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Mobilität, Konnektivität und Identität der Bevölkerung im Raum zwischen Ostkarpaten und Dnjepr. Archäologische Studien zur jüngeren vorrömischen Eisenzeit

Projektleiter (Principal Investigator): Dr. Vasile Iarmulschi

Projektbeginn: 01.05.2024

Förderung durch die DFG, Projektnummer 539643075

Projektbeschreibung

Mobilität von Individuen, Gruppen und Gesellschaften ist ein Phänomen, das sich nicht nur auf die sogenannte Völkerwanderungszeit beschränkt, sondern den Menschen von jeher begleitet. Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Mobilität. Auf Europa bezogen bewegten sich Menschen aus allen Himmelsrichtungen quer durch den Kontinent, aus den asiatischen Steppen im Osten bis nach Spanien im Westen oder von Skandinavien im Norden nach Süden bis Nordafrika. Mobilität war ein steter Begleiter, nicht nur der militärischen, wirtschaftlichen oder administrativen „Eliten“, sondern auch der eher breiten Bevölkerung. Archäologische Funde spiegeln die große Dynamik und Vielfalt in regional unterschiedlicher Deutlichkeit. Dies liegt zum einen an den Auffindungsmöglichkeiten, zum anderen aber auch an der Forschungssituation selbst und den verfügbaren Methoden.

Ein solches Bild vermitteln die bislang durchgeführten archäologischen Forschungen für die Region zwischen den Ostkarpaten und dem Dnjepr-Gebiet in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit. Hier lassen sich mehrere archäologische Gruppen nachweisen, deren chronologische, chorologische und soziale Stellung nicht so ausreichend erforscht ist wie ihre Genese und die Konnektivität mit anderen Gruppen. Im 2.-1. Jhd. v. Chr. siedelten in der ostkarpatischen Waldsteppe die Gruppe der sog. Poienești-Lucașeuca-Kultur. Gleichzeitlich sind im Gebiet des mittleren und oberen Dnjepr Fundplätze der Zarubincy-Kultur bekannt (. Im unteren Dnjepr-Gebiet sowie der Krim und dem unteren Dnjestr siedelten sich die sog. späten Skythen an. Ab dem zweiten Viertel des 2 Jhd. v. Chr. sind im südlichen ostkarpatischen Raum Befestigungen und offene Siedlungen der dakischen Kultur bekannt. Zu Beginn des 1. Jhd. v. Chr. tauchen im Gebiet des Dnjeprs die sog. Sarmaten auf. Mit Beginn der zweiten Hälfte des 1. Jhd. v. Chr. wird die Präsenz dieser nomadischen Bevölkerungsgruppen auch in der Karpaten-Dnjestr-Region spürbar.

Die archäologischen Forschungen der letzten sechs Jahrzehnte erbrachten eine Fülle archäologischen Materials. Dieses bildet die Grundlage für die Untersuchung verschiedener Aspekte der Geschichte des nordwestlichen Schwarzmeergebiets in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und trägt dazu bei, ein allgemeines Bild der Prozesse zu zeichnen, die in diesem großen Gebiet stattgefunden haben, ermöglicht es aber auch, bestimmte Probleme – Chronologie, Herkunft der Funde, Lebensweise der Bevölkerung – herauszuarbeiten, die die Entwicklung dieser menschlichen Gemeinschaften charakterisieren. Gleichzeitig sind eine Reihe wichtiger Fragen wie die Feinchronologie der jüngeren vorrömischen Eisenzeit des nordwestlichen Schwarzmeergebiets, menschliche Mobilität in diesem Raum, interkulturelle Einflüsse, Identität usw. noch zu kläre.

Ziel des Projektes ist es, anhand der systematischen Analyse von Kleidungszubehör ein umfassendes Verständnis der kulturellen Verhältnisse, der Mobilität, Konnektivität und Identität im Raum zwischen Ostkarpaten und Dnjepr für den Zeitraum von Ende des 3. bis zur zweite Hälfte des 1. Jhd. v. Chr. zu erlangen.

 

Literatur:

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