Reflexivität in den Künsten/2: Zum Selbst- und Fremdbezug des Sinnlichen in ästhetischen Medien.
Ästhetische Erfahrungen werden gemeinhin so verstanden, dass sie wesentlich durch eine sinnliche Dimension gekennzeichnet sind. Nicht nur wird das Ästhetische dieser Erfahrungen ausgehend von Baumgarten über den Rekurs auf ‚das Sinnliche‘ qualifiziert, überdies wird oftmals das Sinnliche als dasjenige verstanden, was ihren genuinen Erfahrungscharakter ausmacht. Wenn nun – so lautet ein weiterer Topos der philosophischen Kunsttheorie –Kunstwerke in vielfacher Weise reflexiv verfasste Gegenstände sind, dann stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang der sinnlichen und reflexiven Dimensionen von Kunstwerken.
Lässt sich die reflexive Verfasstheit von Kunstwerken als Selbstbezüglichkeit erläutern und kommt bei kunstästhetischen Erfahrungen die sinnliche Dimension dieser Verfasstheit ins Spiel, dann muss nach dem Verhältnis von Selbstbezüglichkeit und Sinnlichkeit in mindestens zweifacher Hinsicht gefragt werden: Wie verhält sich die sinnliche Dimension des Kunstwerks zu seiner selbstbezüglichen Verfasstheit? Die Tagung will in interdisziplinärer Perspektive die Frage verfolgen, ob und inwiefern der Gedanke verständlich gemacht werden kann, dass eine konstitutive Dimension ästhetischer Reflexivität im Rahmen der sinnlichen Dimension von Kunstwerken ausgewiesen werden kann. Auf welche Weise kann die Selbstbezüglichkeit von Kunstwerken als sinnlich konstituierte begriffen werden? Lässt sich eine dementsprechende Konstitution als Basis der ästhetischen Reflexivität überhaupt verstehen? Steht die „Aisthesis“ bzw. das „Ästhetische“ in einem Ergänzungs-, Konkurrenz- oder Überbietungsverhältnis zu symbolischen Aspekten der Reflexion? Im Zusammenhang hiermit stehen darüber hinaus Fragen nach dem „Subjekt“ als Agent und Gegenstand der ästhetischen (Selbst-)Reflexivität: Initiiert, autorisiert, kontrolliert, steuert es die Akte der Reflexion? Ist das Ästhetische qua sinnlicher Dimension in einer Weise verfasst, dass seine spezifische Reflexivität sich der sonstigen Reflexivität menschlicher Vernunft nicht bündig einfügt? Lässt sich eine nicht-propositionale und spezifisch sinnliche Form von Reflexivität begreiflich machen? Damit ist zugleich nach dem Modus und der spezifischen Verfahrensweise sinnlicher Reflexivität in den Künsten im Verhältnis zu anderen, nicht-künstlerischen oder nicht-sinnlichen Formen der Selbstbezüglichkeit gefragt.
Die Tagung möchte vor dem Hintergrund dieser Fragen Formen und Strategien spezifisch sinnlicher Reflexivität untersuchen, wie sie in den verschiedenen Künsten auftreten. Anhand bestimmter künstlerischer Medien (Literatur, Musik, Film, Bild und ihrer Interaktionen) sowie anhand konkreter künstlerischer Werke sollen historisch überkommene Topoi sinnlich-selbstbezüglicher Konstitution von Kunstwerken überprüft und ggf. neu charakterisiert werden. Historische Analysewerkzeuge entsprechender Charakteristika, wie sie in den unterschiedlichen Kunstwissenschaften, der Kunsttheorie und der philosophischen Ästhetik entwickelt wurden, sollen auf ihre Reichweite hin untersucht werden. – Die Tagung will mit dem Fokus auf die kunstästhetische Sinnlichkeit einen Beitrag dazu leisten, die Idee der Reflexivität in den Künsten zu konturieren.
Organisation: Georg W. Bertram, Daniel M. Feige, Frank Ruda.
Zeit & Ort
06.05.2010 - 08.05.2010
FU Berlin, Institut für Philosophie, Habelschwerdter Allee 30