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Graf Rochus und Gräfin Anna von Lynar, geb. v. Montot

Rochus und Anna von Lynar, geb. von Montot

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

(1) Rochus und (2) Anna von Lynar, geb. von Montot

(1) adlig; Graf; Kriegsbaumeister; kirchenpol. aktiv; ref.; verh.

(2) adlig; Gräfin; kirchenpol. aktiv; ref.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

(1) Rochus Quirinus: * 24. 12. 1525 Maradia

† 22. 12. 1596 Spandau

(2) Anna: * ? in ?

† 31. 05. 1585 Spandau

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

(1) stammte aus einer bis ins 16. Jahrhundert im Großhzm. Toskana ansässigen Familie; ging aus Italien fort, weil sein Vater durch einen Zweikampf Blutrache auf die Familie gezogen hatte; 1542 ging er mit Empfehlungen der Medici an den frz. Königshof, wo er Kammerjunker beim Dauphin, dem späteren Kg. Heinrich II., war, der durch seine Frau Katharina v. Medici sowie durch Bankverbindungen zeitlebens mit den Medici verbunden war; zu seiner Hoftätigkeit gehörten auch die Teilnahme an Kriegszügen und diplomatische Aufträge; 1560 Übertritt zum ref. Bekenntnis auf einer Gesandtschaft in Deutschland; 1561 Festungsbau in Metz als erster selbständiger Auftrag; am 15. 5. 1564 Heirat mit Anna v. Montot, in dieser Ehe mehrere Töchter und Söhne; seitdem nahm er an den konfessionell-pol. Auseinandersetzungen zw. Katholiken und Hugenotten teil; 1567 ging er wg. der Unsicherheit f. Protestanten in Frankreich v. Metz aus zum Gf. Johann v. Nassau nach Saarbrücken, v. wo ihn sein Freund Pfalzgf. Casimir nach Heidelberg holte; seit 1569 als Artilleriemeister und Befehlshaber aller Festungen in kursächs. Diensten; ab 1571 benutzte er den Grafentitel; 1574 v. Kurf. August v. Sachsen seines Glaubens wg. entlassen; 1577 zog er mit seiner Familie nach Dessau, mit dessen Hz. er befreundet war; seit 1578 trat er als General und Oberst der Artillerie, Zeug- und Baumeister zugleich in die Dienste v. Kurf. Johann Georg v. Brandenburg und zog mit seiner Familie nach Spandau, wo er bis zu seinem Lebensende wohnte; baute die Zitadelle v. Spandau, die Festungen in Küstrin und Peitz und beteiligte sich an den Schlossbauten in Oranienburg und Grunewald; er legte Salz- und Eisenwerke an und verbesserte die Pulverfabriken, Eisen- und Geschützgießereien in Brandenburg; beriet den Kurf. in allen wichtigen Finanzangelegenheiten und beim Artilleriewesen; inspizierte nebenher noch die Festungen der sächs. und pfälz. Kurf. sowie der anhaltischen und hess. Fürsten; 1585 Tod seiner Frau; 1588 heiratete er Margarethe v. Thermo, in dieser Ehe ein Sohn, der als Säugling starb, arbeitete ab 1588 f. Christian I. v. Sachsen an mil. Bauten in Dresden, Herzberg, Liebenwerda u.a. sächs. Städten, unterstützte beim Kurf. auch Krells religionspol. Pläne; seine Beziehungen zu Hessen und Brandenburg benutzte er zu einer Unterstützung der kursächs. Politik Christians; 1591 setzte er sich bei Wilhelm v. Hessen und Johann Georg v. Brandenburg mit Erfolg dafür ein, der Übertragung des Oberbefehls f. die Frankreichexpedition an Christian v. Anhalt zuzustimmen; er selbst unterstützte diesen Zug mit 3000 fl. aus eigener Tasche (= 5mal das Jahresgehalt des Geheimen Rats Paull); die v. ihm selbst verwendete Namensform war „Linar“, seine Kinder und weiteren Nachkommen nahmen die Form „Lynar“ an

(2) stammte aus der alten burgundischen Familie der Frhr. v. Montot; heiratete in erster Ehe einen Herrn de Barbé, in zweiter Ehe am 15. 5. 1564 Gf. Rochus v. Lynar, zog mit ihm und den gemeinsamen Kindern nach Heidelberg, Dresden, Dessau, Spandau

1.4. Literatur zur Person

ADB 19 (1884) 733f. (v. Donop) sv Lynar, Rochus Guerini Graf zu; NDB 15 (1987) 583f. (Stefan Hartmann) sv Lynar, Grafen zu, zu Rochus Quirinus 583; Kurt v. Priesdorff (Hg.), Soldatisches Führertum 1. Die Generale von den Anfängen der kurbrandenburgisch-preußischen Armee bis 1740. Hamburg [o.J.], 1f., Porträt; August V. Richard, Der Kurfürstlich Sächsische Kanzler Dr. Nicolaus Krell. Ein Beitrag zur Sächs. Gesch. des 16. Jahrhunderts. 2 Bde. Dresden 1859, 258f. Anm. 15 (sein Bekenntnis); Peter Wallé, Der Stiftungsaltar des Grafen Rochus zu Lynar, kurbrandenburgischen Baumeisters, in der Nikolaikirche zu Spandau (1582). FS zum 300. Gedenktage. Mit einer Abb. des Altars, einem Stammbaum des Grafen und Fürsten zu Lynar und einem Auszuge aus den gräflichen Tagebüchern des 16. Jahrhunderts. Berlin 1882; ders., Lynars Briefwechsel mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen (1576-1592). In: Schriften des Vereins f die Gesch Berlins. H. 29 (Berlin 1892) 85-106; ders., Der Baumeister Rochus zu Lynar, der erste General des brandenburgisch-preußischen Heeres. In: Der Bär 18 (1892) 502-504. 508-510. 523-526. 537f.; Richard Korn, Kriegsbaumeister Graf Rochus zu Linar. Diss. TH Dresden o.J. [1905] 125ff. (grundlegend); Thomas Klein, Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen, 1586-1591. (= Mitteldeutsche Forschungen 25). Köln/Graz 1962, 16f. 124 + Anm. 164. 128f.; Thomas Biller, Rochus Guerini Graf zu Lynar. In: Wolfgang Ribbe/Wolfgang Schäche (Hgg.), Baumeister − Architekten − Stadtplaner. Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins. Berlin 1987, 13-34; ferner Schottenloher (1932ff.) 14640. 42-47

2.1. Quelle: benutzte Edition

-

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

-

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Jancke (2002) 176-180 (Sprache). 188-193 (Rezeptionskreise)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Auszüge: G. W. v. Raumer, Auszüge aus dem Tagebuche des Grafen und der Gräfin von Linar, während ihres Aufenthalts zu Spandau im sechszehnten Jahrhundert. In: Allg Archiv f die Geschichtskunde des Preussischen Staates 16 (1835) 193-232, Text (1) Rochus v. Lynar: 198-218, Text (2) Gräfin von Lynar: 218-232 (Editionsprinzipien: Auszüge, die f. den Bau des Berliner Schlosses und der Spandauer Festung informativ sind; Orthographie geändert; es fehlt die Reise nach Kursachsen 1591); Wallé (s.o. 1.4.) Text (1) Rochus 20f., Text (2) Anna 21f. (Auszüge, die bei v. Raumer ed. [1835] ebd. nicht abgedr. sind; keine Editionsprinzipien genannt)

3.1. Abfassungszeit

(1) wohl gleichzeitig mit den Ereignissen

(2) evt. teilw. mit größerem zeitl. Abstand

3.2. AdressatInnen

(1) selbst; Gott

(2) Nachkommen, Kinder; Gott

3.3. Funktion der Quelle

(1) nicht genannt

(2) Rechenschaft f. ihre Kinder, wenn diese zu eigener Urteilsfähigkeit gelangt sein werden, falls sie selbst nicht lange genug lebt, um solchen Bericht mündlich abstatten zu können

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Ort (1835): Gfl. Lynarsches Archiv, Lübbenau/Oberlausitz; in den 1930er Jahren lag das Ms. (1) im Spreewald-Museum in Lübbenau, ist aber wohl nicht mehr vorh. (so Klein [s.o. 1.4.] 124 Anm. 30 nach einer Mitteilung des Museums 1958)

4.1. Berichtszeitraum

(1) 01. 01.-19. 10. 1590

(2) 15. 05. 1564-17. 06. 1583, Auszüge: 1573-1583

4.2. Sprache

(1) dt.

(2) frz.

4.3. Form der Quelle

(1) Ich-Form, Prosa; Tagebuch, mit Gebeten

(2) Ich-Form, Prosa; „Mémoires pour ma posterité“ in Tagebuchform, mit Gebeten

4.4. Inhalt

(1) Haushaltungsausgaben, Krankheitsgesch., Annahme v. Lehrern f. die Kinder; Tätigkeiten als Baumeister; Ankunft fstl. Personen, Reisen des Kurf. und seiner Verwandten; finanzielle Angelegenheiten, u.a. Spielgewinne/-verluste und Geldverleih (als Sprachprobe zitiert v. Raumer ed. [s.o. 2.4.] 194 einen − als typisch eingeschätzten − Passus über Krankheit)

(2) Beginn mit ihrer zweiten Eheschließung, Ende mit der Taufe des brandenburgischen Prinzen Joachim Ernst, an der die ganze gfl. Familie als Gäste und Gf. Rochus als Pate teilnahmen; viele Informationen über die Aufenthalte in Heidelberg, Dresden, Dessau, Spandau und die dortigen Höfe; daneben eingestreute Notizen über pers. und familiäre Angelegenheiten, z.B. über neu begonnene Stickereien, Betreuung ihrer Kinder etc.; biogr. Informationen über Rochus; Mitteilungen über konfessionell-pol. Netzwerke und Aktivitäten an den jwl. Höfen, insbesondere Rochus‘ Agieren als Sprecher der Hugenotten und des ref. Bekenntnisses; Aufzeichnungen über Mode, Preise und Bezugsquellen feiner Waren (als Sprachprobe zitiert v. Raumer ed. [s.o. 2.4.] 194f. einen − als typisch eingeschätzten − Passus über die Pariser Bartholomäusnacht, also ein [konfessions-]pol. Ereignis)

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