Band 28: Verwaltung II (2012)
Prof. Dr. Eun-Jeung Lee, Dr. Werner Pfennig
- Zusammenfassung -
Band 28: „Verwaltung II“
Weil die Deutsche Einigung am 3. Oktober 1990 keinen neuen Staat schuf, sondern die Bundesrepublik durch den Beitritt der ehemaligen DDR vergrößert wurde, musste das „Beitrittsgebiet“ das System der Bundesrepublik übernehmen. Dies galt für alle Bereiche, so auch für die Öffentliche Verwaltung und das Justizwesen (Rechtsstaat, Gewaltenteilung, kommunale Selbstverwaltung). In der Übergangsphase Ende 1989 und Anfang 1990 hatte es bereits wichtige Veränderungen gegeben, zum Beispiel die Streichung des Passus aus der DDR-Verfassung, der der Staatspartei, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), ihre Rolle als „führender Kraft in Staat und Gesellschaft“ garantiert hatte.
Das im März 1990 erstmals frei gewählte neue Parlament (Volkskammer) sowie die Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maizière waren bereit und in der Lage, grundlegende Reformen durchzuführen, denn nun war höchst wahrscheinlich, dass es zu einer schnellen Wiedervereinigung kommen könnte, und dass dies der überwiegenden Teil der Bevölkerung der DDR wollte. Ab Sommer 1990 war dieser schnelle Weg Gewissheit.
In der Praxis war die DDR über fast 40 Jahre lang ein von einer Staatspartei, der SED, dominierter zentralistischer Staat, und dieser Partei stand mit der „Staatssicherheit“ (Stasi) ein mächtiges Kontroll- und Überwachungsinstrument zur Verfügung. Die Bundesrepublik ist ein föderal organisierter Staat, gekennzeichnet durch ein kompliziertes System der Aufgabenteilung, Solidarität und Kompromissfindung. Die beitrittswillige DDR musste sich diesem System anpassen, es übernehmen. Das war im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung besonders schwierig, weil hier fast alle Voraussetzungen fehlten, das heißt, die notwendigen Institutionen, das Fachpersonal, die Erfahrungen und die technische Ausrüstung.
In der kurzen Zeit von Mai bis Ende September 1990 erreichte die DDR eine beeindruckende Demokratisierung, bei der Eigenleistungen durch Hilfen „aus dem Westen“ unterstützt wurden; Programme, die auch mehre Jahre nach dem 3. Oktober 1990 andauerten. Hierbei handelte es sich in erster Linie um Partnerschaften auf der Ebene von Ländern, Gemeinden und Städten sowie um die Entsendung von Experten aus alten Bundesländern in die neuen. Die westlichen Partner übernahmen die Kosten. Ein besonderer Schwerpunkt war der Aufbau der Verwaltung und des Rechtsstaates. Hier halfen insgesamt mindestens 35.000 entsandte Experten („Leihbeamte“). Da diese entschieden besser bezahlt wurden, gab es Missstimmungen. Ihr Einsatz wurde aber als unerlässlich angesehen.
Mit der Errichtung neuer Länder und Landkreise wurden teilweise traditionelle Zugehörigkeiten in der DDR wiederbelebt. Bald stellte sich jedoch heraus, dass wegen Veränderungen bei der Einwohnerzahl Gemeindereformen notwendig waren, und es kam zu Zusammenlegungen von Landkreisen.