Julian Pfau
Friedrich-Meinecke-Institut
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
DFG-Forschungsprojekt "Translating Toleration: Concepts, Texts and Intermediaries Between Poland and Protestant Germany 1645-1795"
Geschichte der Frühen Neuzeit
Room A388
14195 Berlin
Dissertationsprojekt (seit Oktober 2022): Panprotestantismus und Herstellung konfessioneller Differenz in grenzüberschreitenden Kontakten zwischen Brandenburg-Preußen und Polen-Litauen (ca. 1645–1730)
Die Geschichte des Protestantismus in Polen-Litauen um 1700 ist eine Geschichte von Krisen. Mitte des 17. Jahrhunderts intensivierten die evangelischen Minderheiten unter dem Eindruck der fortschreitenden Rekatholisierung des Landes ihre Kontakte in das protestantische Ausland, insbesondere zu Brandenburg-Preußen. In den Beziehungen zwischen Protestanten der beiden Nachbarländer avancierten panprotestantische Zuschreibungen in Bezug auf die evangelischen Gemeinschaften Polen-Litauens zu einem dominanten narrativen Element.
Mein Promotionsvorhaben untersucht diesen Wandel in der Darstellung polnisch-litauischer Protestanten, indem es die Praktiken konfessioneller Zuschreibung in den Blick nimmt. Ich frage, inwiefern sich in Brandenburg-Preußen um 1700 die Vorstellung eines geeinten polnischen Protestantismus herausbildete bzw. verfestigte und welche Rolle dabei insbesondere grenzüberschreitende Kontakte spielten. Dieser Ansatz soll es ermöglichen, die in der Forschung oft nur am Rand oder mit ideologischer Färbung analysierten konfessionspolitischen Beziehungen der beiden composite monarchies neu zu beleuchten.
Im Zentrum stehen Mittelspersonen zwischen den protestantischen Gemeinschaften Polen-Litauens und dem Berliner Hof. Vermittler wie der Hofprediger und Senior der großpolnischen Unität Daniel Ernst Jablonski hatten einen besonderen Einfluss auf die Wahrnehmung polnisch-litauischer Protestanten im Ausland. Anhand von offiziellen und inoffiziellen diplomatischen Korrespondenzen sowie zeitgenössischen Manuskripten und Druckschriften werden die Handlungen und Motive zentraler Akteure dieses Austauschs nachvollzogen. Auf diese Weise soll gezeigt werden, wie die Vorstellung eines geeinten polnischen Protestantismus mit zeitgenössischen Phänomenen der Toleranz, des internationalen Calvinismus, des internationalen Protestantismus und der Irenik zusammenhing.