Ufogeschichte
Berlin, 30. September –
1. Oktober 2011
UFOs sind kein rein amerikanisches Phänomen. Bereits die erste Sichtungswelle im Sommer 1947 schwappte auch nach Europa über und führte zu kaum weniger aufgeregten Reaktionen als in ihrem Ursprungsland. Binnen kurzem entwickelte sich eine eigene Bewegung, die sich der Erforschung dieser „Fliegenden Untertassen“ verschrieb. Aufgeschreckt durch die Entwicklung der Atombombe, fürchtete man alsbald, die Erde stünde nun unter permanenter Beobachtung durch intelligente Wesen von einem fremden Planeten. Mit der UFO-Diskussion begann eine längerfristige Entwicklung, an deren Ende populäre Vorstellungen von der Existenz extraterrestrischen Lebens und naturwissenschaftlich informierte Positionen kaum mehr etwas gemein hatten, erstere sich aber als weit wirkmächtiger erwiesen. Trotz seines massenhaften Auftritts hat sich die akademische Wissenschaft bislang schwer getan mit einem kaum greifbaren Phänomen, dessen Realität stets angezweifelt wurde, dessen Bedeutung als integraler Bestandteil europäischer Astrokultur und des Space Age indes kaum von der Hand zu weisen ist.
Aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven lotet der Workshop die Möglichkeiten und Probleme einer Historisierung der Fliegenden Untertassen als einer zentralen Wissenschaftsfiktion des 20. Jahrhunderts aus. Im Vordergrund stehen Fragen nach dem Verhältnis von Fiktion und Faktum, der Bedeutung und Rolle von Experten und unterschiedlichen Evidenzformen für die Herstellung von Glaubwürdigkeit sowie der Klassifizierung der Ufologie im Spannungsfeld von Parawissenschaft und Quasi-Religion. Schließlich steht das Argument auf dem Prüfstand, dass die akademische Tabuisierung dieses „modernen Mythus“ (C. G. Jung) als Ausdruck der Angst vor einer potentiellen Erschütterung unseres anthropo- und geozentrischen Weltbildes zu begreifen ist.
Björn Blaß: Tagungsbericht "Ufogeschichte", Berlin, in: H-Soz-u-Kult (04.03.2012). [web/pdf]
Freitag, 30. September 2011
15 bis 19 Uhr
Alexander C. T. Geppert (Berlin): UFOs in Europa: Zur Historisierung eines tabuisierten Mythos
Ralf Bülow (Berlin): Watch the Skies: Eine kleine Geschichte des UFO-Phänomens
Björn Blaß (Berlin): UFO-Statistik, 1947-78
Michael Schetsche (Freiburg): UFOs als Problem: Sieben Thesen
Matthias Schwartz (Berlin): UFOs jenseits des Eisernen Vorhangs: Einige Thesen zu ihrer Verortung
Diethard Sawicki (Paderborn): Mythos des Misstrauens: Medien- und wissensgeschichtliche Überlegungen zur Genese des UFO-Narrativs
Thomas P. Weber (Brüssel): UFO-Glaube und das Evidenzproblem
Samstag, 1. Oktober 2011
10 bis 14 Uhr
Andreas Grünschloß (Göttingen): Engel in Raumanzügen? Zur Eigenart religiöser UFO-Diskurse
Daniel Brandau (Berlin): UFOS und Verschwörungstheorien
Jonas Richter (Göttingen): Erich von Däniken und die ufologische Urgeschichte
Matthias Hurst (Berlin): UFOs im Kino
Rüdiger Zill (Berlin): Drei Weise aus dem Morgenland auf dem Weg zum Weltraumkommando S.H.A.D.O.: Überlegungen zu einer Symbolgeschichte des UFOs
Helmut Zander (Bochum): UFOs brauchen ein unendliches Weltall: Überlegungen zu einer historischen Einordnung der Fliegenden Untertassen
Veranstaltungsort
Harnack-Haus der Max-Planck-Gesellschaft
Ihnestrasse 16-20
D-14195 Berlin
Teilnahme ist nur nach Anmeldung begrenzt möglich.