Abraham Scultetus
Abraham Scultetus
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Abraham Scultetus (eigtl. Schultes)
Theologe; kurpfälz. Hofkaplan, Kirchenrat, Hofprediger; Theol. Prof.; Pfarrer, Prediger; theol. Schriftsteller; ref.; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 24. 08. 1566 Grünberg/Schlesien
† 24. 10. 1624 Emden
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Vater Ratsherr, Eltern wohlhabend; Schulbesuch zunächst in Grünberg, ab 1582 in Breslau; nach einem Brand verloren in diesem Jahr seine Eltern ihre Habe, so dass sie sein Studium nicht mehr finanzieren konnten und er ein Handwerk lernen sollte; er suchte sich eine Erzieherstelle in Freistadt und finanzierte sich von da an offenbar zumindest einen Teil seiner Ausbildung selbst; Reise nach Gnesen und Posen; 1585 Gymnasium in Görlitz, 1588 Beginn des Studiums in Wittenberg, als Stipendiat Joachims von Berge; ab 1590 Theologiestudium in Heidelberg, Stipendiat des Collegium Dionysianum, 1591 M.A.; 1593 Reise nach Württemberg, 1594 Reise nach Schlesien; 1594 Vikar in Schriesheim, Heirat Nov. 1594 mit der Heidelbergerin Katharina Bergia (gest. 25. 3. 1605); 1595-98 Hofkaplan; 1598 Pfarrer an der Franziskanerkirche; 1600 kurpfälz. Kirchenrat; 1601 Unterstützung der calvinischen Ref. Ernst Friedrichs v. Baden; 1603 Abendmahlstreit in Heidelberg; Visitationsreisen 1604 in die Oberpfalz und 1609 in die Unterpfalz und die Gft. Hanau; Aug. 1606 Heirat mit Katharina Lorichia, Wwe. Wilhelm Rodings (gest. 20. 10. 1607), 18. 7. 1608 mit Maria Schultesia, mehrere Kinder; 1609 Feldprediger Christians v. Anhalt im Jülicher Erbfolgekrieg, Teilnahme an den Synoden in Düren, Elberfeld und Duisburg; 1610 Reise mit Abraham v. Dohna in die Niederlande; 1612-13 Teilnahme an der Reise Friedrichs V. nach England; 1614 Reise nach Berlin zur Unterstützung der calvinischen Ref. Johann Sigismunds v. Brandenburg, stellv. Hofprediger in Heidelberg, dann Hofprediger; 1615 Visitationsreise in die Oberpfalz; 1616 Reise nach Stuttgart und Tübingen, dort Einigungsgespräche mit luth. Theologen; 1617 Forschungsreise nach Straßburg und Basel, um eine prot. (ref.) Kirchengeschichte zu schreiben; 1618 Prof. für AT in Heidelberg und Dr.-Promotion; 1618-19 Teilnahme an der Synode in Dordrecht; 1619 zur Kaiserwahl in Frankfurt/M.; 1619-20 als Hofprediger Friedrichs V. in Böhmen; nach der Schlacht am Weißen Berge Flucht nach Breslau, Frankfurt/O., Küstrin, Berlin nach Heidelberg; 1621 Flucht aus Heidelberg über Bretten nach Schorndorf; 1622 Pfr. in Emden; vielseitiger theol. Schriftsteller.
1.4. Literatur zur Person
Jöcher 4, 449-451; ADB 33 (1891) 492-496 (Cuno) (Lit.); PRE 18 (1906) 103f. (Mallet) (Lit.); RGG3 5 (1961) 1628 (F. Hauss); RGG4 7 (2004) 1083 (Markus Wriedt); LThK2 9 (1963) 554 (E. W. Zeeden) (Lit.); Dagmar Drüll-Zimmermann, Art. Scultetus, Abraham. In: dies.: Heidelberger Gelehrtenlexikon, 1386-1651. [Bd. 1]. Berlin/Heidelberg/New York 2002, 498f.; Pfälzer Lebensbilder 2 (1970) 97-116 (Gustav Adolf Benrath); Karl Pahncke, Abraham Scultetus in Berlin. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 23 (1910) 357-375; Gustav Adolf Benrath, Reformierte Kirchengeschichtsschreibung an der Universität Heidelberg im 16. und 17. Jahrhundert. (= Veröffentlichungen des Vereins für pfälzische Kirchengeschichte 9). Speyer 1963, 16-21; ders. (s.u. 2.1.) (in den Anmerkungen zum Text viel Lit.); Bodo Nischan, Prince, People, and Confession. The Second Reformation in Brandenburg. Philadelphia 1994, 115-117. 127f. 146-148 u.ö.; Alastair Hamilton, An Egyptian Traveller in the Republic of Letters: Josephus Barbatus or Abudacnus the Copt. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 57 (1994) 123-150: 130. 148 (ASc erwähnt Barbatus in seiner Autobiographie); David C. Steinmetz (Hg.), Die Patristik in der Bibelexegese des 16. Jahrhunderts. (= Wolfenbütteler Forschungen 85). Wiesbaden 1999; Irena Backus, Historical Method and Confessional Identity in the Era of the Reformation (1378-1615). (= Studies in medieval and Reformation thought 94). Leiden/Boston 2003; Peter Claus Hartmann, Konfessionelle Kulturen im 17. Jahrhundert: Kalvinisten, Lutheraner, Katholiken. In: Peter Wolf/Michael Henker/Evamaria Brockhoff/Barbara Steinherr/Stephan Lippold (Hgg.): Der Winterkönig, Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Kat. zur Bayerischen Landesausstellung 2003. Stuttgart 2003, 46-53 (zum Bildersturm als Eingangs-story); Hans-Jürgen Bömelburg, Reformierte Eliten im Preußenland: Religion, Politik und Loyalitäten in der Familie Dohna (1560-1660). In: ARG 95 (2004) 210-239: 228f. 231
Autobiogr. Quellen: Nikolaus Henel v. Hennenfeld, Kurze Beschreibung meines Lebenslaufs. In: Christian Gottlieb Jachmann (Hg.), Beiträge zur Juristischen Literatur in Schlesien. Breslau 1782, 3-40: 9 (1609 kommen v. Hennenfeld und seine 2 Schüler bei AS auf der Durchreise unter)
2.1. Quelle: benutzte Edition
a) lat. Autobiographie: De curriculo vitae imprimis vero de actionibus Pragensibus Abrah. Sculteti (Professoris nuper Theologi in florentissima tunc Academia Heidelbergensi,) Narratio apologetica (qua decus famae et doctrinae ipsius a virulentis nominis eius Mastigibus modeste vindicatur. Accesserunt Orationes nonnullae quarum in hac narratione mentio.) Emdae 1625
b) dt. Übers. 1628 (ed. Benrath): Die Selbstbiographie des Heidelberger Theologen und Hofpredigers Abraham Scultetus (1566-1624). Neu hg. und erl. von Gustav Adolf Benrath. (= Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche in Baden 24). Karlsruhe 1966
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
a) gedr. nach Absicht des Verfassers
b) Edition der 1628 in Emden gedruckten deutschen Übersetzung von Scultetus‘ 1625 ebd. gedruckter lateinischer Autobiographie, Übersetzer: Andreas Kregelius, ehem. oberpfälz. Pfr., Präzeptor der jungen Burggrafen zu Dohna; Veränderungen von Benrath ed. gegenüber dem Originaldruck: Modernisierung der Interpunktion; Konsonantenbestand geringfügig verändert; Seitenwechsel angezeigt; dt. Übers. bringt den lat. Text vollst. und genau, einige gelehrte Details sowie Hinweise auf Gelehrtheit von Adligen sind weggelassen
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Benrath ed. (s.o. 2.1.) 5f.; ebd. 7ff. Widmungsschreiben des Übersetzers (1628); Gabriele Jancke, Gelehrtenkultur − Orte und Praktiken am Beispiel der Gastfreundschaft. Eine Fallstudie zu Abraham Scultetus (1566-1624). In: Barbara Krug-Richter/Ruth-E. Mohrmann (Hgg.): Frühneuzeitliche Universitätskulturen. Kulturhistorische Perspektiven auf die Hochschulen in Europa. Köln/Weimar/Wien 2008 (im Druck)
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
dt. Übers. (ohne die Reden): Historische Erzehlung von dem Lauff des Lebens Insonderheit aber von den Pragerischen Handlungen D(r). Abraham(i) Sculteti (gewesenen Professoris Theologiae, von ihme selbsten in Lateinischer Sprach geschrieben, jetzo aber in die hochdeutsche Sprach übergesetzet [durch Andreas Kregel] Nebenst einem Kurtzen anhang und Bericht von seinem sehligen Absterben.) Embden 1625; (lat. Übers. der dt. Übers.:) Abrahami Sculteti vita ab ipso consignata. In: Daniel Gerdes, Scrinium Antiquarium sive Miscellanea Groningana Nova VII, 2. Vol. 4. Groningen/Bremen 1763, 197-291; Auszug: Wilhelm Rotscheidt, Aus der Jugendzeit des Abraham Scultetus (1566-1588). Von ihm selbst aufgezeichnet. In: Jahrbuch des Vereins für schlesische Kirchengeschichte 24 (1934) 91-102
3.1. Abfassungszeit
bis 1624 in Emden
3.2. AdressatInnen
lat. Text: Widmung an Abraham Burggraf von Dohna, Kurfürstlich brandenburgischer Rat (einer der fürstlichen Schüler Scultetus‘) explizit; implizit natürlich ein allgemeineres gelehrtes Publikum infolge der Druckpublikation; dt. Übers.: Widmung des Übersetzers Kregelius an die jungen Burggrafen zu Dohna, Neffen des Abraham zu Dohna und Kregelius‘ Schüler, weiterhin Käufer/Leser des dt. Buches
3.3. Funktion der Quelle
aus historischer Verantwortung für die Wahrheit: apologetische Ehrenrettung der eigenen Person; Dankbarkeit gegen Gottes Wohltaten erweisen; „ich betrachte entweder die Zierde meines ehrlichen Namens oder die Würdigkeit der Wahrheit oder die Größ und Vielheit der Wohltaten, so mir Gott der Herr bewiesen hat ... daß es von Rechts wegen eine solche Erklärung von mir erfordert“
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
Druck Emden 1625, 102 S., Oktav; deutsche Übersetzung ebd. 1628; Nachweis der wenigen erhaltenen Exemplare der Ausgaben von 1625 und 1628: Benrath ed. (s.o. 2.1.), Bibliographie 142
4.1. Berichtszeitraum
1566-1624
4.2. Sprache
lateinisch/deutsche Übersetzung
4.3. Form der Quelle
Erzählung der Lebensgeschichte, Apologie; Ich-Form
4.4. Inhalt
Biographie in landes- und konfessionspolitischem Bezug; Hinweise auf Prüfungen und Rettungen durch Gott von Kindheit an; Erwähnung finden u. a. Herkunft, Ausbildung; Studium in Wittenberg und Heidelberg, Lehrer, Begegnungen, Reisen (u. a. Niederlande und England); Tätigkeiten in verschiedenen reformierten Territorien; Beteiligung an Synoden; Berufungen an die Universität Heidelberg, den pfälzischen Kurfürsten- und den böhmischen Königshof, seine Vertreibung von dort nach der Niederlage Friedrichs V. und seine Zuflucht in ein Pfarramt in Emden; Hauptgewicht seiner Aufzeichnungen auf Zurückweisung aller Vorwürfe und Anschuldigungen hinsichtlich seiner Rolle als Hofprediger Friedrichs V. und seiner Mitverantwortung für dessen Handeln bzw. Scheitern; theologische Reflexionen, Darlegung der fürs eigene Leben maßgeblichen Normen und Werte; ausführliche Erörterungen zu Konfliktlösungsstrategien; viele historische Vergleiche und Argumente; am Ende ein Gebet