Selbstbehauptungsdiskurse in Ostasien
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Fritz Thyssen Stiftung
Zentralinstitut für Regionalforschung
Tendenzen zur Behauptung oder Rückgewinnung eigener Identität haben in den vergangenen Jahrzehnten in Ostasien und anderen Regionen der Welt erneut an Bedeutung und Präsenz gewonnen. Eigene „Werte“, Denk- und Handlungsweisen sollen wieder stärker zur prägenden Faktoren von Lebensstil und Lebensformen werden und auch in Politik, Wirtschaft, Kultur und Erziehung vermehrt Ausdruck finden, so wird in öffentlichen Debatten zumeist in Abgrenzung zum „Westen“ und bei gleichzeitiger Anlehnung an von dort entliehene Begrifflichkeiten sowie argumentative Strategien gefordert.
Seit 2000 widmet sich eine Serie von Tagungen der vergleichenden Analyse und historischen Verortung von neueren japanischen, chinesischen und koreanischen Diskursen, die explizit oder implizit darauf ausgerichtet sind, eigene nationale, kulturelle, schicht-, gender- oder generationsspezifische Identitäten und Interessen in öffentlicher Auseinandersetzung gegen tatsächliche oder eingebildete Nicht-Anerkennung seitens anderer Nationen, Kulturen und gesellschaftlicher Gruppen zu behaupten. Selbstbehauptungsdiskurse in China, Japan und Korea teilen nicht nur eine zunächst defensive Grundhaltung. Gemeinsam ist ihnen darüber hinaus auch ein in immer neuen Variationen moduliertes Repertoire von begrifflichen und rhetorischen Strategien der Inklusion und Exklusion, das zu unterschiedlichsten Zwecken dienstbar gemacht werden kann und gemacht wird.
Das Vorhaben, initiiert von Mishima Ken’ichi (Ōsaka, Tōkyō), Michael Lackner (Erlangen) und Irmela Hijiya-Kirschnereit (Tōkyō, jetzt Berlin), brachte Wissenschaftler/innen aus einer Vielzahl von Disziplinen und aus mehreren Kontinenten zusammen. Die Konferenzen – im Dez. 2000 am Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ), Tōkyō, im November 2001 am Goethe-Institut Seoul, im Dez. 2002 am Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin sowie an der Universität Erlangen-Nürnberg, im Dezember 2003 am Goethe-Institut Kyōto, im Dezember 2004 an der Fudan Universität Shanghai sowie im März 2006 in Ōsaka/Kyōto – sind bis 2004, teilweise mit Pressespiegel, im Bulletin des DIJ und auf der DIJ Homepage dokumentiert. (www.dijtokyo.org)
Aus den ersten zwei Tagungen ging der Band Selbstbehauptungsdiskurse in Asien: China – Japan – Korea. Hg. v. Iwo Amelung, Matthias Koch, Joachim Kurtz, Eun-Jeung Lee und Sven Saaler (Monographien aus dem Deutschen Institut für Japanstudien 34) München: Iudicium 2003 hervor. Eine weitere Buchpublikation ist in Vorbereitung.
Irmela Hijiya-Kirschnereit hat in diesem Kontext im WS 2005/6 das Hauptseminar „Ästhetik und nationale Identität“ abgehalten. Vgl. dazu auch ihr Vorwort und ihr Kapitel „Der patriotische Gaumen – Kulinarik und nationale Selbstbehauptung in Japan“ in Selbstbehauptungsdiskurse in Asien sowie ihre Artikel „Was nach Heimat schmeckt: Wie Japan im Kult der eigenen Küche zu sich selbst findet“ in Neue Zürcher Zeitung Nr. 70, 24. März 2004 sowie „Unterwegs nach Schneeland: Schönheit als Kern der nationalen Identität“ in Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 1, 3. Jan. 2005.