Profil
Die antike Geographie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die einerseits die naturräumlichen („physischen“) Bedingungen erforscht, unter denen die Menschen damals gelebt und gehandelt haben, anderseits die („mentalen“) Bilder und Vorstellungen untersucht, die Griechen und Römer sich über ihre „Welt“ gemacht haben. Sie ist als wichtige Grundlagendisziplin der Alten Geschichte und der anderen altertumswissenschaftlichen Fächer anzusehen. Die antike Geographie arbeitet in erster Linie mit kulturwissenschaftlichen (insbesondere historisch-kritischen und philologischen), aber zunehmend auch mit naturwissenschaftlichen und kognitionswissenschaftlichen Methoden und Techniken.
Die Forschungsfelder des Arbeitsbereiches "Historische Geographie des antiken Mittelmeerraumes" bestehen zum einen in der Edition und Kommentierung antiker Autoren und ihrer Werke (Eratosthenes, Ptolemaios, Tabula Peutingeriana etc.), zum anderen in der Erforschung antiker Raumvorstellungen und antiken Raumwissens (geographisches Alltagswissen; Vermessungen; wissensgesättigte Instrumente).
Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind die Common Sense Geography - die Erarbeitung von mentalen Modellen, Scripts and Frames antiker geographischer Vorstellungen - , die Identifizierung sozio-ökonomischer Netzwerke auf der Basis antiker Entfernungsangaben, die Erforschung antiker "Randkulturen" (bes. Rotes Meer und Horn von Afrika, Nordwestafrika, Armenien) sowie die Rekonstruktion von antiken Messinstrumenten und Messverfahren aus Artefakten und antiken (und nachantiken) Texten und Bildquellen (Sonnenuhren, Meteoroskop, Karten etc.)
Ebenso in Vorbereitung ist eine neue Textausgabe mit deutscher Übersetzung und wissenschaftlichen Kommentar der Chorographia ("Erdbeschreibung") des Pomponius Mela. Das Werk entstand in der Regierungszeit des römischen Kaisers Claudius (wahrscheinlich um 43/44 n. Chr.) und ist damit das älteste erhaltene Werk zur Geographie in lateinischer Sprache. In einer Art "gedanklicher Kreuzfahrt" entlang der Küsten der damals bekannten Welt beschrieb Mela die wichtigsten Orte und Völker Europas, Asiens und Afrikas. Melas "Chorographie war lange Zeit ein hoch geschätztes und viel benutztes Lehrbuch, das uns vor allem Einblick in das geographische Wissen und die Wahrnehmung fremder Kulturen in gebildeten römischen Kreisen ermöglicht. Nicht zuletzt erweist sich das Werk bei näherer Analyse als ein literarisches Meisterstück der lateinischen Prosa des 1. Jh. n. Chr.
Weitere Projekte zu Herodot, zu Polyainos und zu weiteren Themen der antiken Geographie, Astronomie und Metrologie sind in Vorbereitung.
Der Arbeitsbereich „Historische Geographie des antiken Mittelmeerraumes“ wurde im April 2009 am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin eingerichtet. Er ist der einzige seiner Art in Deutschland.
Die W3-Professur wird durch den Althistoriker Prof. Dr. Klaus Geus vertreten. Zusätzlich arbeitet dort ein wissenschaftlicher Mitarbeiter. Angeboten werden von ihnen regelmäßig althistorische und fachspezifische Veranstaltungen. Weiterhin gehören PD Dr. Peter Nadig und verschiedene Gastwissenschaftler/ innen dem Team an.
Die Lehrveranstaltungen des Arbeitsbereiches gelten als Kurse der „Alten Geschichte“ und sind als entsprechende Veranstaltungen in den Magister-, Bachelor- und Masterstudiengängen belegbar und anrechenbar.
Weitere Informationen zu den Forschungsschwerpunkten und -projekten der Mitglieder des Arbeitsbereiches finden Sie unter „Forschung“ bzw. „Personal“.