Konfuzianisierung des Schamanismus
26.06.2017
Von Anbeginn der Chosŏn-Dynastie wurden Versuche seitens der neokonfuzianischen Elite unternommen den Schamanismus aus allen Lebensbereichen der Gesellschaft zu verbannen. Verbotsgesetze wurden erlassen, der Schamanismus als obszöner Brauch denunziert und es wurde versucht schamanische Rituale in den Dörfern mit einem jeweiligen konfuzianischen Pendant zu ersetzen. Doch die tiefe Verwurzlung des Schamanismus in der koreanischen Kultur und Gesellschaft hinderte die Neokonfuzianer daran, ihre Reformabsichten komplett durchsetzen zu können. Ein weiterer Grund, warum der Schamanismus während der Chosŏn-Dynastie aus Sicht der Herrschenden nicht ausgelöscht werden durfte war die Schamanen-Steuer, die sogenannte mup'ose, ohne die das Königreich sich nach den japanischen und mandschurischen Invasionen (1592, 1627 & 1636) hätte nur schwer erholen können.
Zu Beginn der Chosŏn-Dynastie blieb das sŏngsuch'ŏng, eine Regierungsbehörde geleitet von einem Staatschamanen, in dem Gottheiten beschwört und für ein langes Leben der königlichen Familie gebetet wurde, bestehen. Auch das schamanische Ritual pyŏlgiŭn zum Schutz des Landes wurde zunächst als staatliche Zeremonie fortgesetzt, da keine Einigkeit unter den konfuzianischen Gelehrten bestand, wo und wie ein eigenes Ritual ausgeführt werden sollte. Das sŏngsuch'ŏng und pyŏlgiŭn wurden erst 1512 abgeschafft. In Folge dessen wurden die Schamaninnen des sŏngsuch'ŏng in sogenannte hwarinsŏ außerhalb der Hauptstadt gesandt, welches staatliche Einrichtungen für die Unterstützung und ärztliche Behandlung der armen Bevölkerung waren. Nach den streng konfuzianischen Vorstellungen war die Hauptstadt ein heiliger Ort, der nicht durch die 'obszönen Lehren' des Schamanismus befleckt werden dürfte. Trotzdem gab es Ausnahmen, bei denen Schamaninnen zum Königshof beordert wurden. So ließ z.B. Königin Myŏngsŏng (1851 - 1895) eine Schamanin namens Chin Ryŏnggun im Palast leben und regelmäßig kut abhalten.
Ab dem 17. Jahrhundert wurden dann auch die schamanischen Riten in den Provinzen und Dörfern durch die sŏwŏn allmählich konfuzianisiert. Hierbei wurden die mauŭl-kut durch das konfuzianische Pendant tongje ersetzt. Letzteres vermochte jedoch nicht die Bedürfnisse der Dorfeinwohner zu befriedigen, insbesondere bei andauernden Epidemien und immer wieder auftretendem Unheil, weshalb die konfuzianischen Provinzherrscher Schamaninnen bestellten, um ein maŭl-kut unter dem konfuzianisierten Namen pyŏlsinje abzuhalten. In manchen Dörfern wurde dieses pyŏlsinje bzw. pyŏlsin-kut einmal alle 3, 5 oder 10 Jahre abgehalten. Das schamanische Provinzritual koŭl-kut wurde zwar nach wie vor von einer Schamanin geleitet und abgehalten, jedoch integrierten die lokalen konfuzianischen Machthaber diese als Teil des konfuzianischen sŏnghwangje, ein Ritual für den Schutz der Region.
Der intensivierte Ausschluss der Schamaninnen vom öffentlichen Leben ab dem 17. Jahrhundert brachte auch die Entstehung neuer Formen ethnisch-religiöser Praktiken ohne die Leitung einer Schamanin mit sich. So organisierten die ture, eine Art Bauerngenossenschaft, die gemeinschaftliche Arbeit beim Reisanbau und der Ernte. Um die Gemeinschaft und die Motivation zu fördern, veranstalteten bestimmte Mitglieder der ture das sogenannte p'ungmul, bei der Tanz, Gesang und Getrommel während der Arbeit auf den Feldern aufgeführt wurde. Besonders stark entwickelte sich das p'ungmul in Chŏllado, die Reiskammer Koreas, zu einem alltäglichen Brauch. Vor und nach einem konfuzinischen Ritual fand das p'ungmul statt. Die Einwohner trugen gemeinsam Seilziehen aus und wickelten das Seil anschließend um den Schutzbaum oder Schutzfelsen des Dorfes, denn man glaubte, dass im Seil der Dorfgeist ruhte.