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Katja Kaiser

Die deutsche Kolonialbotanik am Beispiel der Berliner Institutionen 1884-1918 (Arbeitstitel)

Im Mittelpunkt des Promotionsprojektes steht die „Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien“ am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin. Die Gründung der Zentralstelle im Jahr 1891 war im Wesentlichen auf Bestreben der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes erfolgt. Am Vorbild der Royal Botanic Gardens in Kew bei London orientiert, sollte sie die Entwicklung der Plantagenwirtschaft und des Handels in den deutschen Kolonien fördern. Zu ihren Hauptaufgaben gehörten die Auswahl, Anzucht und Bereitstellung geeigneter tropischer Nutzpflanzen für Anbauversuche in den Kolonien. Der Aufgabenbereich der Zentralstelle umfasste zudem die wissenschaftliche Bearbeitung des aus den Kolonien eingehenden Pflanzenmaterials, die Ausbildung von Gärtnern für die überseeischen Gebiete und die Präsentation tropischer Nutzpflanzen und deren Produkte im Museum, in den Gewächshäusern und im Garten. Die Zentralstelle operierte in einem globalen Netzwerk von botanischen Institutionen, in welchem Pflanzen, Saatgut und botanisches Wissen zirkulierten. Zentrale Knotenpunkte waren in Europa Kew und Berlin, außerhalb Europas verschiedene britische, niederländische und deutsche Kolonialgärten und Versuchsstationen.

Schwerpunkte der Fragestellung sind zum einen die Interessen der mit der Zentralstelle befassten Hauptakteure, namentlich der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, des Preußischen Kultusministeriums, dem der Botanische Garten und das Botanische Museum als Teil der Friedrich-Wilhelms-Universität unterstanden, und der Direktion des Berliner Gartens und Museums. Zum anderen werden die umfangreichen Aktivitäten der Zentralstelle sowie die verschiedenen Wege und Richtungen des Wissenstransfer zwischen den europäischen und kolonialen botanischen Einrichtungen untersucht. Gegenstand der Arbeit sind ferner die Auswirkungen der deutschen kolonialbotanischen Unternehmungen auf die tropische Umwelt, die Wirtschaftsweise und Sozialstruktur in den Kolonien. Betrachtet werden darüber hinaus die Funktion des Botanischen Gartens und Botanischen Museums als kolonialer „Erinnerungsort“ in den Jahren von 1920 bis 1945 und aktuelle Diskussionen zum Umgang mit kolonialen Sammlungen.

Das Forschungsvorhaben ist damit an der Schnittstelle von Kolonialgeschichte, Wissensgeschichte und Institutionengeschichte angesiedelt. Es knüpft methodisch an die im Rahmen der postcolonial studies entwickelten Konzepte zum Zusammenhang von Wissen und Macht an. Ein komparatives Vorgehen ermöglicht transfergeschichtliche und transnationale Perspektiven. Dem Forschungsansatz der entangled histories folgend, kommt den wechselseitigen Einflüssen zwischen den europäischen Kolonialmächten und der Rückwirkungen der kolonialen Begegnung auf Wissenschaft und Gesellschaft im deutschen Kaiserreich besondere Bedeutung zu.

Lebenslauf

  • seit 05/2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin, Museum für Naturkunde Berlin

  • 04/2019-04/2020 freie Mitarbeiterin, u.a. Botanischer Garten und Botanisches Museums Berlin Ausstellung „Pflanzenwerkstatt der Moderne“, Deutsches Historisches Museum Berlin Fachlektorat zum Thema Kolonialismus

  • 11/2017-07/2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG Projekt „Die Aneignung des Weltwissens. Adelbert von Chamissos Weltreise“, CENAK - Centrum für Naturkunde, Universität Hamburg

  • 01/2016-09/2016 freie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Historischen Museum Berlin für das Ausstellungsprojekt „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ 

  • 03/2012-03/2013 Elternzeit 

  • 2/2011-6/2019 Promotion „Wirtschaft, Wissenschaft und Weltgeltung. Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien am Berliner Botanischen Garten und Museum Berlin (1891-1920)“ (Note: magna cum laude); gefördert durch ein Promotionsstipendium des Evangelischen Studienwerks e.V. Villigst

  • 06/2009-06/2010 Elternzeit 

  • 2008-2009 Kuratorin und Projektleiterin der Ausstellung “die Sprache Deutsch” am Deutschen Historischen Museum Berlin (zusammen mit Heidemarie Anderlik) [Link]

  • 2006-2008 wissenschaftliche Volontärin am Deutschen Historischen Museum Berlin

  • 2006 freie Mitarbeiterin am Kulturhistorischen Museum Magdeburg für die Ausstellung „Heiliges  Römisches Reich Deutscher Nation 962–1806. Von Otto dem Großen bis zum Ausgang des Mittelalters“

  • 2005 Magistra Artium der Geschichte mit der Arbeit „Deutsche Frauen im Pachtgebiet Kiautschou 1897-1920“, ausgezeichnet mit dem Förderpreis des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin für die beste Arbeit im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung.

  • 2001 freie Mitarbeiterin am Kulturhistorischen Museum Magdeburg für die 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt „Otto der Große, Magdeburg und Europa“

  • 1998-2005 Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Linguistik und Anglistik an der Freien Universität Berlin

Publikationen

  • Wirtschaft, Wissenschaft und Weltgeltung. Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien am Berliner Botanischen Garten und Museum Berlin (1891-1920) (im Erscheinen)

  • Botanische Netzwerke. Interimperiale Pflanzen- und Wissenstransfers, in: Dedryvére, Laurent u.a. (Hgg.), Moderne Transimperialitäten (= Zivilisationen und Geschichte) (im Erscheinen)

  • Alles Theater? Die Inszenierung deutscher Herrschaft im ostafrikanischen „Schutzgebiet“ in den Texten Frieda von Bülows, in: Noack, Stefan/De Gemeaux, Christine/Puschner, Uwe (Hgg.): Deutsch-Ostafrika. Europäische Erfahrungshorizonte und Kulturkontakte im kolonialen Raum (= Zivilisationen und Geschichte, Bd. 57), S. 59-78.

  • Sammelpraxis und Sammlungspolitik. Das Beispiel Georg Zenker, in: Rahemipour, Patricia (Hg.), Bipindi – Berlin. Ein wissenschaftshistorischer und künstlerischer Beitrag zur Kolonialgeschichte des Sammelns (= KOSMOS Berlin – Forschungsperspektive Sammlungen, Bd. 1), Berlin 2018, S. 7-46. 

  • Exploration and exploitation. German colonial botany at the Botanic Garden and the Botanical Museum Berlin, in: Geppert, Dominik und Frank Lorenz Müller (Hgg.), Sites of imperial memory. Commemorating colonial rule in the nineteenth and twentieth centuries (= Studies in Imperialism), Manchester University Press 2015, S. 225-242.

  • „Mischehen“ in Kiautschou. Die deutsch-chinesische Familie Li, in: Bechhaus-Gerst, Marianne und Mechthild Leutner (Hgg.), Frauen in den deutschen Kolonien, Berlin
    2009, S. 91-95.

  • Kolonialer Alltag und Emanzipationsmöglichkeiten deutscher Frauen in Qingdao,
    in: Bechhaus-Gerst, Marianne und Mechthild Leutner (Hgg.), Frauen, S. 102-110. 

  • Berlin: Botanischer Garten und Botanisches Museum, in: Heyden, Ulrich van der und Joachim Zeller (Hgg.), Kolonialismus hierzulande. Eine Spurensuche in Deutschland,
    Erfurt 2007, S. 145-149. (zusammen mit Heike Hartmann)

  • Neudietendorf: Frieda von Bülow, die koloniale Frauenfrage und koloniale Frauenorganisa- tionen, in: Heyden, Ulrich van der und Joachim Zeller (Hgg.), Kolonialismus, S. 171-176.

  • Deutsche Frauen in Tsingtau 1898-1920 (= Studien zur Geschichte Schantungs und Tsingtaus, H. 8), Bonn 2005.

Herausgeberschaft

  • Die Sprache Deutsch, Ausstlg.-Kat. Deutsches Historisches Museum Berlin, Berlin 2008. (zusammen mit Heidemarie Anderlik)

Vorträge

  • „Wirtschaft, Wissenschaft, Weltgeltung – Kolonialbotanik in Berlin“, Symposium „Floraphilia. Botanical Gardens as a Colonial Site“, Akademie der Künste der Welt Köln, 30. September 2018.

  • Colonial Collections at Berlin’s Botanical Museum, Konferenz „Politics of Natural History or: How to decolonize the Natural History Museum”, Technische Universität Berlin, 6.-7. September 2018.

  • Objektbiographien als Zugänge zur Wissenschaftsgeschichte, Workshop sammlungsbezogene Wissenschaftsgeschichte, CENAK - Centrum für Naturkunde, Universität Hamburg, 14. November 2017.

  • Geschlecht, „Rasse“ und Klasse – die Konstruktion kolonialer Ordnung, Deutsches Historisches Museum Berlin, 8. März 2017

  • Die botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien, Museen Tempelhof-Schöneberg, 21. September 2017.

  • Georg Zenker und seine kolonialen Sammlungen in drei Berliner Museen, „Offener Hörsaal“ des Forschungsverbundes sammlungsbasierter Institutionen in Berlin, Freie Universität Berlin, 22. November 2016.

  • Frieda von Bülows Wahrnehmung und Präsentation der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Konferenz Deutsch-Ostafrika als Raum interkultureller Wahrnehmungen und Transformationsprozesse, Freie Universität Berlin und Université de Tours, 26.-27. September 2016. 

  • Objekt- und Sammlerbiographien als Zugang zur Sammlungsgeschichte, Keynote im Rahmen des Auftaktworkshops Wissensspeicher Sammlung. Netzwerk zur Historie sammlungsbasierter Einrichtungen, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin, 19.-20. November 2015. 

  • German colonial botany at the Botanic Garden and the Botanical Museum Berlin, Konferenz “Imperial Sites of Memory”, University of St. Andrews/Großbritannien, 2.-3. September 2011.

Thematische Schwerpunkte

  • deutsche und britische Kolonialgeschichte

  • Museums- und Ausstellungsgeschichte

  • Sammlungsgeschichte

  • Objekt- und Sammlerbiographien

  • Genderforschung

Kontakt

kaiser_katja[at]gmx.de