Interview mit Lena Kaufmann (Postdoktorandin, Universität Zürich)
Lena Kaufmann ist derzeit als Postdoktorandin in einem interdisziplinären Projekt an der Universität Zürich tätig. Sie studierte an der Freien Universität Berlin Sinologie und Ethnologie im Doppelhauptfach. Während ihres Studiums lernte sie fast 2 Jahre lang in Shanghai Chinesisch und betrieb Feldforschung zum Thema Migration in China. Nach dem Studium sammelte sie Arbeitserfahrung bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in China. Sie entschied sich dann für eine wissenschaftliche Karriere, ging an die Universität Zürich und promovierte dort. |
Bei dem Online-Event des Berlin SinoCareers Forums im Februar 2022 berichtete Lena Kaufmann von ihrem Werdegang, gab Einblicke in die Berufswelt und tauschte sich über Tipps und Strategien für einen erfolgreichen Start in das Berufsleben aus.
Im Studium verknüpfte Lena Kaufmann die beiden Hauptfächer Sinologie und Ethnologie. Das Studium, aus einem regionalen und einem methodischen Fach, konnte sie im Jahr 2009 mit einer Magisterarbeit an der Freien Universität Berlin abschließen. Mit dieser Fächerkombination konnte sie ihren Interessen für fremde Gesellschaften und diese besser zu verstehen nachgehen.
Während des Studiums machte Lena Kaufmann vielfältige Erfahrungen. Sie nahm am Erasmus-Programm teil und ging für einen Austausch nach Rom. Außerdem sammelte sie dort Arbeitserfahrungen während eines Praktikums beim Goethe-Institut. Wieder in Berlin bewarb sie sich erfolgreich auf ein Stipendium des DAAD und konnte so insgesamt fast 2 Jahre an der Jiaotong Universität in Shanghai verbringen. Dort absolvierte Lena Kaufmann ein intensives Sprachstudium. Da in der Ethnologie erwartet wird, dass man für die Abschlussarbeit Feldforschung betreibt, ging Lena Kaufmann ihrem Interesse für Migration nach und forschte zum Thema Land-Stadt-Migration in China. Sie lernte neben dem Sprachstudium Wanderarbeitende kennen, interviewte und begleitete diese im Arbeitsalltag. Nach der Rückkehr nach Berlin am Ende des Studiums arbeitete sie als Gästebetreuerin im Besucherprogramm des Goethe-Instituts. Aufgrund des regelmäßigen Kontaktes zu chinesischen Gästen, bot ihr diese Arbeit die Möglichkeit ihr Chinesisch weiter zu verbessern.
Nach dem Studium entschied sich Lena Kaufmann zunächst dafür, zurück nach China zu gehen. Sie fand eine Praktikumsstelle bei der GIZ in China. Dieses bezahlte Vollzeitpraktikum betrachtete sie als Jobeinstiegsmöglichkeit. Und tatsächlich konnte sie über das Praktikum hinaus als Beraterin in verschiedenen Projekten bei der GIZ tätig sein. Im Verlauf der Zeit merkte sie jedoch, dass sie gerne wissenschaftlich tätig sein möchte. Als sie eine Stelle am Völkerkundemuseum, welches Teil des Ethnologieinstituts der Universität Zürich ist, in Aussicht hatte, nutzte sie die verbleibende Zeit in China, um im Hinblick auf ihre angestrebte Dissertation Feldforschung in China zu betreiben. Für ihre Dissertation forschte sie zum Zusammenhang von Agartechnologie und Migration. Sie interessierte sich für das Dilemma ländlicher Haushalte und speziell einfacher Reisbauern, die häufig großem Druck standhalten müssen. Einerseits müssen sie aufgrund wirtschaftlichen und sozialen Drucks in die Stadt migrieren und andererseits dienen die Reisfelder auf dem Land als wichtiges Rückfallnetz, welche jedoch Pflege brauchen, damit ihr Wert erhalten bleibt. Ihre Doktorarbeit mündete in der Veröffentlichung des Buches Rural-Urban Migration and Agro-Technological Change in Post-Reform China (2021, AUP).
Während ihren sechs Jahren als wissenschaftliche Assistentin am Völkerkundemuseum in Zürich schrieb Lena Kaufmann ihre Doktorarbeit, unterrichtete Studierende, plante Ausstellungen mit und erledigte administrative Aufgaben. Außerdem bewarb sie sich erfolgreich beim Schweizerischen Nationalfonds für die Förderung eines Projektes und konnte sich dank dieser Förderung insgesamt zwei Jahre komplett auf die Arbeit an ihrer Dissertation konzentrieren.
Nach dieser befristeten Stelle arbeitete sie in der Studienberatung und fand anschließend eine neue Stelle in einem Pilotprojekt, welches vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert wurde. Unter anderem war es ihre Aufgabe, ein Buchkapitel zu schreiben und einen Folgeantrag für das Projekt zu verfassen. Dieser Folgeantrag war erfolgreich und bis heute ist sie in dem Folgeprojekt tätig, wo sie zum Thema Verflechtungen im Bereich digitale Infrastrukturen im Glasfaser- und Telekommunikationsnetz zwischen der Schweiz und China forscht.
Hätten Sie im Studium etwas anders gemacht?
Lena Kaufmann war sich aufgrund ihrer vielfältigen Interessen zunächst nicht ganz sicher, welcher Tätigkeit sie nach dem Studium nachgehen wollte. Für sie war es besonders wichtig verschiedene Dinge auszuprobieren. Außerdem ist sie sehr froh auch praktische Erfahrungen gemacht zu haben. Diese helfen bei der wissenschaftlichen Arbeit „auf dem Boden zu bleiben“ und sich immer über die praktischen Implikationen Gedanken zu machen.
Wie erklärt man ein Chinastudium im Motivationsschreiben?
Die Sinologie hat Lena Kaufmann mehr Türen geöffnet als die Ethnologie, da die Ethnologie allgemeiner ist. Alle ihre bisherigen Tätigkeiten bekam sie vor allem aufgrund ihrer Chinaexpertise. Das Chinastudium bringt mit den Sprachkenntnissen in Chinesisch, der regionalen Expertise und einem Verständnis für die chinesische Gesellschaft viele gefragte Eigenschaften mit sich, die man in einem Motivationsschreiben hervorheben kann.
Weitere Tipps für eine erfolgreiche Jobsuche?
Lena Kaufmanns erster Tipp ist sich darüber klar zu werden, welche Erfahrungen man schon gesammelt hat und welche Fähigkeiten man schon mitbringt. Diese Erfahrungen gilt es dann in Fähigkeiten zu übersetzen. Dabei sollte man auch an Fähigkeiten denken, die einem selbst nicht sofort ins Auge springen, wie z.B. Hobbies oder Erfahrungen aus einem früheren Nebenjob. Ein weiterer Tipp ist, sich nicht vom Ausschreibungstext abschrecken zu lassen. Selten erfüllen Bewerbende alle Voraussetzungen der Ausschreibung. Außerdem sind insbesondere in der Covid-19-Pandemie soziale Medien wichtig im Bewerbungsprozess und bei Netzwerken. Eine professionelle Präsenz auf LinkedIn oder im wissenschaftlichen Bereich auf Twitter, kann dabei helfen Kontakte aufzubauen und sich aktiv zu vernetzen. Zudem sollte man das Netzwerk der Mitstudierenden nicht unterschätzen und sich auch hier frühzeitig austauschen, um beispielsweise auch über aktuelle Praktikums- oder Jobmöglichkeiten Bescheid zu wissen. Auch von Absagen sollte man sich nicht entmutigen lassen. Sie bieten die Möglichkeit darüber nachzudenken, wie man sein Profil weiter verbessern kann, um beim nächsten Mal seinen Traumjob zu bekommen.