Springe direkt zu Inhalt

Spuren der Forschung

Abgesehen von den Eintragungen Paul de Lagardes bezüglich der Neubindung einiger Manuskripte (siehe den Abschnitt „Die Einbände“) gibt es in der Tosefta und in der Masora handschriftliche Zeugnisse der Forschung. Auf einem der hinteren fliegenden Blätter der Tosefta (Ms. or. fol. 1220) notierte Moses S. Zuckermandel folgende Beobachtungen:

Nach eingeholter Erlaubnis des evang. Ministeriums zu Erfurt machte der Unterzeichnete folgende Bemerkungen.

Sieh auf der Rückseite dieses blattes den Inhalt der auf Seite 446 verlöschten Schriftzüge 

DrZ.

 

Zugleich bemerke ich, daß das letzte blatt (S 449, 450) falsch eingepfalzt und falsch paginiert ist, es muss umgedreht werden, so dass Seite 450 auf 449 zu stehen kommt und 449 auf 450. Es ist dieses Blatt eineaus einem Commentar eines mittelalterlichen Talmuderklärers ähnlichRaschi und gehört zum dritten Abschnitt des babylonischen Traktats Nidda. Es muß jedenfalls sehr alt sein, da die Mischna nicht wie – in – unseren Talmudausgaben getheilt vor dem Talmud steht, sondern es folgt erst der ganze Perek der Mischna – S 450 – und dann der Talmud – 450 & 449.

Dr Zuckermandel.

 

[Folgende zwei Abschnitte mit schwarzer Tinte durchgestrichen]

N. S. (Nachschrift) aber – erwähnter – Commentator scheint älter zu sein als Raschi (geboren 1040 gest 1105) da die späteren stets Raschi erwähnenfolgen, aber gegen ihn polemisieren, während dieser Raschi nicht – erwähnt, also warsch. ihn nicht – gekannt hat. Das Manuskript der Tosifta selbst stammt aus Syrien und zwar ist die Jahreszahl genau angegeben auf dem langen Streifen sS 447 5024 = 1264. Das letzte blatt (S 449 & 450) war wie Professor De Lagarde angibt an den früheren Deckel geklebt, gewiss nicht von dem jüdischen Besitzer sondern vonvon einem Buchbinder. Auch hat das blatt selbst mehr Spuren des Altertums als die anderen blätter der Tosifta. Mehreres in einem zu veröffentlichenden Artikel. Dr. Zuckermandel

 

4. Mai: Letztere ausgesprochene Vermutung scheint nicht richtig, da ich heute auf Seite 444 aus Übergeschriebenem corVerbesserung beobachtete, dessenderen Schreiber mit dem aufdes letzten blattes identisch ist. Die Schrift ist dieselbe das blatt ist also jünger als der Codex. DrZ.

[mit schwarzer Tinte]

 Nach mündlicher Besprechung mit dem Kenner von Handschriften Dr. Berliner habe ich letztere Bemerkungen gestrichen. Dr Zuckermandel

 

[auf der Rückseite dieses fliegenden Blattes]

Die auf Seite 446 verlöschten Schriftzüge habe ich nach langem anhaltendem Lesen entziffert; sie lauten wie folgt: 

אני יהודה ב'ר שניאור הושלשתי מזאת התוספתה ומין האלפסי בין ר' יעקוב ב'ר שמחה הלוי ובין ר' אלעזר בר יצחק הלוי אם יתן לי ר' יעקוב זהובים אחר כאן ת' עז העצרת של זאת השנה שהיא שנת עשרים לפרט עלי להחזיר את הספרים האלו לר' יעקוב הלוי או חומש ומחיר שישים בינינו צוריאל ב'ר שלומיאל ואני אתחייב כך וכך (?)– בזהוביםאלו – ליתן תחיעות (?) אשר לוה ר' אלעזר הלוי או לששה שנים לפרט אחר כן דורי (?) או אלו הספרים ואני שליש אשלם להם ביתם קמין יעקוב בר שמחה הלוי הר.

 

Märkisch Friedland 29. April 1875 

Dr Zuckermandel

Rabbiner

 

Der Handschrift Ms. or. fol. 1219 (Masora) ist ein Brief vom 15. November 1876 von Samuel Baeck an den Diakon der Barfüßerkirche Friedrich Heinrich Winkler, den er um Verleihung der Handschrift außer Haus bittet, beigefügt. Der Inhalt des Briefes lautet wie folgt:

 

Biebrich am Rhein 15. Nov. 1876

An Hochwürden Herrn Dr. Winkler Diaconus in Erfurt!

 

Hochgeehrter Herr Diaconus!


Erst heute bin ich dazu gekommen mein am 19. V. [Mai] Ihnen gegebenes Versprechen zu erfüllen und das auf dem Deckel des Manuscripts der Masora parva Gestandene Ihnen zu geben. Auf dem Deckel inwendiger Seite vorn (rechts) stand mit derselben Schrift und derselben Tinte 2 mal der Name des Schreibers der sich auf dem ersten Blatte oben nennt, nämlich: „קלונימוס הנקדן בר אליעזר“ [Kalonimus haNakdan bar Eliezer] und zwar einmal gegen die Mitte des Deckels und einmal gegen unten hin. Es ist also sicher, daß das Manuscript das Authograph des Verfassers selbst ist. –
Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir anzufragen, ob es nicht möglich wäre daß mir der Codex Nr. 3 auf 14 Tage oder 3 Wochen ins Haus verliehen wird. Ich werde nämlich im Laufe dieses Winters s. G. w. [so Gott will] die „kleinen Propheten“ nach Art meiner Genesis Jesaia & Job masoretisch richtig herstellen und wäre es mir da von großer Wichtigkeit besagten Codex eingehend collationieren zu können, was aber wie Sie ja wissen, nur zu Hause wo man die nötigen Hilfsmittel alle zur Hand hat geschehen kann. –
Wenn ich bitten darf, so wollen Sie die Herzlichsten ehrerbietigsten Grüße Herrn Professor Dr. Weisenborn gütigst übermitteln wofür herzlich dankbar ist

 

Eurer Hochwürden ganz ergebenster

Dr. S. [Samuel] Baeck

 

Noch eine Notiz zu dem Manuscr. der Mas. parva:
das auf den zwei letzten Blättern stehende Stück ist nicht, wie Jaraczewsky irrthümlich angibt, ein Dankgebet, sondern ein Register aller der hebräischen Wortformen die mit Sin (שׂ) zu schreiben sind. Dieses Stück findet sich auch in der Halle’schen Ochlawaochla-Handschrift (aber nicht so vollständig)

Empfohlene Zitierweise: Annett Martini, "Rezeptionsspuren in der Erfurter Handschriftensammlung. Spuren der Forschung", in: Die hebräischen Handschriften der Erfurter Sammlung (2019), URL: https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/erfurter_sammlung/dokumentation/Rezeptionsspuren/Spuren-der-Forschung/index.html