Forschung
Laufende Projekte
ERC Advanced Grant ZODIAC – Ancient Astral Science in Transformation (Laufzeit 2021-2026)
Mathieu Ossendrjver (Principal Investigator), Andreas F. Winkler (stellvertretende Projektleitung)
Die Einführung des Tierkreises in Babylonien war ein Wendepunkt in der Geschichte der Astronomie und Astrologie. Hieraus folgten Auswirkungen in Wissenschaft und Kultur, die bis heute fortleben: Der Tierkreis wurde zum zentralen Konzept für das Interpretieren, Vorhersagen, Berechnen und Darstellen von Himmelsphänomenen. Die damit einhergehende „mathematische Wende“ prägt Wissenschaft und Alltag bis heute, und die horoskopische Astrologie wurde zu einem globalen Phänomen. Bereits in der Antike verbreiteten sich diese Innovationen von Babylonien nach Ägypten, in die griechisch-römische Welt und darüber hinaus, wobei sie sich fortwährend transformierten in Anpassung an lokale Schriften, Sprachen und Traditionen. Aufgrund ihrer Einbindung in soziale Praktiken, philosophische Theorien, in Bildprogramme oder religiöse Doktrinen handelt es sich um eine wissenschafts- und kulturhistorische Innovation von globaler Bedeutung, für die es bisher keine umfassende Erklärung gibt.
DFG-Projekt "Die Planeten in der mesopotamischen Kultur: Ihre Konzeptualisierung in der akkadischen Literatur des 1. Jh. v. Chr. mit Schwerpunkt auf planetarischen Omen (Enūma Anu Enlil Tafeln 55, 57 und 58)", (Laufzeit 2023 - 2025)
Maria Teresa Renzi-Sepe (Projektleitung)
Dieses Projekt untersucht die Konzeptualisierung von fünf Planeten - Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn - im antiken Mesopotamien. Hierzu werden eine Gruppe akkadischer Schriftquellen aus dem 1. Jh. v. Chr. analysiert, insbesondere divinatorische und astrologische Texte, die das große Interesse des antiken Mesopotamiens an der sogenannten „Astralwissenschaft“ belegen. Besondere Beachtung finden die planetarischen Omen, die in den Enūma Anu Enlil Tafeln 55, 57 und 58 zu finden sind. Im Rahmen dieses Projekts wird eine neue Edition und Untersuchung dieser Tafeln erstellt.
Das Projekt wird nicht nur einen neuen Blick auf die mesopotamische Konzeptualisierung der Planeten werfen und damit einen Beitrag zur Assyriologie leisten, sondern auch zur allgemeinen Wissenschaftsgeschichte. Das mesopotamische Verständnis der Planeten hat die späteren Entwicklungen in den Astralwissenschaften der griechisch-römischen Welt und darüber hinaus maßgeblich beeinflusst - ein Thema, das derzeit im Rahmen des Projekts „ZODIAC – Ancient Astral Science in Transformation“ untersucht wird.
DFG-Projekt "Spätbabylonische mathematische Praktiken" (Laufzeit 2020-2024)
Mathieu Ossendrjver (Projektleitung)
Mathematische Praktiken wie Zählen, Berechnen und Messen spielten eine wichtige Rolle im spätbabylonischen Alltag und in der Gelehrsamkeit der spätbabylonischen Zeit. Die zunehmende Verknüpfung von Mathematik mit Astronomie, Astrologie, Divination, Heilkunde, Hermeneutik und Kult in Babylonien hat ihre Spuren in anderen antiken Kulturen und darüber hinaus hinterlassen. Es ist darum paradoxal, dass über spätbabylonische mathematische Praktiken relativ wenig bekannt ist. Sogar für Babylon, Zentrum der spätbabylonischen Wissenskultur, sind mathematische Praktiken sehr unvollständig dokumentiert und untersucht. Das Projekt beinhaltet die erste umfassende Studie spätbabylonischer mathematischer Praktiken, inklusive einer Edition von ca. 60 unpublizierten Tafeln aus der Babylon-Sippar-Sammlung des British Museums - was etwa eine Verdoppelung der mathematischen Quellen aus dieser Sammlung bedeutet. Im Projekt werden materielle, formale, epistimische, konzeptuelle, diagrammatische, praktische, kontextuelle und institutionelle Aspekte der Tafeln untersucht. Das Projekt beinhaltet auch komparative Untersuchungen der spätbabylonischen Quellen aus Uruk und anderen Orten, sowie der altbabylonischen Quellen, und der Anwendungen mathematischer Kenntnisse in Verwaltung, Vermessung und diversen Bereichen der Wissenschaft.
Abgeschlossene Projekte
Das Forschungsprojekt BabMed – Babylonian Medicine wurde von 2013 bis 2018 unter Leitung von Markham J. Geller (Principal Investigator) und J. Cale Johnson (stellvertretende Projektleitung) an der Freien Universität Berlin durchgeführt. Die im Rahmen des Projektes erstellten Corpora zu medizinischen Keilschrift-Texten sind über die BabMed-Webseite online verfügbar.
BabMed war das erste umfassende wissenschaftliche Forschungsprojekt zur Heilkunde des babylonischen Altertums überhaupt. Die medizinischen Keilschrifttexte des alten Zweistromlandes sind das umfangreichste Korpus antiken medizinischen Wissens vor Hippokrates. Da die große Mehrzahl dieser Texte lediglich in Form von Abschriften (Autographien) vorliegt – so sie überhaupt veröffentlicht wurden – sind sie weder für Laien noch für Spezialisten ohne Schwierigkeiten zugänglich. Ein Ziel des BabMed-Projektes war es, diese Texte erstmals seit der Entzifferung der Keilschrift sowohl für die Fachwelt als auch für eine breite interessierte Öffentlichkeit zu erschließen.