Von der neuen Errungenschaft der Alphabetschrift haben die Griechen zu Anfang, im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr., in einer erstaunlichen Weise Gebrauch gemacht, durch die sich ihre frühe Schriftkultur von derjenigen Ägyptens oder der altorientalischen Kulturen signifikant unterscheidet: Sie verwendeten die Schrift, um Eigentums-, Verfügungs- oder Übereignungsansprüche über Gegenstände zu formulieren. In den Inschriften, die diese Gegenstände tragen, wenden sie sich selbst als das Subjekt der Aussage an ihren Leser. Nicht ohne Grund hat man deshalb solche Artefakte als ‚sprechende Gegenstände‘ bezeichnet: Sie sind gleichsam wie eine Person in der Lage, das Wort ergreifen und über sich selbst Auskunft geben zu können. Autodeiktische Inschriften dieses Typs finden sich auf Tongeschirr, Waffen und allen möglichen anderen Geräten, aber auch auf Statuen und Reliefs. Neben einfachen Aufschriften, die bloß das Besitzrecht über ein Objekt festhalten, handelt es sich vor allem um Grabinschriften, die das Grabmonument als den Besitz der verstorbenen Person ausweisen, sowie um Dedikationsinschriften, die die Übereignung eines Votivs an eine Gottheit dokumentieren. Zwei Fragen, die die ‚sprechenden Gegenstände‘ aufwerfen, soll nachgegangen werden: Können die autodeiktischen Texte etwas darüber mitteilen, warum die Griechen begonnen haben, gesprochene Rede schriftlich zu fixieren? Und: Teilen diese Inschriften etwas mit über die Auffassung, die sich die Griechen von einem Gegenstand machten?
Zeit & Ort
13.11.2008 | 19:30 - 21:00
FU Berlin, Seminarzentrum Silberlaube, Habelschwerdter Allee 45, Raum L 115