessierten Öffentlichkeit in Korea und Deutschland zugänglich gemacht.
Nicht unähnlich der Vollendung der Einheit Deutschland im Großen ist auch das Forschungsprojekt im Kleinen eine Erfolgsgeschichte: Inbesondere in Korea wurde es sehr positiv von Wissenschaftlern, Politikern, Journalisten und der Öffentlichkeit aufgenommen. Sonderbände mit übersetzten Dokumenten und Kommentaren wurden in Korea veröffentlicht; sie werden dort als Grundlage für weitere Forschungen von Experten für Fragen der Wiedervereinigung verwendet. Ferner werden Workshops für koreanische Beamte und Wissenschaftler veranstaltet. Das Institut für Koreastudien ist hier federführend bzw. durch seine Mitarbeiter vertreten.
Bislang wurden 36 solcher Materialbände über den deutschen Einigungsprozess vorgelegt (Stand August 2015). Außerdem wurden 20 Bände erarbeitet, die den „besonderen Weg“ Brandenburgs dokumentieren. Die bisherigen Ergebnisse der Forschungsarbeit sind auf dieser Projekt-Homepage zur Recherche verfügbar [Link zur Recherche-Seite], sowie in der Bibliothek des Otto-Suhr-Instituts für Politikwissenschaft der Freien Universität einzusehen. Auch wurde eine DVD erstellt, auf der die Forschungsergebnisse in digitaler Form (PDF-Dateien) vorliegen.
Die Forschungsarbeit wird darüber hinaus kontinuierlich begleitet durch Workshops mit deutschen und koreanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und einen intensiven Austausch mit diversen Institutionen. In speziellen Seminaren, die das Institut für Korea-Studien für koreanische Beamte organisiert, werden die in den Bänden behandelten Themen konkret und detailliert vermittelt. Das Projektteam wird von einem Beirat unterstützt, dem u.a. Zeitzeugen und Akteure der Wendezeit aus beiden Teilen Deutschlands angehören.
Die Projektarbeit orientiert sich wesentlich an einem Erkenntnisinteresse, das geleitet ist von Forschungsfragen wie:
- Welchen Handlungsspielraum haben schwache Systeme (wie z. B. die DDR-Regierung Modrows) in einer Übergangsphase?
- Welche realistischen Optionen gab es für die Gestaltung des deutschen Einigungsprozesses? Welche Bedeutung hatten wichtige Weichenstellungen wie z. B. die Wahlen in der DDR vom März 1990 und die Errichtung der Währungsunion im Juli 1990?
- Bei aller Beachtung der großen Unterschiede: Welche Entwicklungen in Deutschland könnten für bestimmte Szenarien in Korea von Relevanz sein?
- Welche generellen Erkenntnisse gibt es in diesem Bereich für den Transfer von Wissen und die Vermittlung von Erfahrungen? Welche Defizite bestehen hier, und wie kann die Theorie des Wissenstransfers weiterentwickelt werden?
Auf Grund des fortlaufenden akademischen und institutionellen Austausches mit Partnern in Deutschland und Korea findet bezüglich der Forschungsfragen eine ständige Entwicklung statt.