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Der Klang des Virtuosen (Paris 1830-1840)

Das Projekt erforscht, wie durch die Ausdifferenzierung verschiedener Aufführungsformen und deren Diskursivierungen unterschiedliche Arten des Hörens entstehen. Der Fokus liegt auf dem Musikerty-pus des Virtuosen im Paris der 1830er Jahre, der durch den Wandel der musikalischen Öffentlichkeit und die Aufwertung von Musik als Kunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts neu entsteht. Anhand von Instrumentalschulen (z.B. P. Baillot, L’art du Violon; K. Guhr, Über Paganinis Kunst die Violine zu spielen) wird das mit den Techniken des Virtuosen verbundene praktische Wissen über das Hören in den Blick genommen. Ich untersuche, welches Hörwissen sich in der Neu- bzw. Weiterentwicklung von Spieltechniken wie Flageolett, Vibrato oder Portamento manifestiert, inwiefern sich in Kompositi-onen Niccolò Paganinis, Heinrich Wilhelm Ernsts oder Henri Vieuxtemps’ Dispositive einer virtuosen Rhetorik zeigen, die auf eine bestimmte Wirkung beim Hörer zielen, und auf welche Weise Konzert-programme und -inszenierungen mit bestimmten Hörweisen rechnen bzw. diese hervorbringen (etwa durch eine gezielte Steigerungsdramaturgie oder die verstärkte Präsenz der Bearbeitung textbezoge-ner Werke in Lied- und Opernfantasien). Welche Freiräume bietet die Komposition für den Virtuosen, wie füllt er diese in der Aufführung und setzt die Spannung zwischen kompositorisch kontrollierten Momenten und der überraschenden Performance in Szene? Darüber hinaus werden Rezensionen und musikliterarische Darstellungen (u.a. Heine, Fetis, Block/Brucker und Berthoud) daraufhin gele-sen, wie sie das Ereignis des Virtuosen konstruieren, das Hören und die Wirkung der Musik diskursi-vieren und den Virtuosen als Figur zwischen Genuss und Gewalt, zwischen Kunst und Kommerz ent-stehen lassen.

DFG