Willibald Pirkheimer
Willibald Pirkheimer
1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen
Willibald Pirkheimer [Willibald Pirckheimer]
Patrizier; Jurist; Ratsherr; Humanist; Dr. iuris utriusque, röm.-kath. Publizist; verh.
1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort
* 05.12.1470 Eichstätt
† 22.12. 1530 Nürnberg
1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession
Sohn des bischöflichen Rates, Doktor beider Rechte und späteren Nürnberger Ratskonsulenten Johann P. (+ 1501), begleitete ihn auf Missionen i.A. Siegfrieds von Tirol; Bruder der Charitas P.; Unterricht im Elternhaus; um 1486 ritterliche Erziehung am Hof des Bf. v. Eichstätt; mit 18 Jahren Beginn des Studiums, 1488-95 (evt. erst ab 1489, RGG4) jur. und humanistische Studien in Padua und Pavia (ohne Examen), nach der Rückkehr nach Nürnberg 1496 (o. schon 1495, EncR 3 [1996] 276) -1501 und 1506-1522 (bis spätestens 1523, LThK3 8 [1999] 311) Ratsherr, seit 1500 ksl. Rat; nach Tod des Vaters Niederlegung des Amtes und Wiederaufnahme des Studiums für vier J.; vielseitige Tätigkeit im Dienst der Stadt Nürnberg: mil., diplomatisch, bildungspol.; weitgespannte wissenschaftliche Interessen; 1511/12 Reichstagsabgesandter Nürnberg in Trier/Köln; im Reuchlinstreit engagiert, seit 1525 − als Mittelpunkt einer patrizischen Gruppe in Nürnberg − in öffentlichen Schriften gg. die prot. dogmatischen und ekklesiologischen Positionen Stellung nehmend; dennoch wohl nicht in allen Punkten Anschluss ans kath. Lager; Heirat mit Crescentia Rieter v. Cornburg (+ 1504); Vater von fünf Töchtern, zwei im Clarissinnenkloster, eine Äbtissin im Kloster Bergen, zwei verheiratet
1.4. Literatur zur Person
NDB 20 (2001) 474-476 (Bernhard Ebneth); ADB 26 (1888) 810-817 (Ludwig Geiger; ebd. falsche Informationen über den Vater [angeblich Nürnberger Ratsmitglied]); LThK2 8 (1963) 516f. (H. Lutz); LThK3 8 (1999) 311 (Ludger Müller); RGG3 5 (1961) 385 (G. Pfeiffer); RGG4 6 (2003) 1358) (Martin H. Jung); PRE 15 (= ND 1971) 405-409 (Friedrich List); EncR 3 (1996) 276f. (Lewis W. Spitz); EncRen 5 (1999) 33 (Helga Scheible); BBKL 7 (1994) 628-633 (Klaus-Stefan Krieger) (Werke, Lit.); LexMA 6 (1993) 2174f. (Dieter Wuttke); Fränkische Lebensbilder NF 1 (1967) 94-112 (Hans Rupprich); Andreas Räß, Die Convertiten seit der Reformation, nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt. 1. Bd.: Vom Anfang der Reformation bis 1566. Freiburg i. Br. 1866, Wilibald Pirkheimer (1530), 1-49; Rudolf Hagen, Wilibald Pirckheimer in seinem Verhältnis zum Humanismus und zur Reformation. Nürnberg 1882; Heinrich Julius Kaemmel, Geschichte des deutschen Schulwesens im Uebergange vom Mittelalter zur Neuzeit. Leipzig 1882 (ND Hildesheim u.a. 1986), 52. 257. 277 Anm. 2. 298. 300ff. 324f.; Otto Marqwort, Willibald Pirckheimer als Geschichtsschreiber. Zürich 1886; Friedrich Roth, Willibald Pirckheimer. Ein Lebensbild aus dem Zeitalter des Humanismus und der Reformation. (= Schriften des Vereins für Reformationsgesch 21). Halle 1887; Max Herrmann, Die Rezeption des Humanismus in Nürnberg. Berlin 1898; Arnold Reimann, Pirckheimer-Studien I+II. Diss. Berlin 1900; ders., Die älteren Pirckheimer. Geschichte eines Nürnberger Patriziergeschlechtes im Zeitalter des Frühhumanismus (bis 1501). Hg. aus dem Nachlaß v. Hans Rupprich. Leipzig 1944; Emil Reicke, Willibald Pirckheimer. Leben, Familie und Persönlichkeit. Jena 1930 (Biogr.); ders., Willibald Pirckheimers Briefwechsel. München 1956; Hans Rupprich, Wilibald Pirckheimer und die erste Reise Dürers nach Italien. Wien 1930; Nürnberger Gestalten aus neun Jahrhunderten. Ein Heimatbuch zur 900-Jahrfeier der ersten urkundlichen Erwähnung Nürnbergs. Hg. v. Stadtrat zu Nürnberg. Nürnberg 1950, 64-69 (Emil Reicke); Gottfried Krodel, Nürnberger Humanisten am Anfang des Abendmahlsstreites. Eine Untersuchung zum Verhältnis Pirkheimers und Dürers zu Erasmus von Rotterdam besonders in den Jahren 1524-26. In: Zeitschrift f bayerische Kirchengesch 25 (1956) 40-50; Hans Rupprich, Willibald Pirckheimer. Beiträge zu einer Wesenserfassung. In: Schweizer Beiträge zur Allgemeinen Gesch 15 (1957) 64-110; Lewis W. Spitz, The Religious Renaissance of the German Humanists. Cambridge, Mass. 1963, besonders 155-197. 325-333; Willibald Pirckheimer 1470/1970. Dokumente, Studien, Perspektiven anläßlich des 500. Geburtstages. Hg. v. Willibald-Pirckheimer-Kuratorium. Nürnberg 1970; Willehad Paul Eckert/Christoph v. Imhoff, Willibald Pirckheimer. Dürers Freund im Spiegel seines Lebens, seiner Werke und seiner Umwelt. (= Zeugnisse der Buchkunst 5). Köln 21982 (11971); Rudolf Endres, Sozialstruktur Nürnbergs. In: Gerhard Pfeiffer (Hg.), Nürnberg − Geschichte einer europäischen Stadt. München 1971, 194-199: 196; Wolfgang v. Stromer, Wirtschaftsleben unter den Luxemburgern. In: Gerhard Pfeiffer (Hg.), Nürnberg − Geschichte einer europäischen Stadt. München 1971, 92-100: 94. 98; [Kat.] Der Humanist Willibald Pirckheimer (1470-1530). Zum 450. Todestag am 22. Dezember 1980. Ausstellung der Stadtbibliothek Nürnberg v. November 1980 bis Januar 1981 (Ausstellung und Kat.: Niklas Holzberg). Nürnberg 1980; Niklas Holzberg, Willibald Pirckheimer. Griechischer Humanismus in Deutschland. München 1981; [Kat.] Graecogermania. Griechischstudien deutscher Humanisten. Die Editionstätigkeit der Griechen in der it. Renaissance (1469-1523). Ausstellung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 22. 4.-9. 7. 1989. Unter Leitung v. Dieter Harlfinger bearb. v. Reinhard Barm u.a. (= Ausstellungskataloge der Hzg August Bibl 59). Weinheim/New York 1989, Nr. 141 (Ptol., Geographie, 1525). 290-292 (Exkurs: Der Nürnberger Humanistenkreis). Nr. 147 (versch. Übersetzungen). Nr. 148 (Johann Imhoff [Theatrum virtutis et honoris {dt.}, 1606 {o. 1616?}]). Nr. 149 (Ps. Aristoteles-Aldina [Dürer-Zeichnung]): 351 (Gregor v. Nazianz-Übers.). 352 (unterstützte Haloanders Plan der Justinian-Übers.); Christine Treml, Humanistische Gemeinschaftsbildung. Sozio-kulturelle Untersuchung zur Entstehung eines neuen Gelehrtenstandes in der frühen Neuzeit. (= Humanistische Texte und Studien 12). Hildesheim/Zürich/New York 1989, 21 (städt. Dienst). 23 (stellte seine Bibliothek für humanistische Freunde zur Verfügung, Haus offen als Treffpunkt für ,Geistesadel‘). 44f. (Nürnberger Promotionsverbot für Ratsherren, Randstellung der Gelehrten in der Stadtoligarchie − Solidarität der Mit-Humanisten auch für die patrizischen Humanisten nötig). 201 Anm. 40 (einer der sodalischen Mit-Hgg. von Celtis‘ Hrotsvit-Ausgabe); Albert Jr. Rabil, Renaissance Humanism. Foundations, Forms, and Legacy. Vol. 3: Humanism and the Disciplines. Philadelphia 1988, besonders 381-411; Beate Trautner, Willibald Pirckheimer (1470-1530) und Conrad Peutinger (1465-1547) − zwei reichsstädtische Bürger und Humanisten in Süddeutschland. In: Stephan Füssel (Hg.), Astronomie und Astrologie in der Frühen Neuzeit. Akten des Interdisziplinären Symposions 21./22. April 1989 in Nürnberg. (= Pirckheimer-Jahrbuch 5). Nürnberg 1990, 109-139; Horst Brunner, Johann von Soest, Willibald Pirckheimer − zwei Fallstudien. In: Walter Haug/Burghart Wachinger (Hgg.), Autorentypen. (= Fortuna vitrea 6). Tübingen 1991, 89-103; Dieter Wuttke, Der Humanist Willibald Pirckheimer − Namengeber für ein mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches Gymnasium? Ein Beitrag zur Überwindung der „Zwei Kulturen“. FS zum 25jährigen Bestehen des Pirckheimer-Gymnasiums Nürnberg, 1968-1993. Nürnberg 1994; Pirckheimer-Jahrbuch 1 (1985) ff.; Schottenloher (1932ff.) 17283-17328. 48683-48692
2.1. Quelle: benutzte Edition
Cl. Viri, D. Bilibaldi Pirckheymheri, Senatoris quondam Nurenbergensis, Vita. In: Willibald Pirckheimers Schweizerkrieg. Nach Pirckheimers Autographum im Britischen Museum hg. v. Karl Rück. München 1895, 139-152
2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen
Edition der Orig.-Hs.
2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition
Rück ed. (s.o. 2.1.) 1-10.137f.; Rez.: G. Ammon. In: Blätter für das bayerische Gymnasialschulwesen 32 (1896) 284-289; Arnold Reimann. In: Dt. Litteraturzeitung 16. 5. 1896, 633f.; Rainer Postel, Warumb ich disse Historiam beschrieben. Bürgermeister als Chronisten. In: Peter Johanek (Hg.), Städtische Geschichtsschreibung im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Köln/Weimar/Wien 2000, 319-332 (u.a. zu Muffel, WP, Sastrow, Spittendorff)
2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen
dt. Übers. in: Der dt. Renaissancehumanismus. Abriß und Auswahl v. Wolfgang Trillitzsch. Frankfurt, M. 1981, 338-351; vgl. ebd. 598f.; Auszug: Beyer-Fröhlich 4 (1931) 45-56 (nach Rück ed. [1895] [s.o. 2.1.], Beginn: „Gens Pirckheymhera patricia fuit ...“, Ende: „... ut senatus illum centum aureorum munere donaverit.“)
3.1. Abfassungszeit
letzte Lebensjahre, vor 1530 (wahrscheinlich im letzten Lebensjahr)
3.2. AdressatInnen
keine ersichtlich; Eckert/Imhoff (1982) (s.o. 1.4.) 124 vermuten: Nachkommen
3.3. Funktion der Quelle
Apologie seines Wirkens; Rechenschaft vor Nachkommen, Maßstäbe für deren Handeln
3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.
hsl.
4.1. Berichtszeitraum
1470 bis 1522 (Austritt aus dem Rat)
4.2. Sprache
lat.
4.3. Form der Quelle
Prosa, Er-Form; Lebensgesch.
4.4. Inhalt
Selbstverständnis: als Soldat (Führer der Nürnberger Hilfstruppen in Maximilians Schweizer Krieg) und Diplomat, Mitglied einer traditionell in beiden Geschlechtern gelehrten Familie, die sehr wohlhabend ist (so dass er keine Stellung suchen muss), Hervorhebung seiner Tätigkeit als Rechtsberater und seiner rednerischen Begabung − seine musischen und literarischen Neigungen, die ihn v. anderen Soldaten/Diplomaten unterscheiden, verschweigt er; Krankheit (Podagra) und Zwistigkeiten im Senat; ausgeblendet: welche griech. Autoren er schätzt; eigene literarische Tätigkeit; keine namentliche Nennung seiner Freunde, v.a. Dürers; Stellung zur Reformation. Ungenauigkeiten: Namen und Daten werden übergangen, außer dem eigenen Geburtsdatum, dem Namen des Vaters und einiger Lehrer, den Namen v. des Vaters fürstlichen Dienstherren