Die Erzählung von Ṭahmuras und Ǧamšid
Die Literatur der Zoroastrier nach der Zeit der großen Pahlavi-Werke des 9.-11. Jahrhunderts bildet einen weitgehend unbeachteten Bereich der Zoroastrismusforschung wie der iranischen Literaturgeschichte überhaupt. Angesichts des Niederganges der zoroastrischen Kirche mag es nicht verwundern, wenn diese – zumeist in neupersischer oder awestischer Schrift verfaßte – Literatur vor allem bewahrende Funktion hatte.
Götz Königs Studie (erschienen als Band 14 der Institutsreihe Iranica) zeigt, daß es in dieser allgemeinen Tendenz späte Versuche gegeben hat, das Pahlavi wiederzubeleben, so in der bis heute unaufgeschlossenen Handschrift MU 29. Die in ihr enthaltene Erzählung von Ṭahmuras und Ǧamšid und deren Händel mit dem Teufel war bislang nur in neupersischen Textversionen bekannt, denen nun ein (retranskribierter) Pahlavi-Text zur Seite gestellt werden kann.
Die Gegenüberstellung der drei verschiedenen Textfassungen bietet einen genauen Einblick in die Komposition und Vermittlung literarischer Stoffe in der späteren zoroastrischen Tradition. Religionshistorisch ist die Erzählung von Interesse, als hier eine aus der älteren Literatur ganz unbekannte Ǧamšid-Legende nun dieser zentralen Figur der iranischen Sagenwelt hinzugefügt werden kann.