Angesichts der aktuellen Ausbildungssituation an europäischen Kunsthochschulen, neu entstehenden Zusatzstudiengängen wie arts-based research, arts-informed research oder artistic curatorial studies und der zunehmenden Möglichkeit, sich als Künstler zu promovieren, ist es das Anliegen dieses Workshops, die hiermit implizierte Dichotomie von epistemischen und künstlerischen Formen der Wissensgenerierung grundsätzlich zu hinterfragen.
Seit den 1960er Jahren adaptieren Künstler zunehmend kunsthistorischeArbeitsweisen, forschen nach Leerstellen in aktuellen Diskursen, legen umfangreiche (Bild-)Archive an, halten Vorträge und / oder publizieren kunstkritischeTexte. Kann daher überhaupt von einem dezidiert künstlerischen Wissengesprochen werden – oder ist nicht jedes Wissen per se epistemisch? Der Unterschied könnte in der Qualität des Wissens, dessen Vermittlungs- und Erscheinungsformen begründet sein, aber auch in den Verfahren, Wissen zu erlangen und damit umzugehen. So liegt ein zentraler Schwerpunkt dieses Workshops darin, zu fragen, wie sich die hier beschriebenen Entgrenzungstendenzen in der künstlerischen Produktion auf die ästhetische Erfahrung auswirken, d.h. wie sinnliche Wahrnehmung und Erkenntnisgewinn zueinander in Beziehung gesetzt werden.
Die Verschiebung von objektzentrierten Arbeiten zu eher rezeptions-, distributions, - und / oder vermittlungsorientierten Verfahrensweisen erfordert nicht zuletzt auch ein Überdenken der Konstellation von Werk, Künstler und Kunsthistoriker. Gerade letztere können diese veränderten Produktionsformen vor bisher kaum ernsthaft diskutierte methodische Schwierigkeiten stellen. Neue Formen von Arbeitsteilung entstehen und nicht selten bilden sich eingespielte Teams von Künstlern und Wissenschaftlern, die den Diskurs um das jeweilige Werk maßgeblich bestimmen. Für Außenstehende bleiben der künstlerischen Produktion vorausgehende Formen der Wissensgenerierung zum Teil nur schwer nachvollziehbar. Dieser Workshop soll daher gerade auch Raum für Randformen wissenschaftlicher Forschung wie der Anekdote bieten und künstlerische Perspektiven sowie nicht akademische Wissensstrukturen mit einbeziehen, wie sie etwa in der Figur des „artist’sartists“ gesucht werden.
Ein Workshop des SFB 626, TP A1 „Ästhetische Erfahrung und Visuelles Wissen”.
Konzeption und Organisation: Heike-Karin Föll und Fiona McGovern.
Kontakt: Fiona McGovern, fmcg@zedat.fu-berlin.de
Zeit & Ort
09.04.2010
FU Berlin, Konferenzraum des SFB 626, Altensteinstr. 2-4, 14195 Berlin