Geschichte und Geschichtsschreibung in Pseudo-Longinos’ „Über das Erhabene“
Geschichte und Geschichtsschreibung in Pseudo-Longinos’ „Über das Erhabene“
Bildquelle: Joseph Mallord William Turner, Snow Storm: Hannibal and his Army Crossing the Alps (1812), Wikimedia Commons (CC0 1.0)
Dissertationsprojekt
Sebastian Zellner
Der anonyme Traktat Über das Erhabene (griechisch: περὶ ὕψους), wohl in das 1. Jahrhundert n. Chr. zu datieren, bietet eines der wichtigsten Zeugnisse für die antike Literaturkritik und Ästhetik. In meinem Dissertationsprojekt möchte ich die Zitate historischer Werke und die Bezugnahme auf das Genre der Geschichtsschreibung in diesem Text systematisch unter der Frage untersuchen, wie die Konzeption und Anwendung des Erhabenen als einzigartiger Urteilskategorie des Kritikers sowie Qualitätsmerkmal und Wirkungsweise einer Erzählung für historische Narrative konzeptualisiert und angewandt wird. Dabei bewegt sich Pseudo-Longinos’ vor allem metaphorisch vermitteltes Denken entlang emotionaler und kognitiver Reflexionen, erweist sich aber fern von jeglichem Ästhetizismus zugleich auch als feinsinnige Kritik und theoretisch fundierte Aneignung typisch historiographischer Problemstellungen, wie etwa der Person des Autors, der Angemessenheit einer historischen Darstellung zu ihrem Sujet oder des Spannungsfeldes von Immersion und Belehrung des Lesers. Dies macht Über das Erhabene insbesondere für die Frage nach der Entwicklung und Beurteilung der Historiographie durch antike Zeitgenossen, aber auch für die Geschichtstheorie allgemein zu einem wertvollen und bislang unterschätzten Text.