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Bestattung der altägyptischen Dame Idy in Assiut gefunden

Darstellung der Idy im Grab ihres Vaters Djefai-Hapi I.

Darstellung der Idy im Grab ihres Vaters Djefai-Hapi I.
Bildquelle: Foto: Fritz Barthel, © Jochem Kahl, The Asyut Project.

Idys Grabkammer bei Auffindung

Idys Grabkammer bei Auffindung
Bildquelle: Foto: Andrea Kilian, © Jochem Kahl, The Asyut Project.

Frauenfigur aus Holz

Frauenfigur aus Holz
Bildquelle: Foto: Tina Beck-Hasselbach, © Jochem Kahl, The Asyut Project.

Außensarg der Idy, Detail

Außensarg der Idy, Detail
Bildquelle: Foto: Susen Döbel, © Jochem Kahl, The Asyut Project.

News vom 04.10.2024

Vom 18.08.2024 – 17.09.2024 fand die 18. Grabungskampagne des Instituts für Ägyptologie in der Nekropole von Assiut (Ägypten) statt. Die Ausgrabungen erfolgten unter Leitung von Prof. Dr. Jochem Kahl (Freie Universität Berlin) in Zusammenarbeit mit der Universität Sohag (Ägypten), der Kanazawa Universität (Japan) und der Polnischen Akademie der Wissenschaften.

Unter anderem wurden die Freilegung und Dokumentation des Grabes des Regionalgouverneurs Djefai-Hapi I. fortgesetzt. Dieses Grab aus der Zeit um 1880 v. Chr. besticht durch seine monumentale Felsarchitektur mit über 11 m hohen, bis zu 28 m tiefen und 70 m weit in den Fels gehauenen Räumen, die mit Malereien und Inschriften versehen sind. Djefai-Hapi I. wurde in der Antike vergöttlicht und sein Grab war mehr als 2000 Jahre ein fester Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses des alten Ägypten.

Djefai-Hapi I. war zweimal verheiratet. Die Bestattung seiner einzigen Tochter Idy konnte das internationale Wissenschaftlerteam nun nach genau 20 Jahren Feldarbeit in diesem Grab freilegen. Idy war eine Priesterin der Göttin Hathor und trug die Bezeichnung „Herrin des Hauses“, was sie als Frau aus einer wohlhabenden Familie ausweist. Unbemerkt von früheren Forschern und Forscherinnen war Idys Bestattung in eine durch Bruchsteine verschlossene Seitenkammer eines ca. 14 m tiefen senkrechten Schachtes eingebracht, der im Grab von Djefai-Hapi I. angelegt worden war. Die Freilegung dieses Schachtes wurde 2022 begonnen, beanspruchte drei Grabungskampagnen und endete nun mit einem sensationellen Fund: Die Bestattung der Idy in zwei ineinander geschachtelten Holzsärgen mit zahlreichen Beigaben. Zwar war die Bestattung der Idy bereits in der Antike auf der Suche nach Schätzen aller Schmuck- und Metallgegenstände beraubt worden, aber alle anderen Grabbeigaben scheinen für die antiken Plünderer uninteressant gewesen zu sein. Nach diesem antiken Raub gerieten der Schacht und Idy in Vergessenheit. Die Entdeckung ist ästhetisch wie wissenschaftlich außerordentlich: Die aus ausländischem Holz gefertigten, jeweils ca. 200-300 kg schweren Särge sind mit einer Länge von 2,62 m und 2,03 m überdurchschnittlich groß und komplett mit wundervollen Bildern und Texten für das Jenseits dekoriert. Idys Särge und ihre Dekoration übertreffen zeitgleiche Objekte durch die Kunstfertigkeit ihrer Ausführung und knüpfen damit nahtlos an die herausragende Qualität der Texte und Bilder im Grab ihres Vaters Djefai-Hapi I. an. Insbesondere die Fülle von Texten - religiöse Texte (sog. Sargtexte), Opferlisten und Titel - wird es erlauben, neue und weitreichende Aussagen zur Stellung der Frauen und zum Wissenstransfer im alten Ägypten zu treffen. Bilddarstellungen zeigen Objekte, die zum Bestattungsritual gehörten.

Weitere Beigaben wie Statuen, ein Dolch, Herrschaftsinsignien oder Nahrungsbeigaben, die noch den Gefäßen zugeordnet werden können, in denen sie der Verstorbenen dargebracht worden waren, tragen zu einem besseren Verständnis der Bestattungsrituale bei. Weiterhin wurde eine ebenfalls beschriftete Kiste mit den Kanopen, das sind die bei der Mumifizierung entnommenen Eingeweide – Leber, Milz, Lunge, Gedärm – der Idy, gefunden. Reste des Gewandes der Idy sowie ihre durch die antiken Plünderer komplett zerfledderten Knochen erlauben Aufschluss zu ihrer Person: Nach einer ersten Inaugenscheinnahme dürfte Idy ca. 40 Jahre alt geworden sein und an einem Fußleiden laboriert haben.

Nach einer ersten konservatorischen Festigung der Holzobjekte in der Grabkammer und der anschließenden aufwändigen Bergung aus dem engen, 14 m tiefen Schacht werden die Funde dem Ägyptischen Ministerium für Antiken und Tourismus übergeben.

 Ein Text von Univ.-Prof. Dr. Jochem Kahl, 4.10.2024

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